Veränderungsexzellenz: Zukunftsfähig durch die Kraft zur Transformation

Das klassische Changemanagement hat seine Durchsetzungskraft verloren.

Disruption, Digitalisierung und Globalisierung haben eine Welt geschaffen, die sich jeden Tag neu erfindet und jeden Tag neue Herausforderungen stellt. Der vielerorts übliche Rhythmus von Change-Ruck, einer langen Phase der Ruhe und erneutem Change, wenn es fast schon zu spät ist, funktioniert nicht mehr und ist zur Gefahr geworden.

Je länger ein Unternehmen wartet, wichtige Veränderungen anzustossen, desto mehr riskiert es seine Wettbewerbsfähigkeit. Die Erfolgsunternehmen von morgen und ihre Menschen müssen in der Lage sein, sich täglich nicht nur anzupassen, sondern den Wandel aktiv zu gestalten.

Viele Unternehmen sind voll Selbstlob über ihre Change-Kompetenz: „Wir ziehen den Change durch, wenn er nötig wird. Und wir wissen auch, wie wir Bremser unter den Mitarbeitern dazu bewegen, mitzuziehen.“ Andere sind weniger überzeugt von sich: „Change ist eine nervliche und praktische Tortur für uns. Die wenigsten machen freiwillig mit, egal wie gut wir es begründen. Alle erklärten Ziele erreichen wir so gut wie nie.“

Warum der Wandel schwerfällt

Zwei unterschiedliche Einschätzungen, die Gleiches offenbaren: Change, so wie er heute gemacht wird, ist eine Zerreissprobe, die umso härter ausfällt, je länger man an einem einmal eingeschlagenen Weg festgehalten hat. Überholte Routinen haben sich verkrustet, die Mitarbeiter klammern sich an ihre Komfortzonen und ein blockierendes Sicherheitsbedürfnis macht jede Offenheit für das Neue zunichte.

Je länger die Geschäftsführung sich ins Gewohnte verbeisst, desto brutaler, erschreckender und beängstigender wird der Ruck empfunden und desto schwerer gelingt es, die Beschäftigten rational und emotional so abzuholen, dass sie den Wandel aktiv mit anpacken.

Will man Menschen in komplexen und dynamischen Zeiten für jederzeitige, wenn es angezeigt ist, sogar tägliche Veränderungsbereitschaft begeistern, muss man verstehen, woran schon heute viele Bemühungen um Wandel scheitern.

Die ausbremsenden Muster sind fast überall identisch:

  • Gelerntes Scheitern: Durch jede zähe oder misslingende Veränderung werden ungeeignete Mechanismen in der Organisation verankert, und emotional stellen sich hemmende Zweifel, Pessimismus und Vertrauensverlust ein.
  • Bremsende Legacy: Ehemals erfolgreiche Produkte werden jenseits ihres Zenits noch mit aller Kraft geschützt und das Neue als Feind des Bewährten bekämpft.
  • Arrogante Fehleinschätzungen: Fehleinschätzungen durch das Top-Management lösen falsche Entscheidungen aus. Zugleich unterdrückt der Brustton der Überzeugung, mit dem sie kommuniziert werden, jeden konstruktiven Widerspruch.
  • Vermiedene Entscheidungen: Innovationen und die nötigen Veränderungen brauchen schnelle und klare Entscheidungen. Stattdessen führen umständliche Prozesse, getrieben von Risiko-Aversion und Angst zu Stillstand und Verwässern.
  • Zugelassenes Aussitzen: Zuschauen und Aussitzen sind gängige Prinzipien in Unternehmen. Werden sie toleriert, sterben nötige Veränderungen den Tod der Halbherzigkeit.
  • Gewollte Gleichgültigkeit: Werden zu viele Veränderungen gleichzeitig gestartet, kannibalisieren sie sich, bis es fast gleichgültig ist, welche gelingen und welche nicht.

Tragen strategische Hemmnisse oder äussere Umstände die Verantwortung, wenn Unternehmen an gestrigen Produkten und Prozessen festhalten, obwohl sich die Märkte rasant ändern? Viele Unternehmer und Manager denken das – und irren darin. Die wahren Gründe bestehen in der Haltung der obersten Etage und einer Kultur, die den Wandel verweigern will: Wegsehen, aussitzen und trügerische Sicherheit schätzen sind typische Merkmale lethargischer Organisationen.

Auf die Emotionen kommt es an

Dass auch die Mitarbeiter Veränderungen scheuen, hat emotionale Gründe. Das Gehirn ist auf effiziente Routinen festgelegt, die es dem Organismus leichter machen und die schwer auszuhebeln sind. Menschen mit umtriebiger Vita fällt das Neue leichter als solchen, die sich immer im Stillstand wohlfühlen. Seine Organisation und sich selbst jederzeit verändern zu können, ist demnach auch eine Sache der Einübung. Diese setzt besonders zu Anfang den Willen voraus, in der Veränderung ebensolche Exzellenz zu erreichen wie in allen anderen Aufgaben der Organisation.

Um den Zusammenhang von Emotion und Handlungsimpuls zu sehen, genügt ein Blick auf Menschen, die abnehmen und zu diesem Zweck mehr Sport treiben wollen. Der Kopf sagt ja, aber ohne das Herz geht es kein Stück voran. Wie Mitarbeiter emotional beim Wandel mitgenommen werden, bestimmt über Sieg und Niederlage – gleich, wie logisch die Prämissen sind. Die meisten Unternehmen sind jedoch in der Ratio stärker als auf der Emotionsseite.



Wie die Grafik zeigt, bewegen sich solche Unternehmen in den beiden linken Quadranten, bestenfalls bei „Disziplin“, oft sogar bei „Starre“. Disziplin heisst, Dinge halbherzig, ohne besonderen Ansporn und Begeisterung zu tun. Für echten Schub müssen jedoch sowohl emotionale als auch rationale Zustimmung zu 100 Prozent gegeben sein.

Kohärenzgefühl: Wohlbefinden, Stimmigkeit und Sinnerfüllung

Somit ist es kein Wunder, dass eine Unmenge an Veränderungsvorhaben an den Emotionen scheitert – zumal verschiedene Lebenserfahrungen der Menschen sehr unterschiedliche Gefühlsreaktionen mit sich bringen. Statt sich auf Logik und rationales Erklären zu fokussieren, sollten Unternehmen konsequent positive Motivatoren verstärken und negative Antreiber entschärfen.

Medizinisch bezeichnet die Salutogenese die Entstehung und Erhaltung von Gesundheit im Sinne eines Zustands des Wohlbefindens, der Freude, Stimmigkeit und Sinnerfüllung. Dieses sogenannte Kohärenzgefühl fusst auf den drei Säulen Sinnhaftigkeit, Verstehbarkeit und Handhabbarkeit. Auf diese gilt es, zu setzen. Sinnvolle, verstehbare und handhabbare Ziele zeigen den Mitarbeitern lebendig, was sich für sie tatsächlich verändert, wie die Umsetzung funktioniert und was der Wandel dem Unternehmen bringt. Erhöht man auf diese Weise die emotionale Akzeptanz, gehen die Erfolge durch die Decke.

Wandel als tägliche strategische Fähigkeit

In veränderungsexzellenten Unternehmen geht die Veränderung ebenso routiniert von der Hand wie der Aufbau einer neuen Produktionslinie oder der Launch eines innovativen Produkts. Dafür ist es nötig, Chancen und Bedrohungen zugleich neugierig und gelassen am Horizont auszumachen, um das Gute zu realisieren und dem Gefährlichen vorzubeugen. Ohne echte Veränderungsfähigkeit als Teil der internen Kultur, wird die Organisation scheitern. Bei exzellenten Veränderern wird der Wandel zur virtuos beherrschten strategischen Qualität mit tiefer Vorausschau und täglichen Handlungsoptionen.

Veränderungsexzellenz heisst:

  • durch wiederholte Erfolge in Transformationsprogrammen Mitarbeiter und Führungskräfte davon zu überzeugen, dass Veränderungen richtig angepackt zielstrebig umsetzbar sind.
  • rechtzeitig loszulegen, um die Freiheit zu bewahren, selbstbestimmt, transparent und geordnet agieren zu können.
  • Transformationen auf ein handbares Mass mit klarem Nutzen zu begrenzen, um diese mit hoher Aufmerksamkeit und ausreichenden Ressourcen zum Erfolg zu führen.

Unternehmen, die in der Welt und den Märkten von morgen überleben wollen, müssen den Übergang vom „Change Business as usual“ zur Veränderungsexzellenz schaffen. Nur so können sie dauerhaft attraktiv und erfolgreich sein: für lukrative Kunden, verlässliche Qualitätspartner und begeisterte Mitarbeiter, die jeden Tag als Abenteuer begreifen – ohne Angst, immer neue Wege für den Erfolg zu gehen.

Buchinformation

Noch nie war Wandlungsfähigkeit für das Überleben von Unternehmen so wichtig wie heute. Durch Digitalisierung, Globalisierung und demographische Entwicklung verändern sich die Geschäftsmodelle vieler Branchen radikal. An 12 Fallstudien von Bosch, edding, IBM, KUKA, XING und anderen demonstriert Veränderungsexzellenz, wie es Marktführen heute gelingt, mit sich rapide verändernden Märkten Schritt zu halten und hohe Veränderungsexzellenz zu erreichen.

 

Titelbild: alphaspirit – shutterstock.com

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Mehr zu Dieter Lederer

Dr. Dieter Lederer ist Unternehmensberater, Organisationsentwickler und Veränderungsexperte mit einer Erfahrung aus mehr als 250 Veränderungsprojekten. Sein tiefes Wissen über Unternehmenstransformation vermittelt er zudem als vielgefragter Redner und Executive-Coach. Zu seinen Kunden zählen namhafte Konzerne, ambitionierte Mittelständler und preisgekrönte Startups.

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