Start-Up 2.0 - Paradigmenwechsel in der Unternehmensgründung

Hinsichtlich der Unternehmensgründung halten sich ein paar Empfehlungen hinsichtlich Do’s and Don’t hartnäckig, sowohl in der Beratungsliteratur als auch in Coachings. Dabei haben sich gerade in den letzten Jahren einige Einsichten durchgesetzt, die bisheriges Start-Up Wissen auf den Kopf stellen.

Wir stellen drei dieser neuen Einsichten vor – und wie junge Unternehmer sie in ihrer Geschäftsentwicklungs-Planung berücksichtigen können.

Dabei sind diese Punkte lediglich Beispiele für eine essenzielle Tatsache: Das auch das Gründen mit der Zeit geht. Insofern ist es für junge Entrepreneure immer eine gute Idee, nicht nur einen Gründungsworkshop zu besuchen und sich mit dem gesammelten Wissen eines einzigen Business-Gurus auf den Weg in die Selbstständigkeit zu machen. Viel interessanter ist es, sich die Wirtschaftsbiographien von Unternehmern der eigenen Branche anzuschauen – und zwar mit Blick auf die Fehler, die sie gemacht haben (und in den meisten Fällen unumwunden zugeben) statt auf die Erfolge, wie es zunächst logisch scheint.

1. Alles selber können? Ja! Alles selber machen? Nein!

Diese beiden Fähigkeiten – Wissen und Ausführung – werden von jungen Unternehmern oft verwechselt. In der Tat ist es für Entrepreneure essenziell, jedes Segment ihres Start-Ups detailliert im Blick zu behalten und die zugrundeliegenden Mechanismen zu durchschauen – das gilt gerade für eher trockene oder komplexe Aspekte wie Buchhaltung und IT. So lassen sich Kontrollübernahmen durch und finanziell kostspielige Abhängigkeiten von Dritten vermeiden. Eine genaue Kenntnis jeder Abteilung bedeutet auch, Verhandlungen über Honorare und Projektgestaltungen immer zugunsten des Unternehmens führen zu können.

Unternehmer sollten aber in Konsequenz keinesfalls versuchen, deshalb auch alles selber machen zu wollen. Gerade zu Beginn ist die Versuchung allerdings groß und manchmal ist eine Ein-Mann-Show aus Budgetgründen nicht zu vermeiden. Dafür sollte aber die Teambildung und das Outsourcen einen festen Platz im Businessplan einnehmen und spätestens für das zweite Geschäftsjahr ins Auge gefasst werden. Ansonsten erschöpft der Gründer seine Energie in Aufgaben, die nicht zu seinen Kernkompetenzen gehören und vernachlässigt diese, die wiederum häufig den USP der Firma ausmachen – von Burn-Out Gefahr ganz zu schweigen. Nicht wenige junge Unternehmen sind an der Unfähigkeit ihrer Gründer zerbrochen, zu delegieren und mit vorhandener Energie zu haushalten – oder sie haben schlicht dessen vorübergehende Abwesenheit nicht überleben können.


Wer alles selber machen will, treibt sich selbst und sein Unternehmen in den Ruin. (Bild: alphaspirit – Fotolia.com)


2. Ist die Produktidee genial? Natürlich. Aber über das Produkt entscheidet der Kunde.

Gründer müssen von der Notwendigkeit, Zeitmäßigkeit und Genialität Ihrer Produktidee zu 1000 % überzeugt sein – sonst können sie den Rest der Welt nicht ebenfalls davon überzeugen. Allerdings liegt die Betonung hier auf „Idee“. Denn über die beste Ausführung sollten idealerweise Zielgruppen und prospektive Kunden entscheiden. Der größte Fehler ist es, ein Produkt oder eine Dienstleistung in der Einsamkeit der heimischen Garage (oder im Büro oder im Labor oder in der Produktionsstätte) inklusiv aller im Kopf des Erfinders und Gründers entstandener Eigenschaften und Features auszutüfteln und dann auf den Markt zu bringen, ohne die zukünftigen Nutzer an Schlüsselstellen dieses Prozesses zu beteiligen. Schlimmstenfalls ist das Ergebnis ein faszinierendes Produkt, das kein Mensch braucht.

Die beiden Stichworte hier heißen Minimum Viable Product (MVP) und Lean Startup. Sie greifen branchenunabhängig – und jeder junge Unternehmer tut gut daran, sich mit ihnen intensiv auseinanderzusetzen. Dahinter steckt, kurz gesagt, die Idee, ein Produkt oder einen Service nur mit den nötigsten definierenden Funktionen zu produzieren und auf den Markt zu bringen. Gleichzeitig wird eine extensive Feedbackmöglichkeit für Kunden geschaffen, die ihre Erfahrungen mit dem Gebrauch zurück kommunizieren können. Diese Rückmeldungen werden im weiteren Entwicklungsprozess berücksichtigt und das Produkt so marktgerecht verbessert. Diese Vorgehensweise senkt das Risiko von Produktneueinführungen massiv und ist außerdem, richtig verwertet, ein exzellentes Marketing- und Kommunikationstool.

3. Dem Kunden entgegenkommen? Nur solange es nicht schmerzt.

Die ersten Monate und Jahre nach der Gründung sind eine Phase der Investition, in der der Gründer nur mit viel Glück und immenser Arbeit wird Gewinne machen können. Investition wird allerdings oft gleichgesetzt mit Verausgabung, im Sinne einer Kundenfreundlichkeit, die ultimativ der Geschäftsentwicklung schaden kann. Leider gibt es in jeder Branche, aber besonders im Dienstleistungssektor, schwarze Schafe, die sich das Entgegenkommen neu am Markt befindlicher Unternehmen zunutze machen, um billig oder umsonst an Produkte und Services zu kommen – indem sie nicht oder sehr verspätet zahlen und Konditionen zu erhandeln versuchen, die für das Unternehmen einen messbaren Verlust darstellen.

Dies kann zu Frustrationen, Liquididtätsengpässen und einem extremen Einbruch der Reputation kommen – denn übermäßige Konzessionen lassen sich nur eine gewisse Zeit machen, sprechen sich aber bald als Standard herum, der dann vom Unternehmen nicht aufrecht erhalten werden kann. Natürlich sind Rabatte und Extras ein legitimer Bestandteil jeder Markteintrittsstrategie; aber ebenso sollten junge Unternehmer von Anfang an einen Standard setzen, den nicht zu unterlaufen sie sich selbst versprechen. Das zu gehören Stundensätze, Zahlungsziele, eventuelle Vorauszahlungen, Anzahl von Korrekturschleifen etc. Wichtig ist, diese Parameter transparent und deutlich zu kommunizieren. Keine Sorge: Ernstzunehmende Geschäftspartner und seriöse Kunden werden dieses Vorgehen zu schätzen wissen – und frustrierende Kontakte von vornherein abgeschreckt werden.

 

Text: Caroline Brunner

Oberstes Bild: © spgirolamo – Fotolia.com

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