Banker - aus Sicht von Wirtschaftsstudenten ein Beruf mit ramponiertem Image?

Die Finanzkrise hat nicht nur in den Bilanzen, sondern auch an der Reputation der Banken ihre Spuren hinterlassen. Am Anfang der globalen Krise stand mit dem Zusammenbruch der New Yorker Investmentbank Lehman Brothers der grösste Bankrott aller Zeiten – die Schuldensumme daraus belief sich auf rund 613 Milliarden US-Dollar.

In der Folge gerieten viele Banken rund um den Globus ebenfalls ins Schleudern. Einige Institute konnten nur durch massive staatliche Hilfen überleben. Studierende der Wirtschaftswissenschaften zogen aus dieser Entwicklung ebenfalls ihre Konsequenzen – Finanzdienstleister sind für viele Absolventen aus dieser Sparte kein begehrter Arbeitgeber mehr. Verschiedene Studien beschäftigen sich jetzt mit den Gründen.

Deloitte-Studie – Schweizer Banken mit Reputationsproblemen bei Studenten

Eine recht globale Datenbasis hierzu lieferte die im Oktober publizierte Studie „The Deloitte Talent in Banking Survey 2013“. Die Employer-Branding-Experten von Universum Global haben dafür im Auftrag der renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft insgesamt 108.000 Wirtschaftsstudenten befragt. Das Fazit der Studien-Autoren: Dass sich junge High Potentials nur noch bedingt für eine Karriere als Banker interessieren, ist ein weltweites Phänomen – und auch die Schweizer Banken haben dabei an Reputation verloren. Im internationalen Vergleich rangieren die Schweizer Institute nur noch auf dem neunten Platz. Vor ihnen liegen Länder wie Südafrika, die Niederlande, Kanada, Grossbritannien, aber auch Italien, Spanien, China und Brasilien. Deloitte Consulting-Partner Daniel Kobler führt als Begründung dafür an, dass die Forderung des Auslands nach Steuertransparenz einen negativen Einfluss auf das Image der Schweizer Banken hat. Hinter der Schweiz liegen im Deloitte-Ranking Indien, die USA, Russland, Japan, Frankreich sowie als absolutes Schlusslicht Deutschland.

Auch die Harvard Business Review meldete übrigens erst vor kurzem, dass die besten und klügsten Wirtschaftsabsolventen der renommierten Universität an der US-amerikanischen Ostküste die Wallstreet und den Finanzsektor insgesamt inzwischen meiden – mit steigender Tendenz. In diesem Jahr entschieden sich nur 26 Prozent der MBAs der Harvard Business School für einen Karrierestart in der Finanzwelt. Es handelt sich dabei um einen historisch tiefen Wert. Selbst in den ersten Jahren nach der Finanzkrise strebten mindestens 31 Prozent der Absolventen eine berufliche Laufbahn als Banker an.

UNI Global Union-Report – Burnout-Gefahr und Stellenabbau im Finanzsektor

Der internationale Gewerkschaftsdachverband UNI Global Union mit Sitz in Genf hat eine eigene internationale Studie beauftragt, die unter anderem zu dem Schluss kommt, dass Studenten mit einem Job als Banker inzwischen vor allem die Gefahr von Burnout und Arbeitsplatzverlust verbinden. Der Studien-Report „Banking: The Human Crisis“ belegt, dass seit 2011 im Bankensektor in 26 Ländern etwa 193.000 Arbeitsplätze verschwunden sind. Dieser massive Stellenabbau war in der Regel nicht mit Restrukturierungen verbunden, sondern hatte zur Folge, dass die verbliebenen Mitarbeiter die Arbeit der Entlassenen übernehmen mussten. 80 Prozent der befragten Unternehmen aus dem Banken- und Versicherungsbereich nannten in der Untersuchung die Gesundheit ihrer Mitarbeiter als eines ihrer Hauptprobleme.


Überlastung ist Alltag in vielen Banken. (Bild: lichtmeister – fotolia.com)


Studien-Autorin Lynn Mackenzie erläutert dazu auch die Hintergründe: Das interne Klima vieler Finanzdienstleister sei von Angst geprägt. Wütende Kunden reagieren ihren Ärger an den Mitarbeitern der Geldinstitute und Assekuranzen ab. Das Top-Management pflegt nach wie vor einen exklusiven Business-Stil inklusive hoher Boni – und setzt die Mitarbeiter auf allen Hierarchieebenen unter massiven Erfolgs- und Leistungsdruck. Der Report der Uni Global Union nennt einige prominente Banker namentlich, die diesem Druck zumindest temporär erlegen sind: Lloyds-CEO António Horta-Osório hat sich nach einer langen Phase von Schlafstörungen und Erschöpfungszuständen von seinem Job für zwei Monate zurückgezogen, der Barclays-Banker Sir Hector Sants benötigte wegen Dauerstress ebenfalls dringend medizinische Hilfe. Der Suizid des angesehenen Versicherungsmanagers Pierre Wauthier erschütterte im August 2013 die gesamte Branche. In seinem Abschiedsbrief hatte der Finanzchef der Zurich Insurance Group AG seinem Vorgesetzten Josef Ackermann vorgeworfen, ihn beruflich stark unter Druck gesetzt zu haben. Die nachfolgenden Untersuchungen entlasteten zwar Ackermann sowie den Versicherungskonzern – das Thema, welche Folgen der interne Druck der Branche im Extremfall haben kann, steht trotzdem nach wie vor im Raum.

Schweizer Finanzunternehmen – diversifiziert und zukunftsfähig

Die Züricher „Handelszeitung“ hat verschiedene Schweizer Hochschulen zu der Reaktion ihrer Studenten auf den Imagewandel der Banken als Arbeitgeber interviewt, nicht alle wollten diese Entwicklung kommentieren. Eine klare Antwort kam dagegen von Professor Manuel Ammann. Der Finanzwissenschaftsprofessor an der Universität St. Gallen und Direktor des „Schweizerischen Instituts für Banken und Finanzen“ konstatiert, dass der Ruf des Bankers im Vergleich zu seiner Reputation vor noch zehn Jahren gelitten hat, liege auf der Hand und färbe zwangsläufig auch auf die Studierenden ab. An der Universität St. Gallen habe er allerdings keinen „Einbruch bei der Nachfrage“ gespürt – die meisten ihrer Wirtschafts-Absolventen gehen in die Finanzindustrie, entweder zu Banken und Versicherungen oder zu Beratungsunternehmen. Insgesamt präsentiere sich die Branche heute diversifiziert, habe jedoch immer noch eine sehr hohe Wertschöpfung und könne entsprechend hohe Gehälter zahlen.

Fakt ist: Schweizer Wirtschaftsstudenten können auf jeden Fall mit guten Karrierechancen rechnen. Ein Jahr nach dem Hochschulabschluss stehen so gut wie alle von ihnen in Lohn und Brot, oft können sie zwischen verschiedenen Arbeitgebern wählen. Im Vergleich zu anderen Absolventen zählen sie mit einem Jahreseinkommen von rund 80.000 Franken ausserdem zu den Bestverdienern. Die Banken selbst werden sich nicht nur aus Imagegründen in den kommenden Jahren neuen Ideen öffnen müssen – ihre Kunden erwarten auch in diesem Bereich immer stärker nachhaltige ökonomische Modelle. Für Berufseinsteiger öffnen sich hier perspektivisch neue Chancen. Ob der Banker als Berufsziel wirklich „out“ ist, darf vor diesem Hintergrund bezweifelt werden.

 

Oberstes Bild: © domenicop20 – Fotolia.com

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