Altersvorsorgesystem: Schweiz fällt im weltweiten Vergleich auf 11. Rang zurück

Im Vergleich von 34 Altersvorsorgesystemen weltweit belegt die Schweiz den 11. Rang. Dies ist das Ergebnis des Melbourne Mercer Global Pension Index (MMGPI), der in diesem Jahr zum zehnten Mal erschienen ist.

Die alternde Bevölkerung stellt nach wie vor eine Herausforderung für die Regierungen weltweit dar. Politische Entscheidungsträger kämpfen damit, die finanzielle Sicherheit für ihre Rentner so zu gestalten, dass sie sowohl für den Einzelnen angemessen als auch für die Wirtschaft nachhaltig ist.

Im Index erreichen die Niederlande und Dänemark A-Noten (80.3 und 80.2 Punkte) und sind damit am besten auf die Herausforderungen der älter werdenden Bevölkerung vorbereitet.

Schweiz fällt insgesamt vom 8. auf den 11. Platz zurück

In der Bewertung erhält das Altersvorsorgesystem der Schweiz wie auch im letzten Jahr insgesamt 67.6 Punkte. Allerdings fällt es im Ländervergleich vom 8. auf den 11. Rang zurück. Dies liegt daran, dass sich Chile (69.3), Neuseeland (68.5) und Kanada (68.0) gegenüber 2017 in der Gesamtbewertung verbessert haben. Immerhin konnte die Schweiz im Sub-Index Nachhaltigkeit etwas besser abschneiden als 2017 (+2.8 Punkte), vor allem aufgrund der positiven Entwicklung bei den Indikatoren „Vorsorgevermögen in Prozent des Bruttoinlandsprodukts“ und „reales Wirtschaftswachstum“. Beim Sub-Index Angemessenheit wurden wegen der Neuaufnahme des Indikators „Haushaltsverschuldung“ jedoch 2.2 Punkte weniger erreicht als letztes Jahr.

„Die Ergebnisse 2018 zeigen, dass in der Schweiz ein gewisser Reformstau in der Altersvorsorge herrscht: Während sich die Bewertung unseres Systems im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert hat, sind wir im Länderranking um drei Plätze abgerutscht. Insbesondere in der Angemessenheit, also in der Frage, welches Rentenniveau ein Arbeitnehmer bei der Pensionierung erwarten kann, liegen wir doch recht deutlich zurück. Allerdings kann der Stiftungsrat einer Pensionskasse auch im gegebenen regulatorischen Umfeld Massnahmen treffen, um die Altersleistungen der Versicherten zu halten und zu stärken“, erklärt Samuel Lisse, CEO von Mercer Schweiz.

Aus den Studienergebnissen lassen sich die folgenden Empfehlungen zur Stärkung des Rentensystems in der Schweiz ableiten:

Einführung einer Regelung, einen Teil der Altersleistung als Rente beziehen zu müssen

  • Einführung von Steuerbegünstigungen auch für monatliche Rentenzahlungen anstatt nur für die einmalige Kapitalausschüttung
  • Ergreifen von Massnahmen zur Reduktion der – mehrheitlich aus Hypotheken stammenden – Verschuldung der Privathaushalte
  • Schrittweise Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters zur Anpassung an die Lebenserwartung
  • Steigerung der Wohneigentumsquote mittels Anreizen ausserhalb des Pensionssystems
  • Stärkere Einschränkung des Zugriffs auf Leistungen vor Renteneintritt

Angemessenheit auf Kosten der Nachhaltigkeit

Die Ergebnisse zeigen deutlich das wachsende Spannungsverhältnis zwischen Angemessenheit und Nachhaltigkeit. Dies wird besonders offensichtlich bei der Betrachtung der europäischen Ergebnisse. Dänemark, die Niederlande und Schweden erreichen A- oder B-Noten sowohl für Angemessenheit als auch für Nachhaltigkeit, während Österreich, Italien und Spanien eine B-Note für Angemessenheit, aber eine E-Note für Nachhaltigkeit erhalten, was auf einen Reformbedarf hinweist.

Dr. David Knox, Autor der Studie und Senior Partner bei Mercer Australien, erklärt, dass eine wichtige Voraussetzung für ein erstklassiges Rentensystem darin besteht, das richtige Gleichgewicht zwischen Angemessenheit und Nachhaltigkeit zu finden.

„Dies ist für die Politik eine echte Herausforderung“, so Dr. Knox. „Zum Beispiel ist es unwahrscheinlich, dass ein System, das kurzfristig sehr grosszügige Leistungen erbringt, nachhaltig ist. Ebenso erbringt ein System, das über viele Jahre hinweg nachhaltig ist, wahrscheinlich eher bescheidene Leistungen. Die Frage ist: Was ist ein angemessener Kompromiss?“

Dr. Knox fügt hinzu, dass es nicht ausreiche, wenn ein System nachhaltig oder angemessen sei. Ein neuer Aspekt in der Debatte darüber, was ein Weltklassesystem ausmacht, ist die Abdeckung der Bevölkerung. „In einigen Ländern wurde eine breite Abdeckung durch obligatorische betriebliche Altersversorgung oder durch Opt-out-Systeme erreicht“, sagt er. „Angesichts der weltweiten Veränderungen der Arbeitswelt müssen wir jedoch sicherstellen, dass diese Systeme alle Erwerbstätigen einbeziehen, damit die gesamte Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter für die Zukunft spart. Dazu gehören Unternehmer, Selbständige und alle, die eine Einkommensunterstützung erhalten – beispielsweise während der Elternzeit oder aufgrund von Erwerbsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit.“

David Anderson, President International bei Mercer, fügt hinzu, es sei ein positiver Schritt sei, dass viele Regierungen angesichts der steigenden Lebenserwartung Rentenreformen in Angriff nähmen. „Die entwickelten Volkswirtschaften sind sich der demografischen Herausforderungen ihrer Rentensysteme seit geraumer Zeit bewusst. Es ist erfreulich, dass nun auch viele Regierungen in wirtschaftlich weniger entwickelten Staaten die gleichen Trends in ihrer eigenen Bevölkerung erkennen und Massnahmen ergreifen, um die Systeme langfristig nachhaltiger zu gestalten“, so Anderson.

„Die alternde Bevölkerung, die hohe Staatsverschuldung in einigen Ländern und der globale Wettbewerb um Steuersenkungen schränken die Fähigkeit einiger Länder ein, die Sicherheit des Alterseinkommens zu verbessern. Der MMGPI mit seinen einzigartigen Daten aus mittlerweile einem Jahrzehnt und die damit verbundene Forschung können Planern und Politikern wertvolle globale Vergleichsinformationen für ihren Weg in die Zukunft liefern“, erläutert Professor Deep Kapur, Direktor des Australian Centre for Financial Studies.


Melbourne Mercer Global Pensions Index 2018 (Grafik: obs/Mercer Deutschland)

Wie sieht die Zukunft aus?

Für einige Altersvorsorgesysteme ist der Weg zu langfristiger Nachhaltigkeit steiler als für als andere – je nachdem, wo sie gerade stehen. Dennoch kann jedes Land Massnahmen zur Verbesserung ergreifen. Auch wenn es nie ein perfektes System geben wird, lassen sich „Best Practice“-Prinzipien ableiten. Die Länder sollten darüber nachdenken, entsprechende politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um diese Prinzipien in die Tat umsetzen zu können.

Der Index wurde in diesem Jahr um Hongkong, Peru, Saudi-Arabien und Spanien erweitert. Insgesamt werden 34 Altersvorsorgesysteme anhand von mehr als 40 Indikatoren miteinander verglichen, um ihre Angemessenheit, Nachhaltigkeit und Integrität zu messen. Dieser Ansatz unterstreicht einen wichtigen Zweck des Index – den Vergleich verschiedener Systeme weltweit, die sich durch eine Reihe von Gestaltungsmerkmalen und ihre unterschiedlichen Kontexte und Kulturen auszeichnen.

Melbourne Mercer Global Pension Index nach Zahlen

Der diesjährige Index zeigt, dass viele nordwesteuropäische Länder bei der Entwicklung erstklassiger Altersvorsorgesysteme weltweit führend sind. Die Niederlande mit einem Gesamtergebnis von 80.3 schlugen Dänemark um 0.1 Punkte und landeten auf dem ersten Platz – den Dänemark zuvor sechs Jahre in Folge innehatte. Finnland verwies Australien (72.6) mit 74.5 auf den dritten und Schweden (72.5) auf den fünften Platz.

„Der Index ist eine wichtige Referenz für politische Entscheidungsträger auf der ganzen Welt, um von den angemessensten und nachhaltigsten Systemen zu lernen“, sagt Dr. Knox. „Wir wissen, dass es kein perfektes System gibt, das universell einsetzbar ist. Aber es gibt viele gemeinsame Merkmale, die für Verbesserungen genutzt werden können.“

Melbourne Mercer Global Pension Index – Ergebnisse des gesamten Indexwertes

Der Index verwendet drei Sub-Indices – Angemessenheit, Nachhaltigkeit und Integrität -, um jedes Altersvorsorgesystem anhand von über 40 Indikatoren zu messen. Die folgende Tabelle zeigt den Gesamtindexwert für jedes Land zusammen mit dem Wert für jeden der drei Sub-Indices[1]. Jeder Index-Wert repräsentiert einen Wert zwischen Null und 100.

Über den Melbourne Mercer Global Pension Index (Global Pension Index)

Der Melbourne Mercer Global Pension Index wird vom Australian Centre for Financial Studies (ACFS) in Zusammenarbeit mit Mercer und der Regierung des australischen Bundesstaates Victoria veröffentlicht, die den grössten Teil der Mittel bereitstellt. Finanzielle Unterstützung wurde auch vom Finnish Centre for Pensions gewährt.

  • Der Index wurde erstmalig im Jahr 2009 mit einem Ranking für 11 Länder erstellt. Im vergangenen Jahr wurden 30 Länder untersucht, 2018 umfasst der Index dank der Neuzugänge Hongkong, Peru, Saudi-Arabien und Spanien 34 Länder.
  • Jedes Land ist auf einer Skala von 0 bis 100 bewertet. Der Gesamtindex ist der gewichtete Durchschnittswert der drei Sub-Indices Angemessenheit, Nachhaltigkeit und Integrität.
  • Der Sub-Index Angemessenheit untersucht die derzeit gewährten Versorgungsleistungen und einige wichtige Gestaltungsmerkmale, wie beispielsweise Versorgungsniveau, steuerliche Anreize, Gestaltung der Altersversorgungsmodelle, Sparquote. Der Sub-Index Angemessenheit wird als wichtigster Index mit 40 Prozent gewichtet.
  • Der Sub-Index Nachhaltigkeit untersucht anhand mehrerer Indikatoren, ob das gegenwärtige System in Zukunft aufrechterhalten werden kann. Bei diesem Sub-Index spielen Faktoren wie zum Beispiel Rückdeckung, Finanzierung, Demografie und das von der Weltbank gemessene reale Wirtschaftswachstum eine Rolle. Dieser Sub-Index wird mit 35 Prozent gewichtet.
  • Der Sub-Index Integrität konzentriert sich auf den Bereich der Privatvorsorge und untersucht anhand verschiedener Indikatoren, wie „vertrauenswürdig“ und beständig das Vorsorgesystem ist. Hier spielen staatliche Aufsicht, Governance, Risikosteuerung und Kommunikation eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung. Die Gewichtung liegt bei 25 Prozent.

 

Quelle: Mercer
Titelbild: pikselstock – shutterstock.com

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