Der chinesische Massenmarkt als Premium-Investitionsziel

Schon der blosse Gedanke an China, das Reich der Mitte, das Wunderland der Weltwirtschaft, beschert vielen Managern feuchte Hände.

Kein Wunder, schliesslich bietet die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt Moneten, Macht und Magie. Auch wenn inzwischen das Hyperwachstum eher ein Relikt aus vergangenen Tagen ist, die Anziehungskraft neuer Märkte und Möglichkeiten ist nach wie vor nahezu ungebrochen. Hier werden Erfolgsgeschichten geschrieben …

Das hat auch Begehrlichkeiten bei den Schweizer Firmen geweckt. Inzwischen haben sich bereits Hunderte eidgenössische Unternehmen im fernöstlichen Riesenreich niedergelassen. Obwohl sich die Konjunktur auch in China vergleichsweise abgekühlt präsentiert, kann dort immer noch ein jährliches Wachstum von stattlichen 7 % generiert werden. Die übrige Weltwirtschaft benötigt demgegenüber Anreize, wie auch die G20-Staatengruppe kürzlich erst avisiert hat. So versuchen denn auch immer mehr Schweizer Unternehmen, in China Fuss zu fassen und sich ein Stück vom Kuchen zu sichern. Nicht alle sind dabei aber auf die Tücken und Eigenarten des chinesischen Marktes eingestellt …

Das Reich der Mitte gilt immer noch als Wachstumstreiber und Schlüsselmarkt

Die Vorfreude ist dabei oftmals riesig; die Umsatz- und Gewinnerwartungen der Schweizer Firmen steigen in der Regel tatsächlich. Bei einer von China Europe International Business (CEIBS) diesbezüglich durchgeführten Umfrage unter 87 helvetischen Unternehmen sind gleich vier von fünf der befragten Manager sicher, dass sich das Chinageschäft auch zukünftig als profitabel erweist. Im Vergleich zum Vorjahr kalkulieren die Schweizer aktuell mit einem Gewinn-Plus von rund 5,6 %. 58 % der Manager bzw. der Befragten geraten angesichts dieser Erwartungen direkt ins Schwärmen und bezeichnen das Reich der Mitte als eines der Top-Drei-Investitionsziele in der Welt.

Teilweise nimmt der Hype um die Volksrepublik und die dargebotenen Geschäftsmöglichkeiten beinahe schon groteske Züge an. Vergessen werden darf nämlich keinesfalls, dass nunmehr nur noch von einem verlangsamten Wachstum in China gesprochen werden kann. Selbst das Wirtschaftszentrum Peking und die zugleich traditionelle und moderne Weltmetropole Schanghai spüren den ersten zaghaften Gegenwind. Zudem drängen immer mehr Firmen auf die chinesischen respektive fernöstlichen Märkte: Der Platz an den sprichwörtlichen Fleischtöpfen wird immer beengter. Im Gegensatz zu früheren Zeiten kann sich daher auch der Weg zum Erfolg auf dem hochgelobten chinesischen Markt nicht nur als langwierig, sondern auch als äusserst steinig erweisen. Nicht jedes China-Kapitel ist nämlich unabdingbar mit einer Erfolgsstory verbunden.


Das Reich der Mitte gilt immer noch als Wachstumstreiber und Schlüsselmarkt (Bild: © zhu difeng – shutterstock.com)

Ohne entsprechende Vorbereitung kann ein Engagement in China zum Bumerang werden

Und das ist nicht nur den sich nicht mehr so optimal darstellenden Gegebenheiten zuzuschreiben. Stattdessen sind die Probleme und Schwierigkeiten oftmals hausgemacht. Es scheint nämlich so, als würden die Unternehmen inzwischen nahezu überstürzt ihre Geschäfte Richtung China ausweiten. Karl-Heinz Hessenthaler, der als Chef des Dienstleistungsunternehmens Mittelstand International fungiert, schätzt in diesem Zusammenhang, dass nahezu 80 % der Firmen ihren dortigen Markteintritt nicht optimal vorbereiten. Der Mann sollte es wissen, schliesslich ist er bereits seit dem Jahr 1994 geschäftlich in China aktiv. „Die Unternehmen lassen sich immer noch von den Wachstumsraten blenden. Sie wollen schnell aktiv werden, erledigen ihre Hausarbeiten aber nicht und schlittern so in ein regelrechtes Abenteuer„, meint er.

Dabei ist es eben vor allem die Ungeduld, die wirtschaftliche Euphorie in der Volksrepublik endlich für das eigene Unternehmen zu nutzen, welche ebendiese Unternehmen zu einem voreiligen und oftmals auch nahezu blauäugigen Aufbruch in das Reich der Mitte animiert. Viele Unternehmen sind sich noch nicht einmal im Klaren darüber, ob das von Ihnen angebotene Produkt überhaupt auf dem chinesischen Markt gefragt ist. Viele würden dies einfach voraussetzen, bemängelt Hessenthaler.

Vor Ort mache sich dann die grosse Ernüchterung breit. Vor allem die lokale Konkurrenz dürfe nicht unterschätzt werden, da sich diese inzwischen meistens als absolut wettbewerbsfähig entpuppe. Dies lässt sich auch an den hohen Investitionen der Chinesen in internationale Immobilienprojekte erkennen.



Chinesische Unternehmen haben mächtig gegenüber der europäischen Konkurrenz aufgeholt

Urplötzlich finden sich die Schweizer und auch die anderen europäischen Unternehmen in einem Haifischbecken wieder und reiben sich verwundert die Augen. Hessenthaler empfiehlt den nachrückenden Unternehmen, dass sie vor dem Aufbruch gen Osten erst einmal eine aussagekräftige Marktstudie durchführen sollten. So könnten sie Angebot und Nachfrage im Hinblick auf ihr eigenes Produkt viel besser einschätzen. Zudem sollten sich Unternehmen, die erst jetzt mit einem geschäftlichen Engagement in China liebäugeln, klarmachen, dass der attraktive Massenmarkt dort mittlerweile grundsätzlich hart umkämpft ist. Das schnelle Geld ist in der Regel auch dort nicht mehr zu machen.

So war die Volksrepublik früher quasi ein reiner Produktionsmarkt, während es sich heutzutage um einen fast reinen Absatzmarkt handelt. Dabei sollten die schweizerischen bzw. europäischen Firmen keineswegs unterschätzen, dass die chinesischen Hersteller beim Kampf um Marktanteile und Kunden einen Heimvorteil geltend machen können. So sind sie bestens vertraut mit den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten, investieren inzwischen stark in Forschung und Entwicklung und besitzen in der Regel einen guten Draht zu Schlüsselstellen innerhalb der Politik. Auch eidgenössische Produkte respektive die beliebte Marke „Swiss Made“ haben es da schwer.

 

Oberstes Bild: © ramcreations – shutterstock.com

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