Tabuthema Depression - Auswege für gestresste Manager

Der Fall von Swisscom Chef Carsten Schloter – er beging am 23. Juli 2013 in seiner Wohnung Selbstmord – bringt es wieder auf den Tisch: Die chronische Überforderung vieler Topmanager ist ein nach wie vor virulentes Thema. Wir zeigen Gründe dafür und Wege aus der Krise.

Nicht immer muss es so schlimm enden wie im Fall Schloters. Doch Depressionen und das oft damit verknüpfte Burnout-Syndrom bedeuten grossen Leidensdruck für die Betroffenen – und die sind nicht selten Manager in hohen Positionen. Warum erfährt die Öffentlichkeit so wenig darüber? Und wie kann ein Mensch mit derartiger Verantwortung verantwortlich mit seiner eigenen Erkrankung umgehen?

Die Frage nach dem „Warum“ zu beantworten, bedarf eines Makro-Zooms auf unsere Gesellschaft. Allein in Deutschland sind mehr als 4 Millionen Menschen an Depressionen erkrankt (Quelle: European Depression Association). Es handelt sich also um ein gesamtgesellschaftliches Problem. Bei vielen steht die Symptomatik im Zusammenhang mit ihrer Arbeit. Dass nun ein Topmanager, der im Prinzip für seinen Job lebt, hier besonders gefährdet ist, nimmt also nicht wunder.

Solche Menschen definieren sich oft über ihre Leistung. Dementsprechend sind sie bereit, mehr für ihren Beruf zu geben, als ihre Kapazität erlaubt. Auch Schloter gab noch zwei Monate vor seinem Suizid zu, sowohl sein Handy als auch innerlich nicht mehr abschalten zu können und keine Ruhephasen mehr zu finden. Das macht niemand lange mit, denn Psyche und Physis sind nur begrenzt belastbar. Oft stellen sich bei chronischer Überforderung zunächst „Burnout„-Symptome ein: starke Erschöpfung, körperliche Schmerzen, Teilnahmslosigkeit. Gerade bei letzterem können Topmanager sich jedoch nicht offenbaren. Sie müssen weiterhin stark, engagiert und kompetent wirken. Das erwartet man einfach von ihnen, oder zumindest glauben sie das. Die Überzeugung, unersetzlich zu sein, blockiert dann jeden Therapieansatz. Hier zugeben zu können, dass man nicht mehr kann, verlangt viel Mut – und den haben nur wenige. Ein Beispiel ist der Fussballtrainer Ralf Rangnick, der in aussichtsreicher Lage sein Amt beim Bundesligisten Schalke 04 niederlegte – er wollte gesundheitlich nicht unter die Räder kommen.

Wer allerdings die Burnout-Symptome ignoriert, gerät schnell in eine handfeste Depression, die psychologischer bzw. psychiatrischer Betreuung bedarf. Hier sinkt der Lebensmut auf ein Minimum herab, der innere Antrieb fehlt völlig, die Betroffenen fühlen sich leer und ihr Leben sinnlos an. Der einzige Ausweg scheint dann der Selbstmord.

Wie kann man hier sich und anderen helfen? Ursula Nuber stellt in ihrem Buch „Wer bin ich ohne mich?“ (Campus Verlag) ein 5-Phasen-Schema vor, das hierzu Orientierung geben kann:

1. Den Sinn der Depression erkennen.

Jede Depression hat eine Botschaft. Man muss nur bereit sein, sie zu erkennen. Nehmen Sie die Depression als Chance zu positiver Veränderung.

2. Selbst aktiv werden.

Nach der grundlegenden Erkenntnis sollte nun Eigenaktivität erfolgen. Horchen Sie in sich hinein: Was tut Ihnen gut, was verstärkt die Symptome? So übernehmen Sie Verantwortung und ergeben sich nicht als passives Opfer Ihrem Schicksal.

3. Hilfe annehmen.

Niemand muss eine Depression alleine durchstehen. Hier erweisen sich wahre Freunde, denen man sich offenbaren kann, als Gold wert. Allerdings ist oft professionelle Hilfe nötig, bei der nicht die Methode, sondern die Beziehung zwischen Patient und Therapeuten entscheidend ist.

4. Wenn ich nicht für mich bin, wer ist es dann?

Wichtig ist nun, Selbstfürsorge an den Tag zu legen, denn die war meist im Entstehungsprozess der Krankheit Mangelware. Depressive müssen dies oft erst lernen – besonders Frauen neigen dazu, ihr Heil im Altruismus zu suchen.

5. Nett war gestern.

„Nein“ sagen zu können, ist eine wesentliche Kompetenz, die vor Burnout und Depression schützen kann. Wer zu nett ist, wird meist ausgenutzt, und zahlt selber die Zeche dafür.

Es bleibt zu hoffen, dass das Thema in der Arbeitswelt kein Tabu bleibt, sondern immer selbstverständlicher darüber gesprochen wird – damit Leidenden besser und früher geholfen werden kann und es zu keinem tragischen Ende wie im Falle Carsten Schloters kommt.

 

Oberstes Bild: © Lutz Stallknecht – pixelio.de

jQuery(document).ready(function(){if(jQuery.fn.gslider) {jQuery('.g-22').gslider({groupid:22,speed:10000,repeat_impressions:'Y'});}});