Starker Franken: Fitnesskur für Schweizer Firmen

Der starke Franken gab der Schweizer Wirtschaft in den vergangenen Jahren regelmässig Grund zur Klage. Aktuell findet sich ein Anlass dafür durch die Publikation der Halbjahresergebnisse der Firmen. Zwar ist die Situation heute deutlich weniger dramatisch als vor drei Jahren – 2011 hatte der Euro im Vergleich zum Franken innerhalb kurzer Zeit stark an Wert verloren – trotzdem macht die starke Schweizer Währung vielen Firmen nach wie vor zu schaffen.

Entsprechende Klagen kamen keineswegs nur von kleineren, exportwirtschaftlich orientierten Unternehmen, sondern auch von Grosskonzernen. Unter anderem liessen der Pharmakonzern Hoffman-La Roche und der Autoindustrie-Zulieferer Autoneum wissen, dass sie bei einer Ausklammerung der Währungseffekte nicht weniger, sondern mehr Umsätze erwirtschaftet hätten als im Vorjahr. Die Swatch Group meldete, dass ihr Gewinnzuwachs gegenüber dem ersten Halbjahr 2013 ohne den starken Franken bei sieben statt nur zwei % liegen würden. Das Logistikunternehmen Kühne & Nagel verwies auf eine Gewinndifferenz zwischen hypothetischen 13 und realen acht %.

Aktuell: Stabilisierung von Wechselkursen und Devisenmärkten

Die Frage ist, ob die Schweizer Firmen derzeit wirklich unter Währungsschwächen leiden. 2011 war eine solche Konstellation unbestreitbar, nachdem die Kurse des Franken und des Euro zeitweise fast paritätisch standen. Im Vergleich dazu sind die Devisenmärkte insgesamt heute relativ stabil, auch die Kursschwankungen zwischen Franken und Euro halten sich in Grenzen. Dass der US-Dollar gegenüber dem Franken im ersten Halbjahr 2014 nochmals stärker abgewertet wurde, spielt zwar eine gewisse Rolle, ist jedoch auch in der Relation der Schweizer Exportbeziehungen insgesamt zu sehen: Der Anteil der hiesigen Exporte in die USA bewegt sich zwischen zehn und zwölf %. 54 bis 58 % aller helvetischen Exporte gehen dagegen in die Europäische Union, was 2011 zwangsläufig schmerzhafte Folgen für die Schweizer Wirtschaft hatte. Zudem hat der Euro – unter anderem mit Hilfe des Mindestkurses der Schweizer Nationalbank (SNB) – seinen Boden in der Zwischenzeit gefunden, die Bilanzen der Unternehmen dürften darunter heute kaum noch leiden.


Wechselkurse. (Bild: JMiks / Shutterstock.com)
Wechselkurse. (Bild: JMiks / Shutterstock.com)


Wie wirken sich die Wechselkurse auf die Wirtschaft aus?

Im Übrigen wirken sich Wechselkursschwankungen durchaus unterschiedlich aus. Problematisch wird es immer dann, wenn einheimische Waren exportiert werden und die Bezahlung in einer Fremdwährung erfolgt, die aktuell an Wert verliert. Falls die betreffende Firma nicht nur ihre Angestellten, sondern auch Zulieferer und andere Dienstleistungen in Schweizer Franken bezahlen muss, schrumpfen ihre Margen schnell, da ihre Realeinnahmen sinken. Deutlich weniger gravierend ist die Situation, wenn das Unternehmen in der EU oder in den USA eine Tochterfirma hat und deren Aktivitäten erst in der Jahresbilanz in Franken übertragen werden. Den Umsätzen in US-Dollar oder Euro steht in diesem Fall üblicherweise auch ein Kostenblock in dieser Währung gegenüber. Auf die Profitabilität des Unternehmens wirken sich Wechselkursschwankungen in diesem Fall nicht aus. Negative Auswirkungen auf die Bilanz der Schweizer Muttergesellschaft ergeben sich daraus, dass der Beitrag der ausländischen Tochter zum Konzernumsatz in Schweizer Franken geringer ist, was allerdings durch die ebenfalls niedrigeren Kosten mindestens teilweise kompensiert wird.

Disziplinierende Effekte im Hinblick auf die Kosteneffizienz

Bei Konzernen wie Hoffmann-La Roche oder Kühne & Nagel darf aufgrund ihrer internationalen Strukturen angenommen werden, dass Wechselkursschwankungen bei ihnen vor allem in Form des zweiten Szenarios – also des „Übertragungseffektes“ – eine Rolle spielen. Dass sich die Währungssituation für die Schweizer Exportwirtschaft zwischen 2008 und 2012 sukzessive verschärft hat, ist unbestritten. Nicht alle Firmen konnten sich angesichts dieses Trends behaupten. Auch die aktuellen Wechselkurse bergen Herausforderungen für die Unternehmen, die für gesunde Firmen jedoch zu verkraften sind. Der starke Franken verordnet der Schweizer Exportwirtschaft eine Fitnesskur im Hinblick auf ihre Produktivität und Kosteneffizienz, um mit ihren Produkten im Ausland konkurrenzfähig zu bleiben. So gesehen hat sein hoher Wechselkurs auch einen disziplinierenden Effekt.

 

Oberstes Bild: © Lisa S. – Shutterstock.com

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