Die Aktienmärkte sind auf der Suche nach positiven Argumenten

Trotz einem guten Start ins neue Jahr sind die Aktienmärkte anfällig auf rasche Stimmungswechsel. Das ist nicht weiter verwunderlich. Zuerst müssen die psychologischen Schläge des letzten Jahres verarbeitet werden. Gleichzeitig harren noch einige Risiken und Probleme ihrer Lösung und die Sorge vor dem Unbekannten der Zukunft ist nach wie vor gross. Dennoch ist die Ausgangslage für ein positives Aktienjahr 2023 nicht schlecht. Damit es zu einer nachhaltigen Trendwende zum Besseren kommt, müssen aus meiner Sicht mehrere Faktoren stimmen.

Am wichtigsten ist die Entwicklung bei der Inflation. Diese wird sich hartnäckig auf einem hohen Niveau halten. Entscheidend wird jedoch sein, dass der Trend nach unten zeigt. Das betrifft vor allem die Kerninflation ohne die Energie- und Nahrungsmittelpreise. Diese wird in den vom Dienstleistungssektor geprägten Volkswirtschaften der Industrieländer zum grossen Teil von den Löhnen geprägt. Sinkende Inflationsraten, auch wenn sie nur langsam sinken, geben den Zentral- banken die nötige Handlungsfreiheit, ihren Zinserhöhungszyklus zu beenden.

Holpriges erstes Halbjahr

Die Notenbanken werden ihre Geldpolitik im ersten Halbjahr restriktiver gestalten und die Leitzinsen weiter anheben. Das ist notwendig, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Die Zinserhöhungen können dabei auch höher ausfallen als von den Finanzmärkten aktuell erwartet. Das wird die Aktienkurse vorübergehend belasten. Wichtig wird jedoch sein, dass sich ein Ende des Zinserhöhungszyklus abzeichnet. Das wird die Diskussion über die wirtschaftliche Abschwächung entlasten und die Frage über mögliche Leitzinssenkungen befeuern. Obschon es solche nicht so schnell geben wird, werden sie die Psychologie der Anlegerinnen und Anleger bestimmen.

Die Konjunktur wird sich in den nächsten Monaten deutlich abschwächen. Die höheren Zinsen werden ihre Wirkung entfalten. Das hilft, die Inflation zu drücken, belastet aber die Gewinne der Unternehmen. Die Aktienmärkte werden jedoch in erster Linie durch die Erwartung an die zukünftigen Gewinne getrieben. Die Erfahrung zeigt, dass die Analysten vorausschauen und bereits vor dem konjunkturellen Tiefpunkt die mögliche Erholung in ihre Analysen einbeziehen. In der Folge werden die Erwartungen an die Unternehmensgewinne wieder angehoben. Das ist ein guter Zeitpunkt ist, um in Aktien zu investieren. Wenn die Firmen in ihren Ausblicken wieder mehr Optimismus versprühen als bisher und weniger die Risiken betonen, hilft das ebenfalls, die Stimmung an der Börse zu drehen.

Schwieriges Timing

Der dargestellte Prozess für die Wende an den Aktienmärkten beinhaltet viele „wenn und aber“, dessen bin ich mir bewusst. Deshalb wird nicht plötzlich der Schalter umgestellt. Der Weg zum Ziel wird mit einigen Schlaglöchern und damit möglichen Rückschlägen bei den Aktienkursen gespickt sein. Zudem ist das Timing der genannten Faktoren schwierig zu bestimmen. Der Ablauf folgt aber klassischen Prozessen, die in der Vergangenheit gut gespielt haben. Entsprechend hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Aktienkurse wieder stei- gen. Da der perfekte Zeitpunkt für den grossen Einstieg nicht oder nur zufällig getroffen wird, empfiehlt sich ein gestaffelter Aufbau neuer Positionen. Damit kann bereits begonnen werden.

 

Artikelbild: Symbolbild © TAW4 – shutterstock.com

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Mehr zu Dr. Thomas Stucki

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

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