EZB-Anleihekäufe: Kommt bald das Tapering?

Im kommenden März soll das Anleihe-Aufkaufprogramm der EZB auslaufen. Derzeit erwirbt die Zentralbank im Rahmen des Programms jeden Monat Papiere im Wert von 80 Mrd. Euro vom Markt. Obwohl es bis zum März noch einige Monate hin sind, stellen sich viele Marktakteure schon heute die Frage, wie es weitergeht.

Wird das Programm verlängert? Wird es langsam reduziert oder gar gestoppt? Das Stichwort „Tapering“ geistert an den Finanzmärkten herum. Damit wird eine allmähliche Reduktion expansiver Geldpolitik bezeichnet. Dazu im Folgenden Dr. Thomas Stucki, CIO der St. Galler Kantonalbank.

Fed-Chef Bernanke hat es vorgemacht

Wir erinnern uns: Im Frühjahr 2013 hat der damalige Fed-Präsident Bernanke verlauten lassen, dass die Fed ihr Programm zum Kauf von US-Treasuries reduzieren könnte. Das Tapering war geboren und hat die Rendite für den 10-jährigen US-Treasury innert eines Monats um 1.2% nach oben schnellen lassen. Dies hat auch die Zinsen in Europa und in der Schweiz mitgerissen.

Die Rendite der 10-jährigen Eidgenossen-Anleihe stieg 0.6% auf – aus heutiger Sicht – hohe 1.20%. Die Aktienmärkte haben ebenfalls reagiert. Während der S&P 500 ,nur‘ 6% verlor, sanken die Kurse in der Schweiz um satte 13%. Kann das gleiche wieder passieren, wenn die EZB ein Tapering ihres Programms bekannt gibt?



Einmal muss das Ende kommen

Die EZB drückt mit ihren Käufen die Renditen der europäischen Obligationen nach unten. Wenn ihre Nachfrage nach Obligationen wegfällt, wird kurzfristig die Angst vor höheren Zinsen die Finanzmärkte erfassen und zu einem Renditesprung nach oben führen. Das Ausmass wird aber nicht vergleichbar sein mit 2013. Bernanke hatte die Märkte aus dem Nichts heraus überrascht.

Bei der EZB weiss man, dass die Kürzungen einmal kommen werden. Als die Fed im Dezember 2013 dann effektiv mit dem Kürzen ihres Programms begann, konnten die Finanzmärkte damit umgehen. Auch in der Eurozone werden sich die Märkte an weniger oder gar kein zusätzliches EZB-Geld gewöhnen. Aber im ersten Moment wird die Reaktion kommen. Das wird auch in der Schweiz kurzfristig zu einem Anstieg der Zinsen führen.

Keine schnelle Entscheidung zu erwarten

Am nächsten Donnerstag wird die EZB noch kein Tapering bekannt geben. Sie wird die nächsten Monate abwarten, bevor sie die Frage der Weiterführung ihres Kaufprogramms beantwortet. Das ist auch richtig so. Die EZB darf sich von den Finanzmärkten, die lieber heute als morgen eine Antwort auf ihre Fragen haben, in ihrem Entscheidungsprozess nicht unter Druck setzen lassen.

Der Ausgang der Wahlen in den USA oder des Referendums in Italien über die Reform des Senats sind potenzielle Unruheherde. Wichtig wird auch sein, ob die Fed im Dezember die Zinsen in den USA anheben wird. Ein solcher Schritt würde den Spielraum für die EZB erhöhen, ihre Geldpolitik leicht restriktiver zu gestalten.

 

Artikel von: St. Galler Kantonalbank AG
Artikelbild: Tobias Arhelger – shutterstock.com

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