SARS-CoV-2: Warum ist die Verhinderung der Virus-Ausbreitung absolut notwendig?

Wir (zumindest die meisten von uns) überleben doch jedes Jahr auch die saisonale Grippe, was ist das Problem? Und sind diese Massnahmen wie Schliessungen von Schulen und Institutionen, und das Absagen von Veranstaltungen nicht total übertrieben?

Die saisonale Grippe, welche durch die regelmässig wiederkehrenden Influenzaviren verursacht wird, kennt unser Immunsystem – im Übrigen auch, wenn Sie das Glück hatten, noch nie selbst daran erkrankt zu sein. Unser Immunsystem weiss, damit umzugehen und öfter als Sie denken, wehrt Ihr Immunsystem eine Grippe ab, ohne dass Sie das überhaupt mitbekommen.

SARS-CoV-2, oder wie ich es gerne nenne „SARS 2.0“, ist ein ganz neues, junges Virus. Das bedeutet, dass es in der Bevölkerung keine Grundimmunität gibt. Unser Immunsystem weiss schlicht und einfach nicht, was es tun soll, wenn es mit SARS 2.0 konfrontiert wird. Und genau darin liegt die Gefahr dieser Epidemie.

SARS steht für „Severe Acute Respiratory Syndrome“, also „Schweres, akutes Atemwegssyndrom“. Das tönt nicht gut, jedoch für den Grossteil der Bevölkerung wird eine Infektion glimpflich ablaufen. Es gibt jedoch Gruppen, für die dieses Virus eine grosse Gefahr darstellt: Ältere Menschen, Menschen mit chronischen Erkrankungen (Asthma, Diabetes, Krebserkrankungen, Herzerkrankungen, einem geschwächten Immunsystem, etc.), und auch Raucher sollten besondere Vorsicht walten lassen. Da Ausnahmen bekanntlich die Regel bestätigen, gibt es auch schwere Verläufe bei jungen, gesunden Menschen (es ist ein Spiel mit den Wahrscheinlichkeiten und alleine dieses Thema wäre eine eigene Newsletter-Serie wert).

Die Eindämmung der Ausbreitung von SARS 2.0 ist jedoch absolut notwendig, denn da dieses Virus sehr ansteckend ist, werden auch viele Menschen ernsthaft daran erkranken. Es ist von grosser Bedeutung, ob dies binnen 2 Monaten oder 2 Jahren geschieht. Wenn zu viele Menschen gleichzeitig krank werden, können diese nicht alle gleichzeitig optimal versorgt werden: Kein Gesundheitssystem der Welt ist auf so etwas vorbereitet.

Durch das Abbremsen der Epidemie gewinnen wir Zeit für die Erprobung von möglichen Medikamenten und die Impfstoffentwicklung. Wir vermeiden eine Überlastung des Gesundheitssystems und können die schweren Fälle identifizieren und behandeln. Wir können Testsysteme bereitstellen, Intensivbetten organisieren, die Abläufe in Arztpraxen und Krankenhäusern klären.

Aber was sollen wir jetzt tun?

Zunächst einmal gilt: Keine Panik, Ruhe bewahren, besonnen reagieren.

Die wichtigste und wirksamste Massnahme um die Ausbreitung von SARS 2.0 zu verlangsamen – und man kann es nicht genug betonen – ist das Händewaschen! Vergessen Sie das Desinfektionsmittel, kaufen Sie Seife und Handcreme!

Waschen Sie sich die Hände, und zwar gleich nachdem Sie im Büro Tasche und Jacke abgelegt haben. Vor und nach jedem Kundenkontakt, vor und nach dem Essen, der Kaffee- oder Raucherpause. Waschen Sie sich die Hände, wenn Sie nach Hause kommen und bevor Sie Ihren Partner begrüssen.

Die Hände wäscht man sich mit Seife und warmen Wasser. Dazu benötigt man mindestens 20, eher 30 Sekunden. Sich diese Zeit zu nehmen ist notwendig, um Handinnenflächen, Handrücken, die einzelnen Finger (den Daumen nicht vergessen!), zwischen den Fingern, die Fingerkuppen und -Nägel gründlich zu reinigen. Kurz geschnittene Nägel sind von Vorteil, alternativ legen Sie sich einfach eine eigene Nagelbürste ins Büro. Idealerweise verzichten Sie auf Schmuck an Händen und Handgelenken (der Ehering bleibt aber dran), ansonsten müssen Sie etwas sorgfältiger sein.

Das Verreiben von 3 Tropfen Wasser zwischen den Fingerspitzen, wie man es mitunter auf öffentlichen Toiletten zu sehen bekommt, ist kein Händewaschen. Wenn Sie das tun, können Sie ihre Hände ebensogut in der Toilettenschüssel schwenken.

Verwenden Sie bevorzugt Papiertücher zum Händetrocknen im Büro. Daheim sollten Sie Handtücher regelmässig wechseln. Verwenden Sie keine Luft-Händetrockner und halten Sie sich von diesen möglichst fern.

Investieren Sie in eine gute Handcreme. Durch das vermehrte Händewaschen kann die Haut trocken und rissig werden, und wiederum zur Eintrittspforte für Krankheitserreger werden. Das möchten Sie nicht.

Das alles ist ein deutlicher zusätzlicher Aufwand, keine Frage. Aber machen Sie sich keine Gedanken: wenn Sie diese zusätzlichen Hygienemassnahmen ein paar Tage durchgehalten haben, werden Sie sich daran gewöhnt haben und es geht wie von selbst!

Und wie schütze ich mich und andere vor einer Ansteckung?

Neben der wichtigsten Massnahme, dem oben erwähnten Händewaschen, können Sie durch Umsicht und Besonnenheit im Alltag ihr Ansteckungsrisiko zu minimieren versuchen: Passen Sie auf, wo sie hin fassen (zum Beispiel in den öffentlichen Verkehrsmitteln oder im Supermarkt), und FASSEN SIE SICH NICHT IMMER INS GESICHT! Sie tun es, ich tue es, wir alle tun es – versuchen Sie es einfach weniger zu tun. Neben Mund und Nase sind übrigens auch die Augen eine potentielle Eintrittspforte für den Virus.

Der Händedruck ist leider im Moment tabu, bitte weisen Sie Ihre Gäste und Kunden darauf hin.

Halten Sie auch im Geschäftsleben etwas Abstand zu Ihren Gegenüber: Beim normalen Atmen und Sprechen können virenbeladene Partikel entstehen, diese sind aber langsam, sinken schnell ab, und haben daher keine grosse Reichweite. Das tönt etwas unschön, sollte Sie aber motivieren, Tische und Oberflächen in Besprechungszimmern regelmässig zu reinigen.
Um es noch etwas unschöner zu formulieren: Wenn Sie riechen können, was Ihr Gegenüber zum Mittagessen hatte, sind Sie zu nah dran. 1 Meter Abstand ist üblicherweise gut.

Husten und Niesen Sie immer in ein Wegwerftaschentuch (sofern Sie schnell genug sind) oder mindestens in ihre Ellbogenbeuge. Das Wegwerftaschentuch gehört anschliessend weggeworfen, am Besten in einen Behälter mit Deckel oder in einen verschliessbaren Beutel in einen Behälter ohne Deckel. Waschen Sie sich danach die Hände.

Warum das alles? Beim unabgebremsten Husten und Niesen entstehen virenbeladene Partikel mit einer unerfreulich hohen Reichweite von bis zu mehreren Metern. Wenn Sie Jemand anhustet oder anniest, schliessen Sie die Augen. Halten Sie den Atem an, atmen sie langsam aus und drehen Sie sich weg. Im Anschluss haben Sie meine ausdrückliche Erlaubnis, den „Wildhuster“ oder „Wildnieser“ auszuschimpfen. In Zeiten von SARS 2.0 geht sowas nämlich gar nicht!

Apropos Reinigung: Neben den grossen Oberflächen und der üblichen Reinigungsroutine in ihrer Firma, sollten Sie auch Türgriffe, Lichtschalter, die Bedienoberfläche des Kaffeeautomaten, den Griff des Kühlschranks und der Schokoladenschublade, Telefone, Tastaturen, und andere Dinge, die regelmässig und von mehreren Personen angefasst werden, nicht vergessen. Wann haben Sie übrigens Ihr Natel oder Ihr Tablett zuletzt gereinigt? Aber Achtung: Nicht alle Oberflächen vertragen jedes Reinigungsmittel, arbeiten Sie bevorzugt mit den jeweils empfohlenen Mitteln.

Und zu guter Letzt: Informieren Sie sich und ihre Mitarbeiter regelmässig über die aktuellen Empfehlungen der Gesundheitsbehörden – und halten Sie sich bitte daran. In der Schweiz ist hierfür das BAG zuständig (siehe hier).

Was soll ich tun, wenn ich mich krank fühle?

Entwickeln Sie eines der 3 Leitsymptome (Trockener Husten, Fieber, Atemnot), oder fühlen Sie sich allgemein krank oder schwindelig, bleiben Sie am besten zu Hause. Informieren Sie Ihren Arbeitgeber und Ihnen nahestehende Personen, und rufen Ihren Hausarzt oder die entsprechende Servicenummer Ihrer Krankenkasse an. Dort wird man Ihnen sagen, was als nächstes passiert. Bleiben Sie entspannt, machen Sie es sich gemütlich, trinken Sie viel (Wasser! Obwohl man mitunter hört, SARS 2.0 wird durch Alkohol abgetötet – SO ist das nicht gemeint!), und schauen Sie sich einen schönen Film an oder lesen ein Buch.

 

Quelle: artax Fide Consult
Titelbild: Deliris – shutterstock.com

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Mehr zu Isabell Buttron

Frau Buttron ist Diplom-Biologin und war jahrelang in der Pharmaforschung tätig. Sie berät artax im Umgang mit der aktuellen SARS-CoV-2-Epidemie.

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