Ausserordentliche Freizeit: Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer wissen sollten

Was bedeutet ausserordentliche Freizeit für Arbeitnehmer, aber auch für den Arbeitgebenden?

Und inwiefern ist dies im Gesetz verankert?

Ausgangslage

Dem Arbeitnehmer ist bei bestimmten Anlässen auch während der Arbeitszeit ausserordentliche Freizeit zu gewähren. Das Gesetz spricht von den „üblichen freien Stunden und Tage“ (Art. 329 Abs. 3 OR), ein Begriff der nicht unbedingt selbsterklärend ist. Nach dieser Bestimmung ist dem Arbeitnehmer innerhalb der Arbeitszeit die Freizeit einzuräumen, die für die Erledigung von dringenden persönlichen Angelegenheiten oder wichtigen Familienereignissen benötigt wird.

Unter die persönlichen Angelegenheiten fallen beispielsweise die Wahrnehmung eines Arzt- oder Gerichtstermins, ein Behördengang oder der Wohnungswechsel. Wichtige Familienanlässe, die zu ausserordentlicher Freizeit berechtigen, sind Hochzeiten naher Verwandter, die Geburt eigener Kinder sowie ein Todesfall in der engeren Familie. In der Praxis wird die Dauer der Freizeit, die aufgrund eines konkreten Anlasses gewährt wird, meist in einem Reglement, einem GAV oder im Einzelarbeitsvertrag konkretisiert.

Folgende bezahlte Absenzen sieht beispielsweise der Gesamtarbeitsvertrag für den Dienstleistungsbereich in der Region Basel, insbesondere für kaufmännische Angestellte vor:

Besonderer Anlass Dauer
Eigene Hochzeit / Eintragung der Partnerschaft 2 Tage
Hochzeit oder Eintragung der Partnerschaft von Familienangehörigen (Eltern, Geschwister, eigene Kinder, Enkelkinder) 1 Tag
Niederkunft der Lebenspartnerin 1 Tag
Betreuung bzw. Organisation der Betreuung kranker Kinder bis 3 Tage
Tod des Lebenspartners, von Kindern, Eltern sowie anderen mit dem betreffenden Angestellten im gleichen Haushalt lebenden nahen Verwandten vom Todestag bis zur Bestattung bis 3 Tage
Tod von übrigen Verwandten oder nahen Bekannten, Teilnahme an der Bestattung bis 1 Tag
Militärische Rekrutierung erforderliche Zeit
Militärische Inspektion und Entlassung aus der Wehrpflicht bis 1 Tag
Wohnungswechsel bei eigenem Haushalt 1 Tag
Höhere Fachprüfungen, öffentliche oder staatlich subventionierte Schulexamen bis 6 Tage

Lohnzahlung für die ausserordentliche Freizeit

Das Gesetz selbst regelt die Bezahlung dieser ausserordentlichen Freizeit nicht. Aus der Übung ergibt sich aber, dass den Beschäftigten im Monatslohn in der Regel kein Abzug gemacht wird, resp. die ausserordentliche Freizeit als Arbeitszeit gilt. Bei diesen Angestellten stellt sich vielmehr die Frage, ob Kurzabsenzen wie Arzt- oder Zahnarzttermine nicht in der Freizeit erledigt werden können. Es besteht kein Anspruch auf ausserordentliche Freizeit, wenn es dem Arbeitnehmer zuzumuten ist, die betreffende Verrichtung zu unterlassen oder in die Freizeit zu verlegen.

Bei Firmen mit fixen Arbeitszeiten, neben denen sich die Wahrnehmung eines Termins schwierig gestaltet, gilt die für den Termin benötigte Zeit in der Regel als bezahlte Absenz und muss nicht durch zusätzliche Arbeit kompensiert werden. Aufgrund der Treuepflicht des Arbeitnehmers hat dieser die Termine aber so zu legen, dass sie den Betrieb und den Arbeitsablauf möglichst wenig stören. Dementsprechend kann sich ein Gleitzeitsystem auch zum „Nachteil“ des Arbeitnehmers auswirken, weil solche Termine in die Freizeit verlegt werden können bzw. müssen.

Bei Firmen mit moderaten Blockzeiten kann der Arbeitgeber die ausserordentliche Freizeit zurückhaltender gewähren und vorschreiben, dass Kurzabsenzen wenn immer möglich in die ordentliche Freizeit verlegt werden. Dasselbe gilt für Teilzeitangestellte, von denen verlangt werden kann, solche Termine möglichst ausserhalb der Arbeitszeit wahrzunehmen. Anders sieht es hingegen bei akuten Beschwerden aus. Diese sind auf jeden Fall von der Lohnfortzahlungspflicht gem. Art. 324a OR erfasst, d.h. die Zeit, während der der Arbeitnehmer an der Arbeitsleistung verhindert ist, gilt als Arbeitszeit.

Betreuung kranker Kinder

Arbeitnehmenden mit Familienpflichten hat der Arbeitgeber gegen Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses die zur Betreuung kranker Kinder (bis 15 Jahre) erforderliche Zeit, im Umfang bis zu drei Tagen zu gewähren (Art. 36 Abs. 3 ArG). Diese Absenz von bis zu drei Tagen versteht sich pro Krankheitsfall. Durch diese Bestimmung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die kurzfristige Sicherstellung der Betreuung eines kranken Kindes für Alleinerziehende und Berufstätige schwierig ist. Die Entlöhnung dieser Absenz ergibt sich nicht aus dem genannten Artikel sondern aus Art. 324a OR, der unter anderem die Lohnfortzahlung bei Verhinderung des Arbeitnehmers an der Arbeitsleistung aufgrund einer gesetzlichen Pflicht vorsieht. Bei der Pflege des Kindes durch die Eltern handelt es sich um eine gesetzliche Pflicht, die das Familienrecht vorschreibt (elterliche Fürsorgepflicht).

Zeit zur Stellensuche

Dem Arbeitnehmer ist nach erfolgter Kündigung die für das Suchen einer anderen Arbeitsstelle erforderliche Zeit zu gewähren (Art. 329 Abs. 3 OR). Damit ist insbesondere die Zeit für die Wahrnehmung von Bewerbungsgesprächen gemeint. Als üblich gilt ein freier Halbtag pro Woche, der Bedarf kann sich aber bei kurzen Kündigungsfristen oder bei schwierigen Situationen auf dem Arbeitsmarkt, beispielsweise wegen des Berufes oder dem Alter des Stellensuchenden, stark erhöhen.

Bezüglich der zu gewährenden freien Zeit spielt es keine Rolle, wer gekündigt hat. Die Termine für die Vorstellungsgespräche sind mit dem Arbeitgeber abzusprechen und nur die effektiv dafür benötigte Zeit ist dem Arbeitnehmer freizugeben. Umstritten ist wiederum die Frage, ob es sich bei der benötigten Zeit um eine bezahlte Absenz handelt. Der Gesetzgeber hat auch hier keine Lohnzahlungspflicht vorgeschrieben. Falls sich die Absenzen aber in einem vertretbaren Rahmen bewegen, wird Angestellten im Monatslohn in der Regel kein Lohnabzug gemacht.

Feiertage

Auch Feiertage werden als übliche freie Tage bezeichnet und stützen sich auf Art. 329 Abs. 3 OR. Die Kantone dürfen neben dem 1. August, der den einzigen eidgenössischen Feiertag darstellt, acht weitere Feiertage den Sonntagen gleichstellen (Art. 20a ArG). Demnach ist es von Kanton zu Kanton unterschiedlich, welche Feiertage gesetzlich anerkannt sind. An diesen Feiertagen darf grundsätzlich (wie an einem Sonntag) nicht gearbeitet werden und die ausgefallene Arbeitszeit ist nicht nachzuholen. Bei Arbeitnehmenden im Monatslohn sind die Feiertage bezahlt, bei Angestellten im Stundenlohn besteht mit Ausnahme des 1. August kein gesetzlicher Anspruch auf Feiertagsentschädigung. Wenn ein Feiertag auf einen arbeitsfreien Tag fällt, gibt es kein Recht auf Nachbezug. Dies gilt auch für Teilzeitarbeitende mit fixen Arbeitszeiten. Bei unregelmässig beschäftigten Arbeitnehmern fügen einige Arbeitgeber eine spezielle Entschädigung für die Gesamtheit der Feiertage zum Lohn hinzu (zwischen zwei und drei Prozent), womit die Feiertage abgegolten werden.

Die kantonalen Feiertage sind vorwiegend auf die christliche Tradition abgestützt. Um Arbeitnehmer anderen Glaubens nicht zu diskriminieren, wird Ihnen das Recht eingeräumt, an anderen als an den von den Kantonen anerkannten Feiertagen frei zu nehmen, wenn dies dem Arbeitgeber spätestens drei Tage vorher angezeigt wird (Art. 20a Abs. 2 ArG).

Fazit

Der Arbeitgeberverband Basel empfiehlt in einem Reglement, im Einzel- oder in einem Gesamtarbeitsvertrag eine klare Regelung bezüglich der Dauer der gewährten Freizeit aufgrund bestimmter Anlässe vorzusehen. Bei Angestellten im Monatslohn gilt diese ausserordentliche Freizeit in der Regel als bezahlte Absenz. Von Teilzeitarbeitenden und Angestellten mit gleitenden Arbeitszeiten kann aber verlangt werden, planbare Kurzabsenzen wenn immer möglich in die Freizeit zu verlegen. Für die Betreuung kranker Kinder stehen Arbeitnehmenden mit Familienpflichten pro Kind und pro Krankheitsfall für die Betreuung bzw. Organisation der Betreuung bis zu drei bezahlte Tage zur Verfügung. Auch die kantonal festgelegten Feiertage gelten als übliche freie Tage, die bei Angestellten im Monatslohn bezahlt sind.

 

Quelle: artax Fide Consult AG / www.artax.ch
Titelbild: Pressmaster – shutterstock.com

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Mehr zu Daniela Beck

Daniela Beck ist Rechtsanwältin beim Arbeitgeberverband Basel und ist Beraterin bei Rechtsfragen zum Arbeitsrecht und Sozialversicherungen.

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