Neue Helium-Festplatten fassen mehr und verbrauchen weniger

Eine neue Technologie könnte das Festplatten-Business komplett umkrempeln. Die heliumgefüllten Massenspeicher haben eine wesentlich grössere Speicherkapazität und Verbrauchseffizienz als herkömmliche Modelle. Interessant sind die Platten vor allem für Institutionen und Unternehmen mit hohem Speicherbedarf.

Neu ist das Konzept nicht, doch verhinderte bisher die Leichtflüchtigkeit des Heliums eine Serienfertigung. Dieses Problem hat der amerikanische Festplattenhersteller HGST nun offenbar in den Griff bekommen.

Allein in 2013 wurden 750 Billionen Gigabyte an Festplattenspeicher ausgeliefert, und in manchen Branchen wird der Bedarf noch gewaltig steigen. Allein diese Zahl macht klar, welche Bedeutung technologische Verbesserungen im Harddrive-Segment haben. Derzeit arbeitet HGST an einer sechst-Terabyte-Platte namens UltraStar HE 6, die 50 Prozent mehr Kapazität als normale Festplatten besitzt und dabei 20 Prozent weniger Strom verbraucht. Ermöglicht werden diese Traumzahlen dadurch, dass die Massenspeicher mit Helium gefüllt sind. Dadurch herrschen im Inneren weniger Reibung und geringere Vibrationen, was letztlich zu einem reduzierten Energiebedarf führt.

Festplatten bestehen aus mehreren Scheiben, die ein magnetisches Muster aufweisen. Ein Lese-/Schreibarm hängt über jeder Scheibe und kann auf und ab bewegt werden, ohne jedoch die Scheibe jemals zu berühren. Bei einem Abstand von gerade mal einem Nanometer herrscht ein Magnetfeld zwischen Arm und Scheibe, durch das Informationen ausgelesen oder eingespeichert werden. Genau dieser Mikro-Massstab sowie die hohen Drehzahlen der Scheiben (meist 7200 U/min) machen den Festplattenbau so anspruchsvoll.

Wenn nun die Scheiben, durch einen Elektromotor angetrieben, sich zu drehen beginnen, entstehen Luftwirbel, die zu einem Widerstand führen – der Motor muss mehr leisten, was den Verbrauch in die Höhe treibt. Hier kommt das Helium ins Spiel: Das Edelgas bietet viel weniger Widerstand als Luft, weshalb auch der Energiebedarf des Motors sinkt. Auch die Vibrationen werden weniger. “Helium umspült den Arm, deswegen lösen sich Turbulenzen in Helium schnell auf“ sagt etwa Hossein Haj-Hariri, Professor für Maschinenbau an der Universität von Virginia in Charlottesville. Er hat unter anderem die Fluiddynamik von Luft und Helium in Festplatten untersucht.


Was diese Luftballons zum Steigen bringt, macht auch Festplatten effizienter: Helium (Bild: Lea M. / pixelio.de)


Eine höhere Speicherkapazität ermöglichen Helium-Festplatten, weil der Lese-/Schreibarm ruhiger liegt und damit exakter auf der Drehscheibe platziert werden kann. Damit wird eine höhere Speicherdichte möglich. Auch können die Scheiben dünner gebaut werden, womit man in einem Festplatten-Case sieben statt wie bisher fünf stapeln kann.

Seit den 70er Jahren schon liebäugelt die Industrie mit der Helium-Lösung. Der Grund für die lange Verzögerung der Serienreife ist der selbe, aus dem heliumgefüllte Luftballons nach kurzer Zeit schrumpfen: Das Edelgas besteht aus sehr kleinen Atomen, die praktisch überall hindurchdiffundieren können. Für eine Helium-Festplatte hätte dies ernste Konsequenzen, sie würde nämlich einfach ihren Dienst einstellen.

HGST verspricht nun eine 5-Jahres-Garantie auf ihre neuen Festplatten. Die Leckage-Probleme seien überwunden, heisst es aus dem Unternehmen. Schon bereitet der Festplattenriese aus San José, Kalifornien, die Auslieferungen für seine ersten Grosskunden vor, darunter Hewlett-Packard, das CERN in Genf und die chinesische Telekommunikationsfirma Huawei. Generell interessant dürften die neuen Massenspeicher für alle Unternehmen sein, die hohen Speicherplatzbedarf haben, wie Banken oder Versicherungen. Besonders attraktiv an ihnen ist, dass sie bei deutlich erhöhter Kapazität nicht zu explodierenden Stromkosten führen, sondern vielmehr auf diesem Gebiet auch noch Einsparungen ermöglichen.



Den weltweiten Festplattenmarkt sieht Fang Zhang, Analyst bei IHS Global Insight, in den nächsten Jahren rapide wachsen. Seinen Prognosen zufolge wird die Produktion von Massenspeichern von derzeit 750 Billionen Gigabyte bis 2020 auf über 3500 Billionen Gigabyte ansteigen, wovon 60 Prozent auf Cloud-Dienste entfallen soll – derzeit sind es gerade mal 20 Prozent.

HGST hat keine Details darüber veröffentlicht, wie das Helium vom Herausdiffundieren abgehalten wird. Nur so viel: Die Platten seien hermetisch abgeriegelt, deswegen auch die Fünfjahres-Garantie. Frank Talke, Professor am Center for Magnetic Recording Research der University of California in San Diego hält das Versprechen für realistisch. Man könne die langjährigen Probleme mit dem leichtflüchtigen Helium als gelöst betrachten, sagt der Wissenschaftler.

Aus einem ökonomischen Blickwinkel betrachtet der Analyst Zhang die Lage. Der Erfolg der Helium-Platten hängt für ihn „von der tatsächlichen Leistung“ ab, die man erst „in ungefähr einem Jahr“ beurteilen könne.

 

Oberstes Bild: Mike Nottebrock / pixelio.de

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