9 verbreitete Irrtümer über professionelles Beschwerdemanagement

Das Ziel jedes Unternehmens ist die Zufriedenheit seiner Kunden. Denn zufriedene Kunden sind treu, weniger preis- und kostensensitiv und machen im besten Fall kostenlos Werbung für das Produkt oder die Dienstleistung.

Es gibt also zahlreiche Gründe, die dafür sprechen, Kundenbeziehungen aktiv zu managen und ein Konzept für ein Customer-Relationship-Management (CRM) zu entwickeln, das sowohl der Gewinnung von Neukunden, der Bindung von Bestandskunden und der Rückgewinnung von ehemaligen Kunden dienen kann.

Ein weiterer Aspekt eines CRM ist das Beschwerdemanagement, unter dem alle Massnahmen zusammengefasst sind, die eingeleitet werden sollen, wenn ein Kunde Unzufriedenheit mit den Leistungen des Unternehmens ist.

Anders als technische oder kaufmännische Reklamationen basieren Beschwerden nicht unbedingt auf sachlich überprüfbaren Fakten. Kunden können grundsätzlich mit allem möglichen unzufrieden sein und sich darüber beschweren, ohne dass immer Grund und Ursache der Beschwerde nachvollziehbar sein müssen. Beschwerden sind also oft stärker emotional geprägt, dennoch sollten Unternehmen jede einzelne Beschwerde ernst nehmen und darauf in angemessener Zeit und Form reagieren.

1. Beschwerdemanagement brauchen wir nicht – wir sind einfach gut!

In vielen Unternehmen herrscht die Überzeugung, dass Kunden, die keine Kritik äussern grundsätzlich zufrieden sind. Wenn also keiner der Kunden sich beschwert, ist auch kein Beschwerdemanagement notwendig?

Dieser Irrtum ist weit verbreitet und lässt sich meist leicht durch die Reflexion eigener negativer Erfahrungen mit Produkten oder Dienstleistungen widerlegen: Wie oft hat man selber direkt Kritik geübt, sich beschwert und damit einen oft beschwerlichen Weg auf sich genommen, wenn man unzufrieden war? Und wie oft hat man es einfach auf sich beruhen lassen und fortan ein Alternativprodukt gekauft? Wer es seinen Kunden zudem erschwert, sich zu beschweren, sei es durch eine teure Hotline oder durch eine unfreundliche Behandlung, muss sich nicht wundern, wenn sich kein Kunde beschwert. Experten gehen davon aus, dass neun von zehn Beschwerden dazu führen, dass der Kunde zum Wettbewerb abwandert – meistens unbemerkt.

2. Beschwerdemanagement bringt für uns nichts

Neun von zehn unzufriedenen Kunden kaufen bei Konkurrenten, ohne dem Unternehmen die Chance zu geben, einen Fehler auszugleichen. Würde davon nur jeder zweite gehalten werden können, weil er seine Beschwerde einfach platzieren konnte, bedeutete dies bereits deutlich weniger Umsatzeinbussen – bei einem proaktiven Beschwerdemanagement ist dieser Anteil jedoch erfahrungsgemäss deutlich höher, denn viele Kunden wollen vor allem wahr- und ernstgenommen werden – eben König sein.


Die meisten unzufriedenen Kunden wollen persönliche Betreuung. (Bild: © gstockstudio – fotolia.com)

3. Für Beschwerdemanagement haben wir kein Geld

Die Gewinnung von Neukunden ist erheblich teurer als die Bindung von Bestandskunden. Im Marketing gibt es die Faustregel, nachdem die Gewinnung eines Neukunden bis zu sechsmal mehr kostet als einen Altkunden zu halten. Mit einem Bruchteil des verfügbaren Budgets für die Neukundenakquise lässt sich ein Beschwerdemanagement installieren und betreiben und sichert so die Zufriedenheit der Bestandskunden und den mit ihnen erzielbaren Umsatz.

4. Auf die Beschwerden von ein paar Unzufriedenen hört doch eh niemand!

Selbst erfahrene, gestandene Unternehmer unterschätzen die Gefahr von negativer Mundpropaganda. Die ist – besonders in sozialen Medien, in denen sich eine Nachricht rasend schnell verbreiten kann – eine ernstzunehmende Bedrohung, denn wer unzufrieden ist oder sich sogar schlecht behandelt fühlt, wird viel häufiger mit anderen über seine negativen Erfahrungen sprechen. Gute Erfahrungen werden gemacht, schlechte geteilt, so die zugegebenermassen vereinfachende Formel. Doch Erfahrungen aus unterschiedlichen Branchen belegen: Wer gute Erfahrungen mit einem Unternehmen gemacht hat, teilt dieses im Schnitt 3-4 anderen Menschen mit, wer schlechte gemacht hat, informiert darüber mehr als doppelt so viele. Und kann damit das Produkt oder gar das Unternehmen in Gänze empfindlich beschädigen, denn persönliche Empfehlungen gelten auch im Geschäftsleben als besonders wertvoll und wirken stärker als etwa die Werbeversprechen des Unternehmens.

5. Für Beschwerdemanagement sind wir zu klein

Besonders kleine Unternehmen oder Freiberufler argumentieren häufig, dass ein Beschwerdemanagement personell und organisatorisch nicht umzusetzen sei. Sie übersehen dabei jedoch, dass ein aktives Beschwerdemanagement keine grundsätzlich neuen Anforderungen stellt: Wenn ein Kunde sich persönlich oder etwa per E-Mail beschwert, müssen grundsätzlich die gleichen Massnahmen eingeleitet werden wie bei einem Kunden, der eine Anfrage hat oder ein Angebot wünscht: Zeitnahe Reaktion mit kurzer Information, dass seine Beschwerde eingegangen ist, interne Überprüfung des Sachverhaltes und abschliessende Meldung an den Kunden. Sind bei der Prüfung Schieflagen im Prozess aufgefallen, müssen diese im Interesse der Wirtschaftlichkeit beseitigt werden – unabhängig von der Unternehmensgrösse.

6. Unsere Kunden würden uns bestimmt nicht informieren, wenn sie unzufrieden sind

Das mag stimmen, kann jedoch ebenso ein Ansporn sein, im Kontakt mit dem Kunden aktiv nachzufassen, ob alles in Ordnung ist oder wo er Verbesserungspotentiale sieht. Das geht besonders gut im persönlichen Kontakt, kann aber auch in Form einer Umfrage gestaltet werden, die an alle Kunden verschickt wird.



7. Eine Beschwerde ist Gift für die Kundenbeziehung

Objektiv betrachtet ist eine Beschwerde zunächst eine Meinungsäusserung, die sachlich begründet oder irrational sein kann. In jedem Fall ist eine Beschwerde jedoch eine Kontaktaufnahme durch den Kunden und als solche eine Chance, dem Kunden das Gefühl zu vermitteln, als König wahrgenommen zu werden. Denn oft geht es genau darum: Der Kunde will Wertschätzung und Aufmerksamkeit erfahren und nutzt als Vehikel eine Beschwerde.

8. Meine Kunden wissen nicht, was sie wollen!

Das ist möglich, aber unwahrscheinlich. Die meisten unzufriedenen Kunden wollen:

  • persönliche Betreuung,
  • Hilfe und Unterstützung,
  • Interesse, Engagement und Verständnis,
  • eine faire Behandlung oder Entschädigung.

9. Beschwerdemanagement ist uns zu kompliziert

Erfolgreiches Beschwerdemanagement setzt voraus, dass man die Welt und damit die Beschwerde aus der Perspektive des Kunden sieht und ihn das wissen lässt. Wenn der Kunde seine Beschwerde einfach platzieren kann, angemessen behandelt wird und eine schnelle Antwort erhält, reicht das in der Regel schon aus, um den Kunden zufrieden(er) zu machen.

Fazit: Beschwerdemanagement lohnt sich

Egal wie gross das Unternehmen ist und wie viele Kunden betreut werden – ein Beschwerdemanagement als definierter Prozess lohnt sich. Unter den Aspekten der Qualitätssicherung und -Verbesserung ebenso wie aus Kundensicht. Und ebenso aus wirtschaftlichen Erwägungen, denn zufriedene Kunden sind die besten Kunden.

 

Oberstes Bild: © Marco2811 – shutterstock.com

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Mehr zu Christian Praetorius

Christian Praetorius, Jahrgang 1969, gelernter Controller und Logistiker mit jahrelanger Berufserfahrung. Seit 2012 gemeinsam mit seiner Frau Christine als freier Texter und Autor selbständig, erfolgreich und glücklich. Seine Kunden schätzen ihn für klare Worte, originelle Slogans und kreative Wortspiele ebenso wie für seine absolute Zuverlässigkeit und Kundenorientierung. Schreibt aus Berufung und mit Leidenschaft für die Sprache, die Botschaft und den Leser.

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