Unternehmensflucht aus Deutschland und der Schweiz - wie die Bilder sich gleichen

Während sich in Deutschland ein wahres Jobwunder präsentiert, sind es in der Schweiz die boomende Wirtschaft und der starke Franken, die hinter den Kulissen nicht nur positiv zu betrachten sind. Zunehmend mehr Unternehmen wandern aus den derzeit erfolgreichsten europäischen Industriestandorten ab und suchen ihr Heil im Ausland. Die Bilder gleichen sich, auch wenn die Gründe oftmals unterschiedlich zu bewerten sind.

In diesem Beitrag wird einmal mehr hinter den Vorhang einer schillernden Entwicklung geschaut. Dabei tun sich Einsichten und Aussichten auf, die nicht in jeder Hinsicht für eine glänzende Zukunft sprechen dürften.

Unternehmensflucht trotz Wachstum

Es erscheint zunächst als unsinniger Widerspruch, wenn in der Schweiz und in Deutschland trotz einer boomenden Entwicklung immer mehr Unternehmen ihrem derzeitigen Standort den Rücken kehren. Siemens Deutschland verlegt seinen Hauptsitz komplett in die USA, in der Schweiz sind andere Unternehmen auf der Flucht vor einem drohenden Fachkräftemangel wegen der Umsetzung der Initiative zur Masseneinwanderung.

Beide Länder sind derzeit die Platzhirsche in der europäischen Wirtschaft, und die Szenarien ähneln sich, auch wenn die Gründe dafür unterschiedlich zu bewerten sind. Für die Schweiz scheint es vor allem die Begrenzung der Zuwanderung zu sein, die für manche Unternehmen den Grund zur Abkehr von den Eidgenossen liefert. Was einst so vielversprechend – auch aufgrund der Unabhängigkeit vom Euro und der europäischen Regelungswut – begann, findet jetzt ein schnelles Ende. Dazu trägt durchaus auch der überaus starke Franken bei, der insbesondere für die exportabhängige Wirtschaft nicht unbedingt günstig ist.

Für Deutschlands Unternehmen auf der Wirtschaftsflucht sind es vor allem der nunmehr politisch verabschiedete und gesetzlich festgelegte Mindestlohn, der als Grund für den Wirtschaftsexodus nach Übersee herhalten muss. Was für beide Länder gleichermassen gilt, sind steigende Energiekosten, die den Standort besonders für energieintensive Unternehmen unattraktiv werden lässt. Auch wenn in der Schweiz die Stromkosten derzeit noch moderat erscheinen, kommt man auch hierzulande an der Energiewende mit ihren steigenden Kosten über kurz oder lang nicht vorbei. Wenn dazu noch die Rekrutierung geeigneter Fachkräfte zunehmend schwieriger wird, dann wird auch der Standort Schweiz zunehmend weniger interessant sein.


Marktnähe - Gesetz der Marktwirtschaft. (Bild: Kuzma / Shutterstock.com)
Marktnähe – Gesetz der Marktwirtschaft. (Bild: Kuzma / Shutterstock.com)


Marktnähe – Gesetz der Marktwirtschaft

Dazu kommt ein Faktor, der zunehmend wieder in den Blickwinkel der Unternehmer rückt. Die Rede ist hier von der Marktnähe, die unnötige Transportkosten reduzieren soll und damit letztlich den Profit der Produktion sichern soll. Besonders Siemens zieht sich aus drei Gründen aus Deutschland zurück. Diese drei Gründe sind a) die steigenden Energiekosten, b) steigende Lohnkosten und c) die Sättigung am europäischen Markt.

Wenn Siemens nach Amerika zieht, dann bringt das neben deutlich geringeren Energiekosten und einem sicheren Stamm an gut qualifizierten, aber preisgünstigeren Arbeitskräften auch eine neue Nähe zu einem bislang noch nicht völlig entwickelten Markt, besonders in der Energiesparte. So treffen hier gleich drei Faktoren aufeinander, die den Weggang aus Deutschland und Europa vereinfachen. Satt haben die Spezialisten bei Siemens auch die zunehmende Regelungswut der EU, die immer weitere und teils absurde Kreise zieht. Davon betroffen ist die wirtschaftliche Entwicklung auch in Deutschland im Allgemeinen. So ist es nicht verwunderlich, dass zunehmend mehr Unternehmen Deutschland den Rücken kehren und sich dorthin wenden, wo die Märkte näher liegen und die Reglements von Politik und Interessensverbänden weniger straff in die wirtschaftlichen Entscheidungen eingreifen.

Schweiz steht vor Umbruch

Vor allem wegen der Initiative zur Masseneinwanderung steht auch die Schweiz vor einem Umbruch. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass immer mehr Unternehmen ihren Sitz aus der Schweiz weg in andere Länder verlegen. Bevorzugt werden Regionen, in denen auch künftig der Zuzug ausländischer Spezialisten eher unkompliziert möglich sein kann. Immerhin sehen viele Unternehmen in der Schweiz ihr künftiges Recruiting von Fachkräften gefährdet.

Eine wichtige Rolle spielt aber auch der überaus starke Franken. Der wird sich über kurz oder lang vor allem auf die Exportwirtschaft nachteilig auswirken. Die hohen Tauschkurse eilen einer Entwicklung voraus, die allerdings schon absehbar erschien. Importierte Schweizer Waren im Ausland werden teuer, die Nachfrage entsprechend geringer und der Konkurrenzdruck auf dem internationalen Markt wächst. Da gilt es an jeder Stelle zu sparen, die zusätzliche Kosten bedeutet oder Unsicherheiten in die zukünftige Entwicklung bringt.

Der Schweiz droht ein wirtschaftlicher Umbruch, dem nur mit neuen Ideen begegnet werden kann. So sollte der Blick mehr auf die Ausbildung der eigenen Jugend gerichtet werden, anstatt sich weiterhin auf die Fachkräfte jenseits der Grenzen verlassen zu wollen. Gelingt dieser Schnitt nicht schnell, dann droht der Schweiz ein regelrechter Unternehmensexodus, der vor allem von solchen Firmen eingeleitet wird, die aus dem Ausland kommend grosse Unternehmensteile in die Schweiz verlagert hatten. So schnell diese Unternehmen einmal in der Schweiz Fuss gefasst hatten, genauso schnell werden sie wieder weg sein, wenn die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen nicht stimmig bleiben. Das betrifft die Schweiz genauso, wie die Nachbarn in Deutschland.

 

Oberstes Bild: © Netfalls – Remy Musser – Shutterstock.com

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Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

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