Einfach mal gegen den Strom: Warum Regeln brechen Sie zum guten Manager macht

Gute Manager machen alles richtig. Exzellente Manager machen manchmal etwas ganz anders, als es die beste Managementliteratur empfiehlt. Es ist diese Fähigkeit, im richtigen Moment unbeschrittene Wege einzuschlagen, die „gelernte“ von intuitiven Führungskräften unterscheidet.

Jedes Ausbrechen aus der betriebswirtschaftlichen Norm bedarf ausgeprägter Risikobereitschaft, Resilienz gegenüber Gegenwind und ein gefestigtes Selbstvertrauen in die eigene Urteilsfähigkeit. Dennoch sind es in der Retrospektive meist die unkonventionellen Entscheidungen, die wirkliche Quantensprünge in der Unternehmensentwicklung auslösen und zu Mitarbeiterloyalität und Motivationsanstieg führen.

Wie aber trainiert man die Fähigkeit, aus der Matrix auszubrechen und zu einer Inspiration für Mitarbeiter und Partner zu werden? Wir stellen vier Praktiken vor, die exzellente Manager mit ungewöhnlichen Herangehensweisen regelmässig üben.

1. Die „Teufel’s Advokat“- Methode

Moderne Managementansätze empfehlen eine ermutigende Feedbackkultur, in der auch Zwischenerfolge gewürdigt werden und Kritik konstruktiv und umsetzbar sein soll. Für die Teampsychologie und Mitarbeitermotivation sind dies essenzielle Schlüssel. Allerdings verführt das so entstehende positive Klima auch dazu, dass Führungskräfte sich selbst und ihre Strategie nicht mehr mit der absolut notwendigen Unnachgiebigkeit hinterfragen.

Exzellente Manager haben die Fähigkeit entwickelt, ihr eigener, schärfster Kritiker zu werden, ohne dabei grundsätzliche Selbstzweifel zu entwickeln. Wie beim Schachspielen gegen sich selbst unterziehen sie ihre wichtigen Entscheidungen einer Folge von jeweils immer tiefer gehenden „Warum“-Fragen, in denen sie jeweils die Rolle von Teufels Advokaten einnehmen – und zwar für mindestens zehn Runden. So stellen sie nicht nur ihre aktuellen Strategien auf den Prüfstand, sondern dringen bis zu den essenziellen Motivatoren vor, die ihre Entscheidungen und Ausrichtungen bestimmen.

Die kultivierbare Fähigkeit, jedes Argument auch vom genau entgegengesetzten Standpunkt zu durchdenken, hat ungezählte Vorteile. Sie hilft unter anderem enorm bei der Überzeugung von zögerlichen Investoren und zurückhaltenden Abnehmern; sie stellt dem Team ein Argumentationsportfolio zusammen, um das laufende Projekt nach aussen präsentieren zu können; und sie verhindert, dass sich unbewusste und ungewollte Motivationen in Entscheidungsfindungsprozesse einschleichen und diese in eine eigentlich ungewollte Richtung führen.

2. Die „Sündenbock“-Methode

Noch im letzten Jahrhundert war es für Unternehmenseigentümer selbstverständlich, die Verantwortung für Fehlentwicklungen und falsche Entscheidungen zu übernehmen, auch wenn diese nicht primär von ihnen selbst verursacht worden waren. In Zeiten einer konzernbestimmten Unternehmenskultur sind nicht mal mehr CEOs bereit, stellvertretend Verantwortung zu übernehmen – sondern reichen diese weiter und weiter hinunter, bis sie sich im Gewirr des Organigramms verliert.

Die wenigen exzellenten Manager allerdings handeln anders. Sie sind in jedem (nicht nur im operativen) Sinn Letztentscheidungsträger. Das beinhaltet nicht, dass sie sich und ihren Posten für die Dummheit eines oder mehrerer Anderer opfern. Aber es bedeutet, dass sie sich vor ihr Team stellen, wenn mal etwas schief geht und die Kritik abfangen. Es bedeutet, dass sie sich dafür zuständig fühlen, Projektkrisen als ihre Aufgabe zu akzeptieren – auch und vor allem gegenüber Aussenstehenden -, diese zu analysieren und selbst einen Richtungswechsel einzuleiten. Es bedeutet, keine Namen von Mitarbeitern als Schuldige zu plakatieren, sondern zu vermitteln: Wir als Team werden die Herausforderung meistern.

Im Umkehrschluss konzentrieren die gleichen Menschen allerdings keinesfalls positive Beurteilungen auf die eigene Person. Hier treten aussergewöhnliche Führungskräfte zurück und benennen explizit die Mitglieder ihres Teams, deren Einsatz das Ergebnis möglich gemacht hat. Ein Manager, der sein Team schützt, wenn nötig und sich unsichtbar macht, wenn der Beifall kommt, wird immer extrem motivierte Mitarbeiter um sich sammeln können.


Exzellente Manager schaffen exzellente Teams (Bild: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de)


3. Die „Wild Bunch“- Methode

Exzellente Manager mit Weitblick sind immer an ihren Teams zu erkennen, die niemals aus stromlinienförmig schwimmenden Ja-Sagern bestehen. Stattdessen stellen sie unkonventionell denkende (und aussehende), möglichst unterschiedliche Frauen (!) und Männer ein, die in regulären Arbeitsumgebungen anecken, ungewöhnliche Arbeitszeiten bevorzugen und mit Spontaneität und Spielbereitschaft provozieren: Menschen, die bereit sind, angstfrei, lateral und experimentell zu denken. Häufig Quereinsteiger und tendenziell dem Life-Long-Learning-Prinzip verpflichtet, extrem selbstmotiviert, dafür aber auch manchmal beratungsresistent: Das sind die Motoren, die qualitative Vorwärtsentwicklungen antreiben.

Es ist eine Herausforderung, aus einer solchen Gruppe von automatischen Einzelgängern ein homogenes Projektteam zu formen. Aber es ist eine, der sich aussergewöhnliche Manager gerne stellen, weil sie ihre Mitarbeiter immer auf Augenhöhe sehen und selbst bereit sind, konstant zu lernen und sich und ihre Projekte iterativ zu entwickeln. Meist war ihr eigener Ansporn seit der Kindheit, für unmöglich Gehaltenes möglich zu machen und ein „Nein“ niemals ungefragt zu akzeptieren.

4. Die „Einfach-mal-die-Klappe-halten“ – Methode

Ist Ihnen auch schon mal aufgefallen, dass richtig gute Manager vor allem in Meetings häufig wenig sagen? Stattdessen sitzen sie in einer strategisch günstigen Ecke des Raums und beobachten – und zwar ohne sich in ihren Smart Phones zu verlieren oder ihr Tablet auf dem Schoss zu balancieren. Ihre Taktik: Zuhören und die Dynamik des Projektes (oder Brainstormings) sich entfalten lassen, ohne dass der Rest des Raumes durch die konstante Hörbarkeit der vorgesetzten Stimme übervorsichtig und unkreativ wird.

Gute Manager geben erst ganz zum Schluss eines solchen Prozesses ihre Meinung oder ein Urteil ab. Zwischendurch nutzen sie eher Fragen als Vorschläge, um subtile Richtungsjustierungen vorzunehmen, falls nötig. Es bedarf einer Menge an Selbstdisziplin, holt aber aus einem Team oder der Interaktion zwischen Team und Kunden das Optimum heraus.

 

Oberstes Bild: Exzellente Manager schwimmen manchmal einfach gegen den Strom (Bild: © Bernd Ege – Fotolia.com)

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Mehr zu Caroline Brunner

Caroline Brunner ist freiberufliche Online-Journalistin mit Fokus auf Arbeitspsychologie, Entrepreneurship, Kommunikation, Karriereplanung, Nachhaltigkeit und Verbraucherthemen.

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