Der Weg des US-Dollars zeigt nur kurzfristig nach oben

Seit Mitte Februar ist der US-Dollar im Aufwind. Gegenüber dem Schweizer Franken hat er in dieser Zeit rund 8% zugelegt und erstmals seit dem letzten November wieder die Parität überschritten. Das heisst, ein Dollar kostet mehr als einen Franken.

Der Wert des Greenbacks befindet sich damit im oberen Bereich des Bandes von 0.95 Franken bis 1.02 Franken, in welchem er seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die SNB im Januar 2015 pendelt. Auch gegenüber dem Euro und dem Yen ist er in den letzten Wochen teurer geworden. Die handelsgewichtete Aufwertung des Dollars betrug seit Februar aber nur 3.5%. Nicht vergessen sollte man, dass der Dollar zum Euro immer noch 14% billiger ist als vor einem Jahr. Die Frage stellt sich nun, ob der Weg des Dollars auch in Zukunft nach oben zeigt.

Die Kursbewegungen des Dollars, auch gegenüber dem Franken, werden stark durch die Einschätzung des Euro im Devisenhandel geprägt. Die Schwäche des Greenback im letzten Jahr und der Sturz des Kurses zu Beginn dieses Jahres wurde durch die „Euro-Euphorie“ nach den Wahlsieg Emmanuel Macrons in Frankreich ausgelöst und getrieben.

Die Pläne Macrons zur Reformierung der EU und der Eurozone, kombiniert mit einer merklichen Beschleunigung des Wirtschaftswachstums in Europa, haben die Fantasie für eine restriktivere Geldpolitik der EZB geweckt. In der Folge wurde im Devisenmarkt im grossen Stil auf einen stärkeren Euro bzw. einen schwächeren Dollar gewettet. Die Zahl der spekulativen Positionen „Short Dollar/Long Euro“ im Futures-Markt ist auf den höchsten Stand seit der Einführung des Euro gestiegen. Im Schlepptau des Euro wurde der Dollar im letzten Jahr auch gegenüber dem Franken schwächer.

Grössere Zinsdifferenz Dollar-Euro

Mittlerweile hat sich die Europa-Euphorie etwas gelegt. Die Pläne Macrons für eine stärkere gemeinsame Finanzierung der Euroländer und für einen europäischen Finanzminister haben den Status einer Idee nicht überschritten und stossen vor allem in Deutschland auf Widerstand. Die Wirtschaft in der Eurozone läuft nach wie vor gut. Die Beschleunigung des Wachstums hat aber an Dynamik eingebüsst. Die EZB und Mario Draghi zögern mit der Anpassung ihrer Geldpolitik. Sie müssen zuerst ihr QE-Programm beenden, bevor in der EZB über höhere Zinsen diskutiert werden kann.

Die Stimmen mehren sich, die bezweifeln, dass die EZB überhaupt die Zinsen erhöhen wird oder kann, bevor sie durch die nächste wirtschaftliche Abschwächung eingeholt wird. Auf der anderen Seite erhöht die Fed in den USA ihre Leitzinsen graduell, aber konsequent. Die Zinsdifferenz zwischen dem Dollar und dem Euro nimmt zu und wird in den nächsten Monaten noch grösser werden. Dies wird zunehmend auch dem Devisenhandel wieder bewusst.

1.03 vorübergehend möglich

Der Dollar kann in den nächsten Wochen weiter an Wert zulegen, wenn die Spekulation über schnellere und stärkere Zinserhöhungen durch die Fed zum Thema wird. Unterstützt wird dieser Trend durch die erwähnte einseitige Positionierung der spekulativen Gelder gegen den Dollar. Diese Positionen werden aufgelöst, wenn sich die Spekulation nicht mehr auszahlt. Die Absetzbewegung aus dem Euro hat bereits begonnen, befindet sich aber noch in den Anfängen. Sollte sie an Fahrt zulegen, wird der Dollar nicht nur gegen den Euro stärker, sondern auch gegenüber dem Franken.

Ein Anstieg auf 1.02 bis 1.03 liegt in den nächsten Wochen drin.

Mittelfristig werden die fundamentalen Rahmenbedingungen wieder wichtiger, vor allem wenn sich eine zyklische Abschwächung der Weltwirtschaft am Horizont abzeichnen wird. Dann wird der Franken als sicherer Hafen wieder gesucht sein und sowohl zum Euro als auch zum Dollar teurer werden. Ein Wert des Dollars unter Parität mit einer Pendelbewegung zwischen 0.95 und 1.00 Franken wird deshalb im nächsten Jahr wieder zum normalen Zustand.

 

Titelbild: JIANG HONGYAN – shutterstock.com

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Mehr zu Dr. Thomas Stucki

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

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