Führungslektionen des neuen Microsoft-CEOs

Wenn bei einem der wirklich grossen Unternehmen auf dieser Welt das Personalkarussell gedreht wird, sind die Auswirkungen meist weit über die eigentliche Branche des Konzerns spürbar – so auch bei Microsoft. Was der neue CEO Satya Nadella anders machen will und was er bereits anders gemacht hat, ist angesichts der sonst eher traditionellen Ausrichtung des Unternehmens bemerkenswert.

Wer darf als nächstes gehen?

Erst im Februar wurde Nadella zum CEO des wohl wichtigsten Software-Unternehmens ernannt, doch in dieser kurzen Zeit mussten bereits zahlreiche (ehemalige) Top-Manager ihren Hut nehmen. Beispielsweise Tony Bates, der zuvor Skype geleitet hatte (welches inzwischen ebenfalls Microsoft gehört). Er war für Geschäftsentwicklung und technisches Marketing bei Microsoft verantwortlich, bevor er jetzt den Konzern verliess, um „nach neuen Herausforderungen Ausschau zu halten“. Begleitet wird Bates von Tami Reller, welche für Öffentlichkeitsarbeit bei Microsoft tätig war. Reller wird allerdings nicht sofort ersetzt, denn vorher darf sie noch den neuen PR-Chef, Chris Capossela, in die Arbeit einweihen – für zwei Manager mit derselben Funktion hat Nadella allerdings keinen Platz mehr im Unternehmen gesehen.

Angesichts der Tatsache, dass grosse Umschwünge bei Microsoft meist eher langsam ablaufen, ist diese Entwicklung durchaus bemerkenswert. Nadella jedoch hat dafür eine bildliche Erklärung: Er wolle zunächst die richtige „Schwingung“ finden, um dann das gesamte Team zu verbessern. Der CEO verweist dabei auf ein Beispiel aus dem Sport. Das Ziel sei es, einen rhythmischen Ruder-Achter bereitzustellen – und dabei sieht sich Nadella selbst auf dem richtigen Weg.

Betrieb bei Microsoft

Diese Entwicklungen sind insofern bemerkenswert, als dass Microsoft in der Vergangenheit nicht dafür bekannt war, Innovationen so schnell umzusetzen wie die Konkurrenz. Das Unternehmen hatte stets den Ruf, etwas behäbig zu agieren: Die Einführung eines guten Betriebssystems für Mobiltelefone und Tablets hatte man verschlafen und den Konkurrenten Apple und Google so einen frühen Start ermöglicht. Auch bei den Cloud-Diensten war man nicht so schnell wie beispielsweise Amazon oder Google.

Wirklicher Schwung in die Weiterentwicklung von Windows und Office kam auch erst auf, als Apple wieder eine echte Bedrohung wurde. Microsoft hat daher den Ruf, seine Angelegenheiten zwar gründlich, aber zu langsam zu erledigen. Satya Nadella weiss darüber offenbar Bescheid, denn anders lassen sich die blitzschnellen Entlassungen und Einstellungen der Mitarbeiter kaum erklären. Kritik für seine Vorgänger hat er dennoch nicht übrig – zumindest nicht auf geschäftlicher Ebene.

Ehrlich und analytisch

Steve Ballmer, seinen direkten Vorgänger, nennt Nadella eine Person von „brutaler Ehrlichkeit“. Wenn etwas nicht funktioniert, lässt er es dich schonungslos wissen, hatte Nadella in einem Interview der New York Times verlauten lassen. Ausserdem hege er keine Sympathien für vergangene Grosstaten: „Wichtig ist, was du jetzt leisten kannst.“ Heldentaten von vor zehn Jahren hätten keine Bedeutung. Bill Gates hingegen hält Nadella für fast schon zu analytisch: Frei von Emotionen könne man mit ihm argumentieren und am Ende einen Konsens finden. Er habe keine Scheu davor, Fehler zuzugeben – aber leicht zu überzeugen sei er auch nicht. Nadella teilt den Enthusiasmus über seine Person nicht. Er selbst sei schliesslich vorher auch schon in einer wichtigen Position im Unternehmen tätig gewesen – Nadella hatte das Cloud-Geschäft geleitet. Führungserfahrung sei also durchaus vorhanden. Eine gewaltige Umstellung sieht er daher nicht auf sich zukommen.


Der CEO ist nur der CEO. (Bild: Bulatnikov / Shutterstock.com)


Der CEO ist nur der CEO

Einige wertvolle Lektionen über die Unternehmensführung bringt Nadella ebenfalls mit: Seiner Ansicht nach ist die wichtigste Aufgabe eines Leiters einer bestimmten Sektion in einem Unternehmen, die Moral und Selbstsicherheit seiner Angestellten zu fördern – und nicht die direkte Arbeit an Problemen. Eine Frage, die sich auch andere Personen in Schlüsselrollen in Unternehmen stellen können, ist beispielsweise: Wie kann ich die Effizienz des Führungsteams, das ich leite, maximieren und zugleich Burnout verhindern?

Zumindest Nadella stellt bei seinem Führungsstil nur das Team als Ganzes, nicht den Einzelnen, infrage: Da alle Mitarbeiter nur im Unternehmen seien, weil sie die notwendigen Qualifikationen mitbringen, stelle sich die Frage nach den Leistungen des individuellen Mitarbeiters nicht. Stattdessen sei die Arbeit des Teams auszuwerten: Was leisten wir, warum hat es nicht geklappt, wo können wir besser werden? Immer spricht er vom „Wir“.

Nadella auf Einkaufstour

Inzwischen geht es weiter: Scott Guthrie übernimmt Nadellas ehemalige Rolle als Cloud-Chef, Phil Spencer übernimmt die Xbox-Sparte. Weiterhin kommt Stephen Elop an Bord, der zuvor Nokia geleitet hat. Bis Ende April soll er die Handysparte von Microsoft übernehmen, welche bislang noch im Aufbau steckt. Ein neues (wenn auch inoffizielles) Motto hat Nadella ebenfalls ausgegeben: Mobile first, Cloud first. Mobile und an das Internet angebundene Geräte sollen die Zukunft darstellen, Daten und Anwendungen sollen mit jedem Gerät im Haushalt abrufbar sein.

Das langsam sterbende klassische PC-Geschäft soll damit kompensiert werden, denn Microsoft allein wird dieses schwindende Segment wohl nicht aufhalten können. Dabei schaut das Unternehmen nun auch über den Tellerrand: Das wohl beste Büropaket für professionelle Anwender, die bekannte Office-Suite, ist jetzt auch für das iPad erhältlich – ohne höhere Kosten oder Einschränkungen. Es bleibt zu hoffen, dass Microsoft diesen interessanten Kurs auch in Zukunft beibehalten wird.

 

Oberstes Bild: © OFFICIAL LEWEB PHOTOS – wikipedia.org

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