Neues MWST-Gesetz ab 2018 - Gehören auch Sie zu den Steuerpflichtigen?

Auf den 1. Januar 2018 tritt die Teilrevision des MWST-Gesetzes in Kraft. Während viele der vorgenommenen Anpassungen punktuell sind und sich wohl nur auf vereinzelte Steuerpflichtige auswirken, gilt das für ausländische Unternehmen nicht: Hier gibt es einige grundsätzliche Änderungen, und es ist damit zu rechnen, dass rund 30’000 ausländische Firmen neu in der Schweiz MWST-pflichtig werden.

Damit Sie abschätzen können, ob in Ihrem Unternehmen Handlungsbedarf besteht, stellen wir hier die wesentlichsten Punkte zusammen.

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Kriterien für die Steuerpflicht in der Schweiz

Bisher wurde die Frage, wer sich in der Schweiz für die MWST anmelden muss, aus einer rein inländischen Sicht betrachtet. Man schaute sich die in der Schweiz erzielten Umsätze an (genauer: die Umsätze, deren Leistungsort nach den MWST-Vorschriften als in der Schweiz gilt, was nicht immer ganz trivial ist), und sofern dieser schweizerische Umsatz unter dem Freibetrag von CHF 100’000 lag, musste sich das ausländische Unternehmen nicht registrieren. Allfällige Millionen- oder gar Milliardenumsätze in dessen Heimatland oder in anderen Ländern waren nicht von Bedeutung. So gab es bisher nur wenige Fälle, in denen sich ausländische Firmen in der Schweiz anmelden mussten – meist hat sich stattdessen der Zoll (Einfuhrumsatzsteuer) oder der Kunde in der Schweiz (Bezugsteuer) um die MWST gekümmert.

Dies führte einerseits zu gewissen Wettbewerbsverzerrungen, weil beispielsweise ausländische Bauhandwerker aus dem grenznahen Raum noch ein paar Schweizer Kunden mitbedienen konnten und, weil sie ihre Schweizer Umsätze knapp unter CHF 100’000 hielten, ganz um die MWST herumkamen. Anderseits gibt es in der EU seit ein paar Jahren die Entwicklung, verstärkt auch ausländische Unternehmen der MWST-Pflicht in der EU zu unterstellen. Als Beispiel sind Internet-Dienstleistungen und Softwaredownloads zu nennen, bei denen sich schweizerische Anbieter schon länger in der EU registrieren und in bis zu 28 Ländern MWST abrechnen müssen, wenn sie auch Kunden in der EU haben. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich die Schweiz hier revanchieren möchte.

Ab 2018 richtet sich die Frage, ob in der Schweiz MWST-Pflicht entsteht, nach dem weltweit erzielten steuerpflichtigen Umsatz: Wer also weltweit über der Freigrenze von CHF 100’000 liegt, ist grundsätzlich in der Schweiz MWST-pflichtig und muss sich schon beim ersten Franken Schweizer Umsatz anmelden und die MWST abrechnen. Das ist eine völlige Kehrtwende von der alten Sicht.

Welche ausländischen Unternehmen sind wie betroffen?

Im Folgenden zeigen wir für ein paar typische Kategorien auf, was sich ab 2018 ändern wird. Damit können Sie sich einen Überblick verschaffen, wie weit Ihr Unternehmen betroffen ist. Letztlich muss eine Beurteilung aber natürlich im Einzelfall vorgenommen werden.

Bauunternehmen und Bauhandwerker 

Bisher bestand nur eine Registrierungspflicht, wenn ein Bauunternehmen mehr als CHF 100’000 Umsatz mit schweizerischen Aufträgen erzielt hat, was sich im KMU-Bereich durchaus vermeiden liess. Unter dieser Freigrenze war zu unterscheiden, ob Material aus dem Ausland mitgebracht wurde oder nicht: Im ersten Fall musste der Wert des Materials plus der erbrachten Dienstleistungen (die die Schweiz als Teil der Lieferung versteht) beim Zoll deklariert werden. Im zweiten Fall schuldete der Empfänger die sogenannte Bezugsteuer, wobei Privatpersonen erst ab CHF 10’000 Bezügen pro Jahr überhaupt abrechnen mussten. Beides funktionierte in der Praxis mehr schlecht als recht, so dass wohl viele solcher Leistungen unversteuert blieben.

Neu besteht für alle Bauunternehmen mit mehr als CHF 100’000 Jahresumsatz (weltweit) eine Registrierungspflicht in der Schweiz ab dem ersten Franken Umsatz. Im Gegenzug kann das benötigte Material in eigenem Namen importiert werden, so dass das ausländische Bauunternehmen die am Zoll bezahlte Einfuhrumsatzsteuer gleich selber wieder zurückfordern kann und sein Kunde damit nichts zu tun hat. Dieser erhält eine Rechnung über alles mit 8% MWST, genauso wie das auch ein schweizerisches Bauunternehmen abrechnen würde.

„Dienstleistungen“, die die Schweiz als Lieferung betrachtet

Die Schweiz kennt – anders als die EU – die Eigenart, dass man das Einwirken auf einen Gegenstand als Lieferung und nicht als Dienstleistung betrachtet. Dazu gehören Montagen, Reparaturarbeiten vor Ort und auch Reinigungsarbeiten. Da hier oft keine Waren mitgebracht werden, kann der Zoll keine Steuer erheben. Bisher gilt hier – wie bei den Bauleistungen beschreiben – die Bezugsteuer mit dem hohen Freibetrag für Private und einer noch höheren Dunkelziffer, weil niemand wirklich wusste was zu tun ist und die Behörden bei Verstössen auch kaum etwas mitbekommen haben.

Neu besteht für das ausländische Unternehmen Registrierungspflicht in der Schweiz, sobald der weltweite Umsatz über CHF 100’000 liegt und auch nur ein einziger noch so kleiner Auftrag in der Schweiz ausgeführt wird.

„Richtige“ Dienstleistungen nach dem Empfängerortsprinzip

Dienstleistungen, die nicht auf einen Gegenstand einwirken, sondern mehr geistiger Natur sind, also zum Beispiel Werbung, Treuhand, Steuer- und Rechtsberatung, aber auch Informatikdienstleistungen, werden auch in der Schweiz als Dienstleistung betrachtet und unterstehen in der Regel dem sogenannten Empfängerortsprinzip. Das bedeutet, dass die Dienstleistung als dort erbracht gilt, wo der Empfänger seinen Sitz hat. Der deutsche Anwalt, der in Deutschland einen Schweizer Kunden vor einem deutschen Gericht vertritt, hat also – sowohl aus Sicht der EU als auch aus Sicht der Schweiz – eine Leistung mit Ort Schweiz erbracht.

Bisher bestand keine Registrierungspflicht in der Schweiz, und das wird in diesem Fall auch ab 2018 so bleiben. Weiterhin muss der Empfänger die schweizerische MWST als Bezugsteuer abführen, und zwar steuerpflichtige Unternehmen ab dem ersten Franken (aber meist mit vollem Vorsteuerabzug und somit harmlos) und Private über dem jährlichen Freibetrag von CHF 10’000 Auslandbezügen.

Sonderfall Telekommunikations- und elektronische Dienstleistungen

Bei den Dienstleistungen gilt allerdings „keine Regel ohne Ausnahme“: Ausländische Unternehmen, die Telekommunikations- und elektronische Dienstleistungen an Privatpersonen und nicht steuerpflichtige Unternehmen in der Schweiz erbringen, müssen sich ab 2018 in der Schweiz registrieren und ihre Leistungen mit schweizerischer MWST abrechnen. Darunter fallen etwa Softwaredownloads, Internetdienstleistungen und elektronische Publikationen.

Damit führt die Schweiz hier dieselbe Regel ein, die die EU schon länger kennt – wir behandeln also ab 2018 EU-Anbieter gleich, wie die EU schweizerische und andere Anbieter schon lange behandelt.

Warenexport in die Schweiz

Auch für ausländische Unternehmen, die Waren in die Schweiz exportieren, ändert sich im Grundsatz nichts: Weiterhin sind die Waren korrekt beim Zoll anzumelden, der Zoll erhebt neben den Zollabgaben auch die MWST als Einfuhrumsatzsteuer und stellt sie via Spediteur dem Empfänger in Rechnung, und der steuerpflichtige Empfänger kann ggf. diese Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen. Dies gilt jedenfalls im Grosshandel zwischen Unternehmen, und im Handel mit Privatpersonen, sofern der Zoll die MWST auch tatsächlich erhebt. Allerdings wird es hier bald eine gewichtige Ausnahme geben:

Sonderfall Kleinsendungen im Versandhandel

Als Vereinfachung verzichtet der Zoll nämlich auf die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer, wenn diese weniger als CHF 5 beträgt. Bei den heutigen Steuersätzen ist das bis zu einem Warenwert von CHF 62.50 (bei 8%) bzw. CHF 200 (bei 2.5%) der Fall. Statt der aufwendigen Zollveranlagung bekommt das Paket einen grünen Kleber „abgabefrei“, und die Sache ist erledigt. Daraus ist in den letzten Jahren ein florierender Handel mit solchen Kleinsendungen entstanden, und es gibt ausländische Versandhändler, die grössere Bestellungen bewusst auf mehrere Pakete verteilen, die jeweils unterhalb der Grenze liegen und somit völlig steuerfrei importiert werden können. Auch diese Wettbewerbsverzerrung fällt mit dem neuen MWSTG dahin. Da man sich der aufwendigen Umstellung bewusst ist, gilt diese Neuregelung allerdings erst ab 1. Januar 2019.

Ab dann müssen sich ausländische Unternehmen, die von der Einfuhrumsatzsteuer befreite Kleinsendungen über mindestens CHF 100’000 pro Jahr in die Schweiz liefern, zwingend in der Schweiz registrieren, die Waren in eigenem Namen importieren und gegenüber ihren Kunden mit Schweizer MWST in Rechnung stellen.

Bereits heute ist das auf freiwilliger Basis möglich, um Ihren schweizerischen Kunden den Umgang mit dem Zoll und die hohen Bearbeitungsgebühren der Postverzollung (die per Nachnahme vom Kunden erhoben werden) zu ersparen. artax bietet hierfür umfassende Lösungen an und betreut einige der grössten europäischen Versandhändler auf diesem Gebiet. Falls Sie den Schritt der Schweizer MWST-Registrierung entweder freiwillig vornehmen oder aufgrund der Gesetzesänderung ab 2019 dazu verpflichtet sind, können wir Sie dabei gerne unterstützen.

Was ändert sich 2018 sonst noch?

Neben dieser grossen Änderung bei der Frage der Steuerpflicht gibt es im revidierten Gesetz noch einige punktuelle Änderungen, die von weniger genereller Tragweite sind, aber im Einzelfall doch auch grosse Auswirkungen haben können. Einige davon sind hier beispielhaft aufgeführt:

  • Komplette Neuregelung, wann Gemeinwesen MWST-pflichtig werden
  • Wiedereinführung der 2010 abgeschafften Margenbesteuerung
  • Abschaffung des fiktiven Vorsteuerabzugs für gewisse Leistungen, Ausdehnung des fiktiven Vorsteuerabzugs auf gewisse andere Leistungen
  • Die freiwillige Versteuerung ausgenommener Umsätze (Option) ist neu auch ohne Ausweis der Steuer möglich
  • Der reduzierte Steuersatz von 2.5% gilt neu auch für Online-Ausgaben von Zeitschriften und Büchern
  • Gegenleistungen für Spenden sind nicht mehr steuerrelevant, wenn die Gönner informiert werden, dass sie keinen Anspruch darauf haben (das dürfte vor allem die Rega betreffen, die nun wohl aus steuerlichen Gründen vor jeder Rettung abklären muss, ob sie gerade Freude am Fliegen hat).

Und dann vielleicht noch eine Steuersenkung – vielleicht aber auch nicht! 

Auf den 1. Januar 2018 könnte es zudem zu einer Senkung der Steuersätze kommen: Auf diesen Zeitpunkt läuft die befristete IV-Zusatzfinanzierung aus der MWST aus (-0.4% auf den Normalsatz), dafür tritt die Steuererhöhung zur Finanzierung der Bahn aus der FABI-Vorlage in Kraft (+0.1%), und falls die Reform der Altersvorsorge am 26. September vom Volk angenommen wird, tritt auch hier die erste Stufe der Steuererhöhung in Kraft (+0.3%, die zweite soll 2021 folgen). Zusammen genommen hat der Gesetzgeber die drei Änderungen so gestaltet, dass die Steuersätze 2018 erst mal unverändert bleiben.

Falls jedoch der Souverän die Reform der Altersvorsorge ablehnt, kommt es auf den 1. Januar 2018 zwingend zu einer Senkung der MWST-Sätze, da ab dann keine Verfassungsgrundlage mehr besteht, um weiterhin 8% zu erheben. Den Unternehmen bleiben in diesem Fall nur drei Monate Vorlaufzeit, um die Anpassung umzusetzen, ihre EDV-Systeme umzustellen, ggf. die Kunden zu informieren, und wo nötig Nachkorrekturen bereits gestellter (z.B. periodischer) Rechnungen zu organisieren. Das ist für eine solche Umstellung mehr als nur knapp. Wir gehen aktuell davon aus, dass die Regeln für die Umstellung gleich oder ähnlich wie bei der letzten Steuersatzerhöhung 2011 sein könnten. Auf jeden Fall  werden wir die Sache im Auge behalten und, sollte das Volk die Reform der Altersvorsorge ablehnen und entsprechend Handlungsbedarf bei der MWST entstehen, kurzfristig über diesen Newsletter informieren.

 

Quelle: artax Fide Consult AG
Artikelbild: Symbolbild © wutzkohphoto – shutterstock.com

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