Standardleistung oder Spitzenprodukt – eine Grundentscheidung
VON Olaf Hoffmann Dienstleistungen Produkte
Beide haben ihre Berechtigung am Markt und erfüllen unterschiedliche Ansprüche der anvisierten Kundenkreise. Auch bei einer anstehenden Umstrukturierung im Unternehmen ist diese Grundentscheidung erneut zu überdenken. Dabei können unter Umständen sowohl Standardprodukte als auch wirklich neue Spitzenleistungen angeboten werden. Wie die Entscheidung richtig getroffen werden kann, umschreibt dieser Beitrag.
Die Auswahl der Möglichkeiten
Die Tätigkeit und der Bestand eines Unternehmens hängen in erster Linie davon ab, ob und welche Kundenbedürfnisse mit der betrieblichen Tätigkeit erfüllt werden. Darauf ausgerichtet planen und strukturieren Unternehmen besonders in der Gründungsphase all ihre Aktivitäten.
Sollen beispielsweise Standardleistungen erbracht werden, dann ist das besonders dort lohnend, wo ein entsprechender Bedarf vorhanden ist. Innovative Leistungen hingegen machen es meist erforderlich, dass die Begehrlichkeiten bei der potenziellen Kundschaft erst geweckt werden. Bei der Einteilung in Standard- und Spitzenprodukte sprechen wir nicht von einer Unterteilung in minderwertige oder hochwertige Qualität. Den Unterschied machen wir hier bei der Innovationskraft eines Produktes oder einer Leistung.
Standardprodukte sind beispielsweise Lebensmittel, Getränke, Kleidung, ein grosser Ausschnitt an Dienstleistungen, einfache Haushaltsprodukte und so weiter. In den Bereich der innovativen Spitzenprodukte gliedern wir alle Leistungen ein, die neu am Markt sind, nur von wenigen Konkurrenten vertrieben werden oder völlig neue Wege der Bedürfnisbefriedigung eröffnen. Bezogen auf die Qualität setzen wir darauf, dass alle Leistungen eines Unternehmens den Erwartungen der Kunden und den Leistungsversprechungen entsprechen.
Hier müssen Unternehmen eine Auswahl treffen, die natürlich auch mehrere Möglichkeiten beinhalten kann. So gibt es auch in der Schweizer Wirtschaft Unternehmen, die sowohl im Segment der Standardprodukte als auch in dem der Innovationen erfolgreich aktiv sind.
Die Wahl der Mittel
Wer Standardleistungen anbieten möchte, kann in aller Regel auf ein breites Portfolio an bereits vorhandenen Erfahrungen anderer Hersteller zurückgreifen. So muss beispielsweise ein Bäcker das Brot nicht neu erfinden, sondern kann auf jahrhundertealte Erfahrungen und Rezepte zurückgreifen. Das macht die Arbeit überschaubarer, erleichtert aber nicht die Auseinandersetzung mit der sicherlich vorhandenen Konkurrenz.
Ganz anders ergeht es da Unternehmen, die völlig neuartige Produkte am Markt platzieren wollen. Hier kann kaum auf Erfahrungen anderer zurückgegriffen werden, fast jeder Schritt in der Produktion und in der Vermarktung sind neu, immer wieder stellen sich bislang unbeantwortete Fragen. Hier wird deutlich mehr Innovationskraft nötig sein als beim Angebot bereits bewährter Produkte und Leistungen.
Spannend wird es auch dann, wenn einzelne Unternehmen zunächst mit Standards beginnen, sich dann aber zunehmend auf innovative Spitzenleistungen spezialisieren. Auch dann müssen Leistungen und Produkte, Markt und Entwicklung ständig neu hinterfragt werden. Hier ist die jeweils richtige Wahl der Mittel das A und O für den unternehmerischen Erfolg.
Nur anbieten, was auch zu leisten ist
Grundsätzlich können Unternehmen nur die Produkte und Leistungen anbieten, die sie auch herstellen oder umsetzen können. Das hängt von der unternehmerischen Grundidee genauso ab wie von den persönlichen Fähigkeiten aller am Wertschöpfungsprozess Beteiligter. Wer als Unternehmer selbst nur eine blasse Vorstellung von wirklicher Innovation hat, wird kaum der richtige Anbieter neuartiger Spitzenprodukte sein. Hier sollten lieber hochwertige Standardleistungen angeboten werden.
Andererseits sind innovative Menschen kaum die richtigen Partner für die Produktion eher eintöniger Alltagsprodukte. An dieser Stelle würde echtes Schöpfertum verschwendet werden.
Grundsätzlich soll jedes Unternehmen danach streben, die jeweils besten Leistungen für das besetzte Marktsegment anzubieten. Dazu gehören Standard-Produkte ebenso wie innovative Spitzenleistungen, die ganz neue Entwicklungen eröffnen. Hier kommt es eben entscheidend darauf an, wozu ein Unternehmen in der Summe seiner Möglichkeiten tatsächlich in der Lage ist.
Der Irrtum von der grenzenlosen Weiterentwicklung
In vielen Unternehmen, besonders bei Existenzgründern, grassiert der Irrtum, es müsste stets und ständig Neuentwicklungen am Markt geben. Diese Grundhaltung ist falsch. Es gibt eine Reihe von Leistungen und Produkten, die sich auch nach Jahrhunderten der menschlichen Entwicklung substanziell kaum verändert haben. Verändert haben sich möglicherweise die Ansprüche der Kunden, oftmals sind auch die Produktionsverfahren verbessert worden, das Produkt an sich ist aber das gleiche.
Hier denken wir vor allem an handwerkliche und landwirtschaftliche Leistungen. Milch ist auch heute noch Milch und wird durch das Melken der Kuh erzeugt. Die will zuvor gefüttert und versorgt werden. Die Wege hin zum Produkt Milch haben sich in der Massenproduktion vielleicht verändert, die Milch ist aber immer noch Milch.
Ähnliches trifft auch auf den Bereich der Bekleidungsindustrie zu. Auch wenn sich modische Stile ständig verändern und immer wieder neue Produktionstechniken eingesetzt werden, Kleidung bleibt dennoch in erster Linie funktional. Diese Erkenntnis ist eine Grundeinsicht, die auch die Entscheidungen von Unternehmen beeinflusst.
Diese Klarheit muss auch da sein, wenn aktuell neuartige Produkte angeboten werden sollen. Treffen diese Produkte auf eine hohe Akzeptanz am Markt, dann gehören sie auch schon bald zum Standard. Vor einigen Jahrzehnten war ein Computerchip noch Innovation schlechthin, heute wird ein solcher Chip in Tausenden moderner Geräte verbaut und gehört auch in seinen Weiterentwicklungen mittlerweile zum Standard.
Es ist also letztlich eine Entscheidung über die umsetzbaren Möglichkeiten eines Unternehmens und für das Besetzen eines Marktsegments, was die Grundentscheidung Standard oder Innovation bestimmt.
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