Die Spannungen innerhalb der Eurozone wachsen – Was ist zu tun?

Eine gemeinsame Währung in Europa macht für die Unternehmen im grenzüberschreitenden Handel vieles einfacher. Dass eine gemeinsame Währung für so unterschiedliche Länder und Mentalitäten wie Deutschland und Italien aber auch Risiken birgt, war man sich schon bei der Einführung des Euros bewusst.

Deshalb wollte man mit den Maastricht-Kriterien die Länder zu fiskalischer Disziplin zwingen. Mit der Zeit sollten sich die Länder so wirtschaftlich annähern.

Die Idee der Konvergenz war eine Säule der Eurozone. In der Realität erwies sie sich aber nicht als tragfähig, da man die Einhaltung der Maastricht-Grenzen für Budgetdefizite und Schuldenquoten nicht durchsetzte. Deshalb werden die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Euroländern grösser, insbesondere in konjunkturell schwierigeren Zeiten. Damit steigen auch die Spannungen innerhalb des Konstrukts, da die Ausgleichsmechanismen nicht funktionieren.

In einem System flexibler Wechselkurse werden diese Spannungen durch die Kursänderungen der Währungen oder durch die unterschiedliche Geldpolitik der Zentralbank gemindert. Die Währung des schwächeren Landes wird billiger, wodurch die Exportwirtschaft wieder konkurrenzfähig wird. Die regelmässigen Abwertungen der Italienischen Lira waren ein klassisches Beispiel dafür.

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Geldpolitik der Notenbank, welche in den schwächeren Ländern expansiver geführt werden kann als in den Ländern mit einer starken Konjunktur. Erkauft werden diese wirtschaftlichen Vorteile mit einer höheren Inflation, da durch die Währungsabwertung die Preise für Importgüter steigen. Dennoch ist es der einfachste Weg, wirtschaftliche Differenzen auszugleichen. In einem System mit fixen Wechselkursen, wie es die Eurozone ist, gibt es diese Möglichkeit nicht. Die Folge: hohe Arbeitslosigkeit in Ländern wie Italien oder Griechenland.

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Eingeschränkte Mobilität …

In einem einheitlichen Währungsraum kann diese Arbeitslosigkeit durch die Mobilität der Bevölkerung gemildert werden. Ein Beispiel dafür ist der Dollarraum in den USA. Finden die Leute im Mittleren Westen keine Stelle mehr, ziehen sie an die Ost- oder Westküste. Die Kosten, beispielsweise zum Wohnen, in den Boomregionen steigen dadurch überdurchschnittlich und die schwächeren Gebiete werden wieder konkurrenzfähiger. Eine Konsequenz dieser Mobilität ist aber auch, dass sich ganze Gebiete entvölkern und eine Schicht von Leuten mit geringer Bildung oder gesundheitlicher Probleme zurückbleibt.

Anzeichen dieser Mobilität sieht man auch in der Eurozone durch die Abwanderung junger und gut ausgebildeter Menschen aus den Südländern. In der Eurozone funktioniert der Ausgleich aber aus verschiedenen Gründen wie unterschiedlichen Schul- und Rentensystemen oder sprachlichen und kulturellen Unterschieden nicht im nötigen Ausmass.

… dafür Transferzahlungen

Also bleibt der Eurozone nichts anderes übrig, als die wirtschaftlichen Spannungen über Transferzahlungen auszugleichen. Der Stärkere finanziert den Schwächeren. Dieses System ist weit verbreitet, unter anderem auch in der Schweiz. Es ist aber politisch anfällig, da die meisten Leute keinen direkten und spürbaren Nutzen für sich selber sehen. Die EU und auch die Eurozone verfügen über verschiedene Transfermechanismen. Für die Rettung Griechenlands wurden sie deutlich ausgebaut. Es fehlt aber die nötige Transparenz, wofür wer wie viel Geld bekommt. Daher wäre es sinnvoller, gewisse Aufgaben über ein gemeinsames Budget der Eurozone und der Ausgabe von Eurobonds zu finanzieren. Dieses Budget muss aber einer strikten Kontrolle und Rechenschaftspflicht unterstehen.

Politisch ist dieser Weg einer teilweisen gemeinsamen Fiskalpolitik unwahrscheinlich, da die Deutschen als grösster Zahler nicht mitmachen. Die Eurozone wird deshalb auf wirtschaftliche Krisen und populistische Agitation anfällig bleiben. Sie wird nicht darum herumkommen, die Möglichkeit freiwilliger oder sanktionsbedingter Austritte einzelner Länder zu schaffen, wenn sie auf Dauer Bestand haben will.

 

Titelbild: Festa – shutterstock.com

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Mehr zu Dr. Thomas Stucki

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

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