Fort- und Weiterbildung - die Illusion von der Multiplikatorenwirkung

Moderne Unternehmen legen auf die Fortbildung und Weiterbildung ihrer Beschäftigten viel Wert. Das gilt für Wirtschaftsunternehmen genauso wie für Non-Profit-Organisationen, nicht produzierende Bereiche oder für das System der Wohlfahrtspflege, Bildung und Erziehung. In aller Regel wird bei der Planung der Fort- und Weiterbildungen nicht nur auf die Inhalte und die Qualität der Angebote, sondern gern auch auf den Preis geschaut. Immerhin sollen sich die Bildungsmassnahmen rechnen und eine möglichst effektive Wirkung auf das Gesamtunternehmen haben.

Findige Bildungsanbieter und Unternehmer haben die sogenannte Multiplikatorenfunktion für sich entdeckt. Dabei geht ein Mitarbeiter in eine externe Bildungsmassnahme und soll alle anderen oder ausgewählte Mitarbeiter wiederum von den Erkenntnissen und neuen Erfahrungen unterrichten. Der Effekt wird so berechnet, dass vom Teilnehmer praktisch eine Bildungsmassnahme bezahlt wird, von der viele Mitarbeiter profitieren sollen.

Die Rechnung geht selten auf

Richtet sich eine Massnahme der Fort- und Weiterbildung an einen grösseren Personenkreis im Unternehmen, dann sollte auch jeder Mitarbeiter aus diesem Personenkreis in den Genuss der entsprechenden Bildungsmassnahme kommen. Multiplikatoren funktionieren aus verschiedenen Gründen nicht, die ich im Folgenden kurz aufführen möchte. Dabei spielen eigene Erfahrungen mit Multiplikatorenfortbildungen eine genauso wichtige Rolle, wie die eigene Tätigkeit als Trainer, Coach und Fortbildner.

In der Regel scheitern externe Fortbildungen für Multiplikatoren an drei Tatsachen:

1. Konkrete Umstände des Unternehmens sind nicht bekannt, weil sich auf den externen Fortbildungen für Multiplikatoren Mitarbeiter aus vielen unterschiedlichen Betrieben versammeln. Wenngleich der Vorteil hier im Erfahrungsaustausch liegt, überwiegt der Nachteil. Dieser zeigt sich daran, dass solche Fortbildungen selten konkret auf die Unternehmen und deren eigentliche Problemlage zugeschnitten sind.

2. Oftmals werden Weiterbildungsmassnahmen von den Teilnehmern als Erfahrungsaustausch mit einem gewissen Urlaubscharakter verstanden. Die Bildungsanbieter selbst offerieren oftmals zusätzliche Unterhaltungsangebote, die sich auf den Preis, selten aber auf eine höhere Qualität der Fortbildung auswirken. Arbeitnehmer nehmen solche Weiterbildungen gern an, sind aber oftmals weniger konzentriert an Problemlösungen für das eigene Unternehmen interessiert.

3. Der Faktor Mensch. Jeder, der die Möglichkeit hat seine berufliche und persönliche Qualifikation mit vom Arbeitgeber unterstützten Weiterbildungen zu erweitern, wir dies gern tun. Dabei werden Inhalte immer subjektiv aufgenommen, entsprechend der eigenen Vorbildung und Problemlage. Dementsprechend subjektiv sind dann auch die Kenntnisse selektiert, die in der Multiplikatorenfunktion an andere Arbeitnehmer im Unternehmen weitergegeben werden. Letztlich kommt so im Unternehmen deutlich weniger an, als eine Fortbildung eigentlich vermitteln konnte. Die Ergebnisse bleiben meist unterdurchschnittlich.

Interne Fortbildungen für möglichst viele Beschäftigte sind lohnend

Ich selbst biete Fortbildungen, Trainings, Supervision und Coaching nur intern an. Das heisst, ich habe Gelegenheit, mich gezielt mit dem Unternehmen selbst zu beschäftigten und im Vorfeld die konkrete Problem- und Bedarfslage zu erkennen. Darauf werden die konkreten Inhalte der Weiterbildungen, Fortbildungen, von Supervision und Coaching ausgerichtet. Die beteiligten Mitarbeiter sprechen also über sich und über ihr Unternehmen, können oftmals direkt vor Ort neue Erkenntnisse nach deren Umsetzbarkeit abwägen und so einen wirklichen Gewinn für das Unternehmen umsetzen. Dabei sollten möglichst alle Mitglieder einer Abteilung oder Arbeitsgruppe zur gleichen Zeit geschult werden. Damit werden individuelle Präferenzen genauso bedient wie ein gleichmässiger Bildungsstand der Beschäftigten. Individuell bedingte Streuverluste werden kleiner, das Zusammengehörigkeitsgefühl wächst und Problemlösungen lassen sich nachvollziehbar und zielorientiert erarbeiten.

Kosten gespart, Ergebnisse verbessert

Eine interne Fortbildung spart darüber hinaus auch Geld. In der Regel müssen keine Kosten für Anreise, Unterbringung und Verpflegung in die Kosten der Fortbildung einberechnet werden. Die Mitarbeiter bleiben quasi vor Ort, können bei speziell organisierten Fortbildungsreihen sogar zumindest teilweise ihrer berufliche Tätigkeit nachgehen und stehen auch während der Fortbildungsmassnahme ihren Familien zur Verfügung. Die interne konzentrierte Arbeit am Problem bringt meist auch bessere Ergebnisse als externe Weiterbildungen. Die Multiplikatorenfunktion mit ihren nachteiligen Effekten kann durch eine Gruppenweiterbildung ersetzt werden. Hier haben letztlich alle Teilnehmer nach der Fortbildung den gleichen Wissensstand, unabhängig von individuell selektierten Inhalten und eigenen Befindlichkeiten.


Die Multiplikatorenfunktion mit ihren nachteiligen Effekten kann durch eine Gruppenweiterbildung ersetzt werden. (Bild: ReinerSturm / pixelio.de)


Die Nachwirkungen einer internen Fortbildung sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Die Teilnehmer werden mit identischen Materialien versorgt und sprechen viel über konkrete Situationen im gemeinsamen Arbeitsalltag. Damit schiebt eine interne Weiterbildung auch die Kommunikation der Mitarbeiter untereinander an. Um den Blick über den Tellerrand nicht aussen vor zu lassen, reicht es meist aus, wenn der Dozent, Coach oder Trainer über seine Erfahrungen mit ähnlich gelagerten Problemen in anderen Unternehmen berichtet. Das gehört ohnehin zu seinen Aufgaben, wenn er sich als Vermittler von Wissen, Können und Erfahrungen versteht.

Multiplikatorenwirkung nur bedingt vorteilhaft

Trotz dieser Einsichten schwören viele Unternehmen bei der Gestaltung ihrer Fortbildungsmassnahmen noch immer auf externe Bildungsangebote mit Multiplikatorenwirkung. Hier liegen die Vorteile nur dann auf der Hand, wenn der Beschäftigte ohnehin allein an einer Problemlösung arbeitet oder an einer speziell ausgerichteten Fortbildung beispielsweise für Führungskräfte teilnimmt. Dann allerdings gibt es auch nichts zu multiplizieren. Einsparpotenzial durch viele verschiedene Fortbildungen für viele Mitarbeiter scheint ebenfalls ein Grund für externe Multiplikatorenfortbildungen zu sein. Was aber sollten Arbeitnehmer mit den Bruchstücken anfangen, die die Multiplikatoren von ihren Weiterbildungen mitbringen? Hier entsteht bestenfalls ein Flickenteppich aus vielen Elementen unterschiedlicher Bildungsmassnahmen, die sich dann nur schwer zu einem homogenen Bildungs- und Erfahrungsschatz zusammenknüpfen lassen. 

 

Oberstes Bild: @ Robert Kneschke – Fotolia.com

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