Nicolas Sarkozy vor dem SEF: Zwei "europäische Projekte"

Zu den prominentesten Rednern des Swiss Economic Forum (SEF) zählte Nicolas Sarkozy. In Interlaken sprach der frühere französische Präsident unter anderem über die fortdauernde Schuldenkrise in der Euro-Zone – als Perspektive sieht er zwei „europäische Projekte“. Zu den meisten Themen, darunter auch seiner eigenen politischen Zukunft, äusserte er sich allerdings eher vage.

Sarkozys Hauptthema war die europäische Integration, die aus seiner Perspektive spätestens nach der letzten Europawahl Änderungen fordert. Der Erfolg rechtspopulistischer Parteien bei den Europawahlen sei kein Sieg ihrer Politiker und Programme, sondern „eine Niederlage für uns alle“. Das Wahlergebnis sei ein Produkt der hohen Arbeitslosigkeit in vielen Ländern. Die Politik müsse zur Kenntnis nehmen, dass es kein homogenes europäisches Projekt, sondern „zwei Europas“ gebe.

Ende der Schuldenkrise in der Euro-Zone – bis auf Weiteres nicht in Sicht

Das erste europäische Projekt umfasse die 18 Länder in der Euro-Zone, das zweite die insgesamt 28 Länder der Europäischen Union. Dabei gehe es weder um eine erste oder zweite Liga noch ein „Europa der zwei Geschwindigkeiten“, sondern um Wege aus der Wirtschaftskrise. Ein Ende der Schuldenkrise in der Euro-Zone ist aus Sarkozys Sicht bisher nicht abzusehen – ursächlich für den wachsenden wirtschaftlichen Druck seien in vielen europäischen Ländern auch ihre grosszügigen Sozialsysteme. Da die Krise nicht konjunkturell, sondern strukturell bedingt sei, seien tiefgreifende Reformen nötig, in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit jedoch schwierig umzusetzen.


Ende der Schuldenkrise in der Euro-Zone. (Bild: dslaven / Shutterstock.com)
Ende der Schuldenkrise in der Euro-Zone. (Bild: dslaven / Shutterstock.com)


Desolate wirtschaftliche Situation in Frankreich

Zur Lage in Frankreich äusserte sich Sarkozy nur in sehr allgemeiner Form. Für das politische System des Landes war der Wahlerfolg von Marine Le Pen und ihrem Front National ein herber Schock. Der Aufstieg der Rechtspartei sowie der Niedergang der Sozialisten und von Sarkozys eigener Partei – der UMP – spiegelt die desolate wirtschaftliche Situation in Frankreich wider. Im ersten Quartal 2014 waren 10,1 % der Franzosen arbeitslos. Die französische Industrie gerät immer stärker in die Defensive, ihr Anteil an den globalen Exporten ist zwischen 2005 und 2012 um etwa 30 % gesunken.

Der überregulierte Arbeitsmarkt und der aufgeblähte Staatsapparat des Landes stehen wettbewerbsfähigen Strukturen ebenfalls entgegen. Unter dem Sozialisten François Hollande hat der wirtschaftliche Abwärtstrend in Frankreich nochmals an Fahrt gewonnen, zumal Hollande vor einem strikten Sparkurs und nachhaltigen Reformen bisher zurückschreckt. Sarkozy selbst plädiert für eine Konvergenz von Frankreich mit dem wirtschaftlich deutlich erfolgreicheren Deutschland innerhalb des europäischen Projektes.

Viele Worte – wenige Perspektiven

Ob Sarkozy in die Politik zurückkehrt, liess er auch in Interlaken offen – Gerüchte über seine erneute Präsidentschaftskandidatur gibt es schon seit längerer Zeit. Als Reformer hat auch Sarkozy sich – mit Ausnahme der Erhöhung des Renteneintrittsalters von 60 auf 62 Jahre – nicht hervorgetan. 2012 zog er mit grosszügigen Ausgabenversprechen in den Wahlkampf. Auch seine Rede vor dem SEF bot im Übrigen keine Antworten auf die ökonomischen Probleme oder den erstarkenden Rechtspopulismus in Europa. Im Anschluss formulierte ein Kommentator der „Neuen Zürcher Zeitung“, dass Frankreich weniger „geschliffene Selbstdarsteller“, sondern vielmehr Politiker brauchte, die mit den Bürgern ehrlich diskutieren und sie überzeugen, dass härtere Arbeit, neue Wege und Reformen überfällig seien.

 

Oberstes Bild: © 360b – Shutterstock.com

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