Die Sicht der Dinge - defizit- oder erfolgsorientiert?

Jede Sache kann mindestens aus zwei Sichtwinkeln betrachtet werden. Entweder alles, was nicht so richtig läuft, wird betont negativ betrachtet, oder positive Entwicklungen und Fakten werden in den Vordergrund der Bewertung gestellt. Dementsprechend ist die Sichtweise der Dinge defizit- oder erfolgsorientiert.

Das gilt im besonderen Masse auch für Unternehmen und die Menschen, die dort beschäftigt sind. Je nach Sichtweise lassen sich Entwicklungen im Unternehmen positiv oder negativ bewerten. Wie Führungskräfte mit ihrer Grundhaltung zu Prozessen das Ergebnis beeinflussen hängt nicht unwesentlich davon ab, von welcher Seite die Dinge gesehen werden.

Erfolgsorientiert für mehr Motivation

Wenn Leistungen einzelner Mitarbeiter in erster Linie nach positiven Gesichtspunkten bewertet werden, steigert das die Motivation der Beschäftigten. Die Wertschätzung der Arbeitsergebnisse setzt nicht selten neue Energien frei, die durchaus auch dazu geeignet sind, weniger gute Entwicklungen erfolgsorientiert angehen zu können. Damit lässt sich auch das allgemeine Betriebsklima nachhaltig positiv beeinflussen, da die Mitarbeiter dann spüren, dass Leistungen auch anerkannt werden und Fehler oder Versäumnisse nicht der Mittelpunkt der Bewertung sind. Das schliesst natürlich auch eine kritische Würdigung von Fehlleistungen nicht aus, die dann allerdings nicht im Zentrum der allgemeinen Bewertung stehen.


Die Wertschätzung der Arbeitsergebnisse setzt nicht selten neue Energien frei. (Bild: karen roach / shutterstock.com)


Im Endeffekt entsteht eine Win-win-Situation, die beide Seiten nach vorne bringt. Wenn die Beschäftigten spüren, dass ihre Leistungen in erster Linie nach positiven Gesichtspunkten bewertet werden, sind sie gern auch dazu bereit, sich noch mehr zu engagieren. Für das Unternehmen an sich bedeutet dieser Zuwachs an Motivation einen Zugewinn, der sich vor allem in hochmotivierten Mitarbeitern und entsprechenden Arbeitsergebnissen dokumentiert.

Defizitorientierung macht Menschen kaputt

Häufiger zu beobachten ist in den Unternehmen der Wirtschaft eine defizitorientierte Betrachtungsweise von Arbeit und Ergebnissen. Ständig gibt es etwas zu kritisieren, eine allgemeine Nörgelei zieht in den Arbeitsalltag ein, die Leistungen werden nicht besser, was letztlich wieder Grund zur Kritik bietet. Nur in kurze Phasen wirkt die wenig konstruktive Kritik vorwärtstreibend und kann ungünstige Umstände und Ergebnisse kurzfristig ändern. Mitarbeiter und Führungsverantwortliche fühlen sich gleichermassen genervt und irgendwie geht nichts mehr so richtig vorwärts.

Fest steht, dass Menschen, die sich immer nur in ihren Fehlern wahrgenommen fühlen, schnell den Spass an der Leistung verlieren. Es zieht eine Arbeitshaltung ein, die mehr vom Dienst nach Vorschrift als von echter Motivation zur Leistung geprägt ist. Aus einer solchen Grundstimmung erwachsen weitere Probleme. So entsteht letztlich ein Kreislauf aus missverstandener Kritik, defizitbetonter Bewertung, mangelnder Motivation und zunehmender Unlust. Das bringt das Unternehmen langfristig gesehen in eine wahre Sinnkrise, die Fluktuation der Beschäftigten nimmt überdurchschnittlich zu und nicht selten gehen defizitorientierte Firmen im Wettbewerb am Markt sogar unter. Das alles nur, weil es den Verantwortlichen in ihren Positionen nicht oder nicht ausreichend gelingt, ein gesundes Verhältnis von Lob und Kritik herzustellen.

Die richtige Mischung macht’s

Selbstverständlich kann im Arbeitsalltag nicht immer nur gelobt werden. Für die Weiterentwicklung der Mitarbeiter ist es auch nicht förderlich, wenn ständig kleinste Selbstverständlichkeiten im Arbeitsalltag positiv herausgestellt werden. Das führt schnell zu einer falschen Einschätzung von Können und Leistung, die dann letztlich auch in den Ergebnissen zu Stagnation oder Rückschritten führen. Gute Leistungen sollen und müssen honoriert werden, aber immer in dem Masse, wie sie weitere Entwicklungen auch anstossen können.

Für eine gesunde Leistungsentwicklung eines jeden Mitarbeiters ist auch ein wirklichkeitsnahes Mass an Kritik von Leistung und Haltung wichtig. Damit kann den jeweils Betroffenen aufgezeigt werden, an welchen Punkten noch aufmerksamer und konsequenter gearbeitet werden muss. Das nützt nicht zuletzt der Entwicklung der Mitarbeiter, die sich dann in einzelnen Bereichen ihrer Tätigkeit auf bessere Ergebnisse konzentrieren können.

Die richtige Mischung aus Lob und Tadel sorgt dafür, dass zum einen Leistungen richtig gewürdigt werden, auf der anderen Seite aber auch Entwicklungspotentiale aufgezeigt werden können. Dabei muss die Gewichtung immer sehr individuell erfolgen. Es gibt Mitarbeiter, die wollen gar nicht so wirklich gelobt werden, da sie ihre hochwertige Arbeit als selbstverständlich und vertraglich gefordert betrachten. Andere wiederum bedürfen immer wieder der neuen Bekräftigung ihrer Arbeitsleistung, damit sie in dieser nicht nachlassen und in ihrer Tätigkeit motiviert bleiben. Ähnlich verhält es sich mit der Kritik. Während ein Teil der Beschäftigten Kritik gern aufnimmt und produktiv umsetzt, fühlen sich andere durch zu viele kritische Bemerkungen in ihrer Persönlichkeit und ihrer Leistungsfähigkeit angegriffen und reagieren dann oftmals mit stiller Verweigerung. Hier gilt es also immer, das richtige Mass zu finden.

Warum Erfolgsorientierung besser ist

Unternehmen treten am Markt an, um Erfolge zu erzielen. Dasselbe tun auch Mitarbeiter, die sich in einem Unternehmen engagieren wollen. Als Arbeitnehmer geht es nicht nur um das Geldverdienen allein. Wichtig ist auch das Gefühl des Gebrauchtseins und der individuellen Würdigung. Diese Würdigung kann mit positiven Bewertungen genauso erfolgen wie mit kritischen Bemerkungen. Letztlich fühlen sich aber nur diejenigen Beschäftigten wohl und leistungsbereit, die sehen, dass ihre Anstrengungen geschätzt werden, zugleich aber Entwicklungspotentiale mit gerechtfertigter Kritik angestossen werden. Aus dieser Waage zugunsten der erfolgsorientierten Würdigung entsteht ein gutes Mass an Motivation, das durchaus den Gesamterfolg eines Unternehmens nachhaltig beeinflussen kann.

Schauen wir also mehr auf das, was gut läuft als auf das, was uns bremst. Die grösste Bremse ist nämlich meist das Ignorieren dessen, was uns als Motivation antreibt. 

 

Oberstes Bild: © grufnar – shutterstock.com

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Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

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