Der Franken hat mit der Nationalbank (SNB) ein Auffangnetz

Die Nationalbank hat im vierten Quartal 2022 für 27 Mrd. Franken Fremdwährungen verkauft. Dieser Betrag kann nicht mehr mit kommerziellen Transaktionen erklärt werden. Für das erste Quartal sind die Daten noch nicht bekannt. Die Annahme, dass die SNB weiterhin als Käufer von Franken aufgetreten ist, scheint nicht allzu gewagt zu sein. Ihre Devisenreserven haben trotz positiven Aktienmärkten, tieferen Kapitalmarktzinsen und einem handelsgewichtet stabilen Franken seit Ende Jahr um rund 40 Mrd. Franken abgenommen. Mit dem Kauf von Franken vermindert die SNB die importierte Inflation und reduziert die Liquidität in der Schweizer Wirtschaft. Beides kann geldpolitisch gut begründet werden.

Die aktuellen Rahmenbedingungen an den Finanzmärkten sprechen nicht für einen starken Franken. Ich spreche dabei nicht von einem Vertrauensverlust in die Schweiz. Diesem Argument kann ich nicht viel abgewinnen, da die politische und wirtschaftliche Stabilität der Schweiz weiterhin gesucht ist. Vielmehr geht es um klassische Argumente wie die Zinsdifferenz und um kurzfristige orientierte Kapitalflüsse.

Steigende Zinsdifferenz

Obwohl die SNB die Zinsen regelmässig anhebt, ist die Zinsdifferenz zu fast allen anderen Währungen mit Ausnahme des Yen deutlich angestiegen. Das gilt vor allem für den Geldmarktbereich. Geldmarktanlagen in Franken sind im Vergleich zu Anlagen in US-Dollar oder Euro unattraktiver geworden. Gerade der Euro, welcher für die Schweizer Wirtschaft und damit auch für die SNB eine wichtige Referenzgrösse ist, profitiert von den Zinserwartungen. Weitere Zinserhöhungen wurden von der EZB schon angekündigt. Das heizt die Spekulation auf einen stärkeren Euro an. An der Futures-Börse in Chicago haben sich die spekulativen Anleger stark in Richtung eines steigenden Euro positioniert. Die Funktion des Frankens als Safe Haven ist momentan auch nicht gefragt. Die Risiken und Unsicherheiten sind zwar vielfältig, sowohl wirtschaftlich als auch politisch, aber man hat sich an den Finanzmärkten daran gewöhnt. Ereignisse wie die Bankenschliessungen in den USA bringen Unsicherheit an die Märkte, rücken aber rasch wieder in den Hintergrund.

Grosse Inflationsdifferenz

Das Hauptargument für eine Aufwertung des Frankens ist die grosse Inflationsdifferenz zwischen der Schweiz und den anderen Ländern. Der Ausgleich des unterschiedlichen Kaufkraftverlustes über die Währung funktioniert relativ gut, vor allem über einen mittleren oder langen Zeithorizont. Da die Inflation in den USA und im Euroraum nicht so schnell auf das Schweizer Niveau sinken wird, wird der Franken über die Zeit sowohl zum Euro als auch zum US-Dollar aus diesem Grund teurer werden. Kurzfristig dominieren jedoch die zuvor aufgeführten Faktoren die Kursentwicklung am Devisenmarkt.

Die SNB wird die Gelegenheit eines zur Schwäche neigenden Frankens nutzen, um ihre Bilanz weiter abzubauen. Ganz los wird sie die in den letzten Jahren durch die Interventionen aufgebauten zusätzlichen Devisenreserven nicht. Dafür ist der Frankenmarkt nicht liquide genug. Die SNB muss auch aufpassen, dass sie keine Spekulation auf einen zu starken Franken auslöst. Sie wird daher versuchen, den Wert des Frankens einigermassen stabil zu halten. Sie wird keine fixe Obergrenze des Euro oder des US-Dollars zum Franken verteidigen und in ihren Aktionen flexibel vorgehen. Wer aber auf einen schwachen Franken wettet, der hat schlechte Karten.

 

Artikelbild: Symbolbild © Natali Glado – shutterstock.com

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Mehr zu Dr. Thomas Stucki

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

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