Gute Perspektiven für den Schweizer Arbeitsmarkt

Kürzlich sind die aktuellen Beschäftigungsstatistiken für die Schweiz erschienen. Sie zeigen generell ein positives Bild. Der Abbau der Arbeitslosigkeit folgt dabei dem gewohnten saisonalen Muster. Nach Ansicht von Experten sind auf dem Arbeitsmarkt keine grösseren Bewegungen zu erwarten. Trotzdem gilt: In der Schweiz ist es derzeit leichter, eine Stelle zu behalten, als einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Vor allem gilt dies für ältere Arbeitnehmer, obwohl auch diese sich derzeit auf dem Arbeitsmarkt sehr gut behaupten.

Dank des milden Frühlingswetters hatte der Schweizer Arbeitsmarkt im April eine spürbare Belebung zu verzeichnen. Im Vergleich zum Vormonat waren bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren 5759 Personen weniger arbeitslos gemeldet. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) meldete im April 2014 eine Arbeitslosenquote von 3,2 % respektive 137’087 Arbeitslose.

Laut Einschätzung des Seco spiegeln diese Werte die entsprechenden Prognosen wider. 90 % des Rückgangs sind saisonal bedingt, da bestimmte Branchen ihre Aktivitäten auf Frühjahr und Sommer fokussieren. Die restlichen 10 % sind auf die gute Konjunktur zurückzuführen.

Neueinstellungen im Bausektor sowie im Hotel- und Gastgewerbe

Besonders markant war der Beschäftigungszuwachs im Baugewerbe – im April gelangten in diesem Sektor 2484 zuvor arbeitslos gemeldete Personen erneut in Lohn und Brot. Von der intensiveren Nachfrage der Bauwirtschaft nach Arbeitskräften profitierten auch die Personaldienstleister, die ihre Klientel sehr oft dorthin vermitteln. Im Hotel- und Gastgewerbe machten sich im vergangenen Monat der Beginn der Zwischensaison sowie das Ostergeschäft bemerkbar.

Im Vergleich zum März konnten alle Kantone einen Rückgang ihrer Arbeitslosenquote verzeichnen. Die einzige Ausnahme war hier Graubünden, wo die Erwerbslosenquote um 0,5 auf 2,1 % gestiegen ist, damit allerdings immer noch deutlich unter dem Schweizer Durchschnitt liegt.

Der Forecast: weitgehende Arbeitsmarktstabilität

George Sheldon, der Leiter der Forschungsstelle für Industrie- und Arbeitsmarktökonomik der Uni Basel, geht davon aus, dass es im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit in den nächsten Monaten kaum gravierende Veränderungen geben dürfte. Seine Einschätzung deckt sich mit den Prognosen des Seco, das auch für das Gesamtjahr mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 3,1 % rechnet. Im internationalen Vergleich bedeutet diese Quote – abgesehen von einer nicht vermeidbaren Sockel-Arbeitslosigkeit – de facto Vollbeschäftigung, die Schweiz steht mit ihrer Arbeitsmarktsituation derzeit also ausgezeichnet da.

Einen anderen Trend sieht Sheldon jedoch skeptisch: Schweizer Arbeitnehmer tragen zwar nur ein geringes Risiko, ihre Stelle zu verlieren; für bereits Arbeitslose ist es jedoch oft nicht ganz einfach, wieder einen neuen Job zu finden.

Ältere Arbeitnehmer behaupten sich auf dem Arbeitsmarkt

Indirekt spielt der Arbeitsmarktforscher damit auch auf die Situation älterer Arbeitnehmer an. Diese verlieren seltener als der Durchschnitt der Erwerbstätigen ihren Arbeitsplatz, eine erfolgreiche Stellensuche ist für sie dagegen meist besonders schwierig. Trotzdem weist die Generation 50+ eine niedrigere Erwerbslosenquote auf als alle anderen Altersgruppen: Nur 2,8 % aller Arbeitnehmer im Alter über 50 Jahre waren im vergangenen Monat arbeitslos gemeldet. Bei den 15- bis 24-Jährigen waren es immerhin 3,0 %. In der Altersgruppe zwischen 25 und 49 Jahren belief sich die Arbeitslosenquote auf 3,4 %.

KOF-Beschäftigungsindikator erstmals seit fünf Jahren mit positivem Trend

Auch die Schweizer Branchen vermeldeten überwiegend Optimismus. In den vergangenen Monaten litten sie zum Teil unter der Konjunkturschwäche in der Eurozone sowie unter dem starken Franken. Detailhandel, Industrie und Gastgewerbe erwarten in den nächsten Monaten besser laufende Geschäfte, was sich möglicherweise auch in einem Beschäftigungsaufbau niederschlagen wird. Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) teilte in einem Medienstatement mit, dass sich in der Industrie erstmals seit Ende 2011 die Zahl der Unternehmen, die neue Arbeitsplätze schaffen wollen, mit der der Firmen, die einen Stellenabbau planen, weitgehend die Waage hält. Auch für den Detailhandel sowie Hotellerie und Gastgewerbe zeigt der KOF-Indikator erstmals seit fünf Jahren einen positiven Beschäftigungstrend.


Eine wachsende Anzahl von Firmen plant neue Arbeitsplätze. (Bild: B Studio / Shutterstock.com)
Eine wachsende Anzahl von Firmen plant neue Arbeitsplätze. (Bild: B Studio / Shutterstock.com)


Eine wachsende Anzahl von Firmen plant neue Arbeitsplätze

Die Grundlage der KOF-Prognosen bilden Konjunkturbefragungen bei Schweizer Firmen, die in insgesamt neun Branchen tätig sind und für 85 % des privatwirtschaftlichen Beschäftigungssektors stehen. Die Unternehmen geben an, ob ihre Belegschaften zum Zeitpunkt der Befragung zu gross, zu klein oder angemessen sind. Ausserdem werden sie danach gefragt, ob sie in den nächsten drei Monaten Entlassungen oder Neueinstelllungen planen.

Aktuell zeigt der KOF-Beschäftigungsindikator einen Wert von 3,7 und damit den höchsten Stand seit 2011. Noch vor einem Jahr lag er mit 0,5 nur minimal im Plus. Die Zeichen für neue Arbeitsplätze in der Schweiz stehen derzeit also gut: Im Vergleich zu jenen Firmen, bei denen Personalabbau auf der Agenda steht, bewerten mehr Unternehmen ihre Beschäftigungssituation als gut oder wollen sogar weitere Stellen schaffen.

Schweizer Banken: Stellenabbau durch strukturelle Änderungen

Acht der neun untersuchten Branchen senden positive Signale für den Arbeitsmarkt. Ausschliesslich der Bankensektor weist negative Werte auf. Laut Einschätzung der KOF dürften diese aus strukturellen Anpassungen resultieren, die am Bankenstandort Schweiz bereits seit einigen Jahren vor sich gehen. Fraglich ist allerdings bisher, ob die positiven Einschätzungen tatsächlich zu einem schnellen Stellenaufbau führen werden. Der Baseler Wirtschaftswissenschaftler George Sheldon geht zwar davon aus, dass die Erholung auf dem Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten anhält, jedoch in eher schleichendem Tempo verläuft – eine echte „Trendwende“ sehe anders aus.

 

Oberstes Bild: © ollyy – Shutterstock.com

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