Wenn alles zuviel wird - Manager an der Grenze

Nicht oft hört man von Unternehmern, die sich das Leben nehmen. Dabei spielt dieses schreckliche Thema zumindest unter der Hand eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ursachen für Selbsttötungen bei scheinbar belastbaren Inhabern und Geschäftsführern sind oftmals Überbelastung bis an den Rand des Zusammenbruchs, wirtschaftliche Schwierigkeiten bis hin zum Totalverlust, familiäre Zerwürfnisse und immer wieder auch eine Kombination aus mehrerer solcher Gründe.

Selbst wirtschaftlich solvente Unternehmer brechen oftmals unter der Last des Geschäftslebens zusammen und sehen Ihre letzte Rettung im Freitod.

Interessant war da für mich die Begegnung mit einem Freund, der mir folgende Geschichte offenbarte:

„Als ich letztens zum Entspannen auf meiner Bürocouch lag, hatte ich ein kurzes aber sehr unangenehmes Ziehen in der linken Brust. Im ersten Moment dachte ich an einen Herzinfarkt. Der zweite Gedanke war der Gedanke an das Sterben. Dabei bin ich so vom Alter gesehen noch gar nicht dran. Ausserdem kann ich jetzt noch gar nicht sterben, ich habe noch eine Menge Aufträge am Laufen!“

Das sagt zu mir ein Freund, der Familie hat. Schnell korrigierte ich ihn mit der Aussage: „Du kannst nicht sterben, weil du Familie und Kinder hast, nicht weil du noch Arbeit hast!“

Nach kurzem Nachdenken gab mir der Freund recht. Interessant wurde für mich diese Begebenheit im Zusammenhang mit einer Meldung, die kürzlich auf XING veröffentlicht wurde. Der Artikel stammt aus Zeit online. Spektakulär ist hier nicht die Tatsache, dass auch Manager nur Menschen sind, sondern vielmehr die Tatsache, dass selbst so clevere und führungserfahrene Menschen oftmals in ihrem Alltag scheitern.

Der Druck wächst stetig

Noch vor wenigen Jahrzehnten sonnten sich die Manager in den Führungsetagen weltweit agierender Konzerne in einer vermeintlichen Immunität. Diese Abgeschirmtheit ist einer öffentlichen Begutachtung und Bewertung jeder Entscheidung gewichen. Nicht nur die Mitarbeiter im Unternehmen selbst stellen Erwartungen an ihre Chefs. Auch die Öffentlichkeit tut dies mit zunehmender Härte. Selbst weitsichtige aber vielleicht harte Entscheidungen werden öffentlich ins Visier genommen und kosten so machen CEO nicht nur den Kragen, sondern eben auch den Kopf. Die öffentliche Sicht auf die Dinge führt schnell zu Vorverurteilungen oder regelrechten öffentlichen Standgerichten. Kein Wunder, wenn da im wahrsten Sinne des Wortes auch Köpfe rollen. Dass das letztlich nicht im Interesse der Humanität einer härter gewordenen Wettbewerbsgesellschaft liegt, versteht sich eigentlich von selbst.

Vereinsamung der Spitzen

Der Kampf in den obersten Etagen der Wirtschaftspaläste wird härter. Da geht es nicht nur um das Gerangel um Posten und Pöstchen. Vor allem der politische und öffentliche Druck macht vielen Führungsspitzen das Leben schwer. Oftmals geht es gar nicht mehr um wirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen. Vielmehr wird darum gerungen, es den Aufsichtsräten und einflussreichen politischen Gremien recht zu machen. Dabei jagen Pressekonferenzen, Talkshows und ähnliche flache Formate den ohnehin schon Getriebenen weiter hinterher. Egal wie gewandt sich Topmanager durch den Mediendschungel kämpfen, immer bleibt das eine oder andere Fleckchen auf der sonst so weissen Weste zurück. Ehemalige Mitstreiter, die Familie und das, was einmal Freunde waren ziehen sich dann oftmals zurück und den scheinbar beliebten Lenkern bleibt nur noch ein grosses Stück Einsamkeit. Was folgt ist meist ein noch Mehr an Arbeit, oftmals der Griff zur Flasche und das Verlangen danach, alles noch besser machen zu wollen. Typische Anzeichen für ein Burnout kombinieren sich mit menschlicher Entfremdung und werden so zu einem Gemisch, das nicht selten nur noch den Abschied aus dem Leben als Erlösung erscheinen lässt.


Oftmals nutzen heute Führungsspitzen die Erfahrungen von Psychotherapeuten. (Bild: Rainer Sturm / pixelio.de)


Psychohygiene für Top-Manager

Der einzige Weg aus diesem Dilemma ist ein hohes Mass an Selbstdisziplin und gesunder Psychohygiene. Oftmals nutzen heute Führungsspitzen die Erfahrungen von Psychotherapeuten, um die Verarbeitung von Siegen und Niederlagen persönlich in einem gesunden Mass halten zu können. Das freilich meist im Geheimen, weil selbst das interne Gespräch mit psychologisch geschulten Fachkräften öffentlich schon wieder als Schwäche bewertet werden könnte.

Gut, wer da über ein stabiles familiäres Umfeld verfügt, das auch in schweren Zeiten an der Seite der druckgeplagten Führungskräfte steht. Wie hilfreich hier Diskussionen über Manager-Gehälter und deren Höhe ist, bleibt fragwürdig. Nicht nur, dass sich Führungskräfte in der oberen Liga ständig zu ihren Entscheidungen erklären sollen, müssen sie jetzt auch noch Rechenschaft darüber ablegen, was sie verdienen und ob sie das verdienen. Kluge Manager gehen mit solchen Fragestellungen gewitzt und offen um. Eine ebensolche Offenheit lohnt sich letztlich auch gegenüber den Helfern.

Nur so kann ein gesundes Mass an Psychohygiene erreicht werden, was letztlich dazu führt, Arbeit, Verantwortung für das Unternehmen, Freizeit und die Verantwortung für sich selbst sauber voneinander zu trennen. Dass das gar nicht so einfach ist, wissen bereits Führungskräfte in kleinen und mittleren Unternehmen, die sich tagtäglich diesen Verantwortungen stellen müssen.

Druck verteilen kann helfen

Den Druck, dem Entscheider ständig ausgesetzt sind, lässt sich nur mit einer guten Portion Organisation begegnen. So wird es auch zunehmend wichtiger, diesen gewachsenen Druck auf mehrere Schultern zu verteilen. Das geht am besten, wenn Aufgaben und Verantwortungen verteilt und gegebenenfalls die Führungsverantwortung auch vollständig abgegeben wird. Schon dem eigenen Leben zuliebe!

 

Oberstes Bild: @ alphaspirit – Fotolia.com

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Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

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