Börsen im Griff der Corona-Panik – Computer spielen entscheidende Rolle

Die Angst vor dem Coronavirus und vor seinen negativen Auswirkungen hat die Börsen im Griff. Die Anleger flüchten aus den Aktien in die vermeintlich sicheren Staatsanleihen. Diese Reaktion ist verständlich.

Was aber am letzten Freitag an der Wall Street abgegangen ist, hat damit nur noch am Rande zu tun.

Nach einem schwachen Start hat der Dow Jones Industrials Index innerhalb von 30 Minuten 700 Punkte oder 2.5% zugelegt, um diese dann innert 15 Minuten wieder zu verlieren. Das gleiche Spiel wiederholte sich zwei Stunden später mit einem Auf und Ab von 500 Punkten bevor der Index in den letzten 15 Minuten wieder 700 Punkte gewann.

Ähnliches spielte sich am Freitag auf dem Goldmarkt ab, wo das als Hort der Sicherheit bekannte Gold aus heiterem Himmel innert 10 Minuten mehr als 3% an Wert einbüsste. Solche Bewegungen haben mit einer rationalen Einschätzung der Marktpotenziale nichts mehr zu tun, sondern sind das Resultat von computerbasierten Handelsstrategien, die mit rieseigen Volumen innert kurzer Zeit die Märkte überfluten. Am Freitag wurde in den Dow Jones-Aktien mehr als drei Mal so viel gehandelt wie an einem durchschnittlichen Handelstag.

Die Gelder, die unabhängig von den fundamentalen Rahmenbedingungen gemäss irgendwelchen Modellen verwaltet werden, haben in den letzten Jahren massiv zugenommen. Das fängt bei den einfachen indexbasierten ETF an. Werden diese verkauft oder gekauft, werden alle Aktien im Index sofort gehandelt, egal ob sie von einer veränderten Erwartung profitieren oder negativ betroffen sind. Weiter geht es über die oft auf Trendmodellen basierten Strategiemodel- le, die nach den Kursverlusten der letzten Tage eines nach dem anderen auf den Trend nach unten aufgesprungen sind und damit noch mehr Aktien auf den Markt geworfen haben. Gekrönt wird die Palette durch komplexe High-Frequency- Modelle, die spezielle Konstellationen in den Preisen der Aktien innert Sekundenbruchteilen ausnützen wollen und mittlerweile einen ansehnlichen Teil des an der Börse gehandelten Volumens ausmachen.

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Trendverstärker

Solange die Märkte sich ruhig verhalten und die Preisbewegungen klein sind, bleiben diese Modelle ebenfalls ruhig. Kommt es aber wie in der letzten Woche aufgrund der Corona-Ängste zu grösseren Marktbewegungen, steigen die Kaufs- oder Verkaufssignale dieser Modelle exponentiell an und verursachen die grotesken Marktbewegungen innert Minuten, wie wir sie am letzten Freitag gesehen haben. Profitiert haben davon in erster Linie die Börsenbetreiber, die sich an den hohen Umsätzen erfreuen konnten.

Zuschauen und staunen

Wenn die Computer das Szepter übernehmen, sollte man nicht mitspielen. Zu erratisch und zu schnell sind die Kursbewegungen. Das führt natürlich zu einem schlechten Gefühl. Was passiert, wenn die Computer völlig aus dem Ruder laufen? Die verschiedenen Flash-Crashes der letzten Monate an den Finanzmärkten haben eine Vorahnung dafür gegeben, was möglich ist. Diese Flash-Crashes haben aber auch gezeigt, dass die Auswirkungen des Modellhandels ihre Grenzen haben. Der „Wert“ einer Aktie ist immer noch der Gegenwartswert der zukünftigen Erträge des Unternehmens. Der Preis der Aktie kann von diesem Wert abweichen, aber nicht unbegrenzt. Wird die Abweichung zu gross, ergeben sich Opportunitäten, die früher oder später durch die Anleger ausgenützt werden. Daran sollte man sich erinnern, wenn man in der Hektik der Corona-Hysterie die Kurse an den Börsen fallen sieht. Die entscheidende Frage ist immer noch, wie stark die Weltwirtschaft nachhaltig, und nicht nur für die nächsten Monate, durch das Virus verändert wird. Das weiss heute niemand, doch die Erfahrung aus früheren Situation zeigt, dass die langfristigen Auswirkungen meistens nicht so gross sind.

 

Titelbild: OSORIOartist – shutterstock.com

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