Auch Sterne können lügen

Kundenbewertungen von Produkten oder Dienstleistungen, sein es nun Elektrogeräte, Bücher, Hotels oder Versandapotheken sind ein wichtiges Marketinginstrument. Doch kann man diesen Rankings trauen oder sind sie manipuliert, um bestimmte Erzeugnisse ganz vorn in den Ranglisten zu positionieren?

Experten gehen davon aus, dass ungefähr ein Viertel aller Produktbewertungen auf die eine oder andere Weise manipuliert wurde. Worauf sollte man achten, wenn man sich an den Rezensionen orientieren will, ohne von falschen Versprechungen getäuscht zu werden.

Für fast alle Onlineplattformen, die etwas verkaufen wollen, sind positive Bewertungen von Nutzern massgeblich für den Geschäftserfolg. Potenzielle Käufer wollen sich an den Erfahrungen vorheriger Nutzer orientieren, ein besonders gutes Produkt erwerben und mögliche Fallen umgehen. Das wissen auch die Unternehmen und nutzen diese Möglichkeit aktiv und professionell.

Eigentlich sind Kundenbewertungen sinnvoll und ergänzen die Publikationen der verschiedenen Verbraucherschutzorganisationen, die sich auf Untersuchungen von Konsumgütern und Dienstleistungen spezialisiert haben. Doch nicht immer kann man sich darauf verlassen, was in einigen Portalen als Beurteilung von Privatpersonen veröffentlicht wird.

Auch der Internethändler Amazon macht sich das zunutze. Dort können auch Besucher Bewertungen für Dinge abgeben, die sie nicht einmal bei Amazon erworben haben. So sammeln sich eine Vielzahl von Rezensionen an, die dann auch untereinander verglichen und als „hilfreich“ beurteilt werden können. Und die besonders erfolgreichen Autoren finden sich selbst in einer Favoritenliste wieder. Ein schöner Anreiz, um immer mehr Produkte zu beschreiben. Denn bewertete Artikel verkaufen sich um ein Vielfaches besser als solche, die bisher ohne Rezension geblieben sind. Wenn es noch weitere positive Bewertungen gibt, ist der Verkaufserfolg garantiert.

Bezahlte Rezensionen und wie man sie von echten unterscheiden kann

In den Rezensionsrichtlinien von Amazon wird darauf hingewiesen, dass Bewertungen von Herstellern nicht erwünscht sind und deshalb nicht veröffentlicht werden. Eigentlich sind auch solche Rezensionen verboten, die von Autoren geschrieben wurden, die dafür ein Honorar erhalten. Das können sowohl positive Besprechungen von Produkten des Auftraggebers sein als auch solche, die Konkurrenzartikel bewusst schlechtmachen. Dabei wird dann gezielt so getan, als ob die Besprechung von einer unabhängigen Privatperson stammt. Es kommen Schreibfehler vor und auch kleinere Macken werden erwähnt, um den Artikel nur nicht zu positiv aussehen zu lassen. Denn Bewertungen, die die Höchstzahl von fünf Sternen vergeben, sind weniger glaubwürdig als solche mit vier oder viereinhalb Sternen, und diese höchstbewerteten Produkte lassen sich offensichtlich nicht so gut an den Mann oder die Frau bringen wie die mit einem oder einem halben Stern weniger.


Auch der Internethändler Amazon macht sich das zunutze. (Bild: © gpointstudio – shutterstock.com)

Es ist nicht immer leicht, echte von gefakten Besprechungen zu unterscheiden. Ein guter Hinweis auf einen professionellen Schreiber ist die Anzahl der Rezensionen, die er in der letzten Zeit verfasst hat. Sind es mehrere am Tag oder Dutzende im Monat ist wohl etwas faul und die Bewertungen entstammen nicht den eigenen Erfahrungen mit dem Artikel. Die bewerteten Gegenstände sollten auch nicht aus nur einer Warengruppe stammen. Wer kauft schon zehn Fernseher in einem Monat und prüft sie so eingehend, dass er sich eine Meinung über die Funktionalität bilden kann. Wenn sich die Bewertung eher wie ein Text aus einem Werbeprospekt anhört und viele Details genannt werden, die ein normaler Nutzer meist nicht kennt, sollte man vorsichtig sein.

Amazon ist das Problem bewusst und versucht gegen bezahlte Besprechungen dadurch anzugehen, dass Rezensionen besonders markiert werden, die von Käufern stammen, die den besprochenen Artikel selbst im Onlineshop erworben haben. Allerdings fördert Amazon auch das Besprechungsunwesen, indem erfolgreiche Rezensenten mit vielen „hilfreichen“ Artikeln in der Rangliste ganz nach oben wandern. Dieser Spitzenplatz kann bedeuten, dass der Autor Gratismuster von der Industrie oder sogar von Amazon selbst erhält, die er dann wieder besprechen soll. So kommt es auch immer wieder dazu, dass Besprechungen von Konkurrenzautoren als „nicht hilfreich“ markiert werden, um selbst in der Rangfolge weiter nach oben zu kommen. Es gibt also eine Menge Hebel, an denen gedreht werden kann, um Bewertungen entsprechend den Anforderungen von Herstellern und Verkäufern ausfallen zu lassen.

Auch andere Händler locken mit kleinen Geschenken, wenn der Käufer, nachdem er etwas bestellt und gekauft hat, eine Bewertung zum erworbenen Produkt abgibt. Die Objektivität der Rezension ist dann allerdings auch zweifelhaft, da das kleine Dankeschön, ein Gutschein für den nächsten Einkauf oder ein billiges Gadget aus dem Angebot, den positiven Einfluss nicht verfehlt.

Die Verbraucher sind sich dieser Beeinflussungen nur in den seltensten Fällen bewusst und vertrauen meist immer noch den vergebenen Sternen. Auch wenn Verkaufsportale diese Täuschungen erkannt haben, unternehmen sie doch wenig dagegen. Es werden auch schon mal schlechte Bewertungen oder Hinweise auf offensichtlich bezahlte Rezensionen gelöscht, um die Kunden beim Shoppen nicht zu verunsichern. Und wenn die Besprechung ganz besonders vernichtend ist, meldet sich die Rechtsabteilung des Herstellers und fordert die Plattform oder den Rezensenten auf, den Text zu löschen. Einen möglichen Rechtsstreit mit einer grossen Firma geht wohl jeder gern aus dem Weg und fügt sich den Anweisungen.



Es bleibt also wie so oft nur der gesunde Menschenverstand und eine gewisse Vorsicht vor allzu sehr jubelnden Rezensionen, wenn man sich über ein Produkt oder die Dienstleistung einer Firma informieren möchte. Fragen Sie auch mal Ihre analogen Freunde und Bekannten, welche Erfahrungen sie gemacht haben. Deren Urteilsvermögen können Sie meist trauen.

 

Oberstes Bild: © Imilian – shutterstock.com

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