Digitale Arbeitswelten 2 - oDesk: Globaler Wettbewerb der digitalen Freiberufler

Das US-amerikanische Unternehmen oDesk ist die weltweit grösste Auftragsplattform für digitale Freiberufler sowie Unternehmen, die ihre Prozesse durch externe Mitarbeiter rationalisieren wollen. Nach der Fusion mit dem ehemaligen Wettbewerber Elance hat die Plattform ihre Position nochmals beträchtlich ausgebaut. Im deutschsprachigen Raum hat sich mit dem Berliner Start-up Twago bisher nur ein international aktiver Anbieter erfolgreich etabliert. In der Arbeitswelt von morgen werden die digitalen Auftragsbörsen jedoch absehbar eine immer grössere Rolle spielen. oDesk-CEO Gary Swart meint, dass digitale Projektarbeit im Internet die wichtigste Arbeitsform der Zukunft ist, welche die Bedürfnisse vieler Unternehmen perfekt bedient und den Projektarbeitern flexible, selbstbestimmte Arbeitsmöglichkeiten bietet.

oDesk vermittelt Personal für jede Tätigkeit, die an einem Computer erledigt werden kann. Im Freiberufler-Pool der Firma finden potentielle Auftraggeber Software-Entwickler, Programmierer, Webdesigner, Texter oder Marketing-Experten. Diese Crowd ist global vernetzt – inklusive Anbietern aus Indien, China und anderen Schwellenländern. Die digitalen Freiberufler geben ihre Expertise sowie Referenzen an und bewerben sich um konkrete Aufträge in einem Angebotsverfahren. Gary Swart beschreibt als den grössten Vorteil des Systems, dass Plattformen wie oDesk die Arbeit zu den Menschen bringen.

Flexibilität für Unternehmen ebenso wie für Freiberufler

Unternehmen sparen auf diese Weise Zeit und Geld. Ausserdem bekommen sie einen schnellen Zugang zu Talenten, die sie an ihren Standorten möglicherweise gar nicht finden. In den USA dauert es durchschnittlich 92 Tage, bis eine offene Stelle neu besetzt ist. Auf oDesk haben Auftraggeber im Schnitt bereits nach drei Tagen ihre passenden Freelancer gefunden.

In einer Umfrage gaben 89 Prozent von ihnen an, dass die freie Online-Arbeit ihren Firmen Wettbewerbsvorteile verschafft. Das Argument, dass viele Freiberufler sich auf oDesk und vergleichbaren Plattformen de facto als digitale Tagelöhner verdingen, lässt Swart nicht gelten. Auch die Freelancer arbeiten auf den Plattformen freier und flexibler. Zudem sind sie durch die Auftragsbörsen ebenso wie ihre Arbeitgeber im virtuellen Raum global vernetzt. Am Beispiel oDesk lasse sich beobachten, dass es dabei nicht vorrangig um möglichst geringe Honorare geht. Die Auftraggeber setzten bei ihrer Auswahl auf Qualität und wünschen sich für ihr Projekt die besten verfügbaren Talente – der Preis spiele dabei nur eine nachgeordnete Rolle.

Auch eine Verdrängung konventioneller Arbeitsplätze durch die Online-Arbeit sieht Gary Swart zumindest bisher nicht als ein gravierendes Problem. In einer globalen Studie hat oDesk dazu 2.800 Firmen befragt, welche die digitalen Auftragsbörsen nutzen. Nur 17 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ohne deren Service an ihren Standorten weitere Mitarbeiter beschäftigen würden.

Der grosse Rest würde stattdessen das Projekt vertagen oder die Arbeit auf die vorhandenen Mitarbeiter verteilen. Viele Gründer bauen jedoch ihr Unternehmen mit Hilfe von Freiberuflern auf – oft entstehen nach der Startphase danach auch feste Stellen. Ebenso sagen 89 Prozent der Freelancer, die auf oDesk tätig sind, dass sie sich als Alternative keine Festanstellung wünschen. Sie bekommen Zugang zu Job-Optionen, die ihnen – beispielsweise durch Ortsgebundenheit oder familiäre Pflichten – früher gar nicht zur Verfügung standen. Zudem sind die Einstiegshürden in der Regel deutlich niedriger als für eine reguläre Stelle.

Ein Modell für alle ist freie Online-Arbeit sicher nicht – viele Arbeitnehmer wünschen sich die Sicherheit eines festen Arbeitsplatzes. Von jenen Freelancern, die auf oDesk nebenberuflich tätig sind, sagen 61 Prozent jedoch, dass sie ihre Arbeitsstelle in den nächsten zwei Jahren kündigen wollen, um wirklich unabhängig arbeiten zu können. Auch die Honorarentwicklung auf oDesk spricht für das Modell. Abhängig von den angebotenen Leistungen, den individuellen Expertisen sowie regionalen Faktoren liegen die Stundensätze zwischen zehn und 40 US-Dollar.

Im Schnitt können die oDesk-Freelancer in drei Jahren ihr Einkommen um 190 Prozent erhöhen. Neben echten Stundensätzen – die mit einem digitalen Kontrollsystem verbunden sind – gibt es auch die Möglichkeit, pauschale Auftragspreise zu verhandeln. Bewertungen für erledigte Aufträge stellen sicher, dass die Online-Arbeiter auf der Plattform eine persönliche Reputation entwickeln können.


Online-Arbeit wird die Arbeitswelt nachhaltig verändern. (Bild: Corinna Dumat / pixelio.de)


Online-Arbeit wird die Arbeitswelt nachhaltig verändern

Gary Swart geht davon aus, dass in absehbarer Zeit jeder dritte Arbeitnehmer als digitaler Freelancer tätig ist. Die Unternehmen der Zukunft werden deutlich stärker als bisher auf eine Mischung aus verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen setzen: Eine Stammbelegschaft im Büro, Angestellte im Home Office, befristet beschäftigte sowie freie und „feste freie“ Mitarbeiter. Die Relation zu klassischen Jobs vergleicht er mit dem Online-Handel: Aus dem Alltag der Unternehmen und der Käufer ist er nicht mehr wegzudenken, trotzdem macht er bisher nur rund sechs Prozent des globalen Einzelhandels aus.

Im Jahr 2012 wurde durch Online-Arbeit insgesamt über eine Milliarde US-Dollar umgesetzt, bis 2018 soll dieses Volumen auf fünf Milliarden US-Dollar steigen. Gary Swart macht als Treiber hierfür drei Faktoren aus: Neue Technologien – also schnelleres Internet, bessere Software und optimierte Kommunikationsgeräte – den enormen Effizienzdruck, unter dem Unternehmen heute stehen sowie die Globalisierung insgesamt. Auch Führungsarbeit wird sich vor diesem Hintergrund stark verändern.

Die Manager von morgen werden auch die Externen inhaltlich, strukturell sowie motivationsbezogen in die Firmen integrieren müssen – für nachhaltigen Erfolg dabei spielt auch eine Rolle, inwieweit sie es schaffen, die Bedürfnisse der verschiedenen Mitarbeitergruppen zu erfüllen. Unternehmen werden sich künftig immer stärker von geschlossenen zu offenen, flexiblen Systemen entwickeln.

Persönliche Zusammenarbeit – im klassischen Office oder in Coworking-Räumen, die sowohl den Unternehmen als auch den neuen Freiberuflern neue Kollaborationsmöglichkeiten eröffnen – ist sehr wahrscheinlich immer dann erforderlich, wenn Menschen gemeinsam neue Ideen und praktische Innovationen entwickeln. Diejenigen, die diese Ideen später umsetzen, werden künftig vorwiegend virtuell vernetzt sein.

 

Oberstes Bild: @ Stefan Rajewski – Fotolia.com

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