Spezialitätenbiere sind der neue Trend – doch es fehlt an Aromahopfen

Die Anzahl kleiner Bierbrauereien nimmt immer mehr zu. Für die Herstellung der Spezialbiere wird oft spezieller Hopfen verwendet, der aber nicht immer in ausreichender Menge vorhanden ist. Dies führt zu einem Preisanstieg bei speziellen Hopfensorten, der die Existenz mancher kleinen Brauerei bedroht.

Der Präsident der Interessengemeinschaft unabhängiger Klein- und Mittelbrauereien, Alois Gmür, der auch Teilinhaber der Brauerei Rosengarten AG in Einsiedel ist, freut sich über den zunehmenden Wunsch der Verbraucher nach Spezialbieren, die mit besonderem Bitter- oder Aromahopfen gebraut werden. Die Nachfrage nach den weitläufig bekannten Bieren nimmt dagegen ab und die Verkaufszahlen sinken.

Besonders in den Vereinigten Staaten von Amerika feiert das dort gebraute Craft Beer grosse Erfolge, was sich in dem Aufwuchs kleiner Brauereien um das Vierfache innert der letzten zehn Jahre zeigt. Dieser Erfolg konnte die Verluste im traditionellen Biermarkt mehr als wettmachen und war die Ursache für den Verkaufsanstieg von über 17 Prozent bei den über 4.000 in den USA produzierenden Brauereien.

In der Schweiz ist die Zunahme an Brauereien ähnlich. Von 1990 bis Ende 2013 stieg hier die Zahl der Brauereien von nur 30 auf mehr als 400 an. Besonders die Kleinbrauereien sind für diese imposante Zahl verantwortlich, die circa 1.000 verschiedene Biere herstellen. Diese Biersorten werden mit speziellem Hopfen, dem Flavor- oder Aromahopfen, gebraut, den es in unterschiedlichen Varianten mit blumigen, fruchtigen, zitrusartigen und exotischen Noten gibt. Wohlgemerkt, dem Hopfen werden keine Geschmacksstoffe hinzugefügt; neue Hopfenzüchtungen sind für den besonderen Geschmack verantwortlich, durch den sich die Spezialbiere von den Standardbieren, die meist sehr ähnlich schmecken, unterscheiden.


In den USA feiert das dort gebraute Craft Beer grosse Erfolge. (Bild: MaxyM / Shutterstock.com)


Grosse Nachfrage nach Aromahopfen

Die Nachfrage nach dem besonderen Aromahopfen steigt auch in der Schweiz erheblich. Doch die Hopfenlieferanten können diese Nachfrage nur bedingt bedienen und den Kleinbrauereien oft nur geringe Mengen liefern. Es stehen einfach nicht genug Anbauflächen für die gefragten Hopfensorten zur Verfügung. Einzelne Sorten sind sogar frühzeitig komplett ausverkauft und die Brauereien müssen auf das nächste Anbaujahr vertröstet werden.

Auch Brauereien, die neue Sorten kreieren wollen, müssen sich oft zurückhalten, weil die notwendigen Rohstoffe fehlen. So wollte zum Beispiel die Brauerei Rosengarten ein Bier mit Mandarinengeschmack auf den Markt bringen, musste aber von dem Plan wieder Abstand nehmen, weil der spezielle Hopfen nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stand.

Ein anderes Beispiel ist die Doppelleu Brauwerkstatt AG in Winterthur, die obergärige Spezialitätenbiere in elf Sorten herstellt. Obwohl sie mit die grösste Spezialitätenbrauerei in der Schweiz ist, konnte sie nur mit grosser Mühe den speziellen Hopfen finden, der für die Produktion der neuen Biersorten notwendig war. Auf die Entwicklung weiterer Neuerungen hat man vorerst verzichtet.


Schweizer Kleinbrauereien stellen ca. 1.000 verschiedene Biere her. (Bild: Joshua Rainey Photography / Shutterstock.com)


Steigende Preise für Aromahopfen

Selbst wenn die kleinen Brauereien an genug Spezialhopfen für ihre neuen Kreationen kommen, gibt es ein weiteres Problem, das ihnen das Leben schwer macht: Der Preis, den die Anbauer dieses Hopfens verlangen, ist entsprechend der grossen Nachfrage besonders hoch und liegt beim Sechsfachen der Kosten für traditionellen Hopfen. Dazu kommt noch der Preisanstieg bei dem anderen Bierrohstoff Gerste beziehungsweise Malz und bei der Energie.

Die Preise für die Spezialbiere sind dann auch entsprechend höher als für die üblichen Biersorten. Ein grosses Glas Bier herkömmlicher Art kostet in einem Restaurant um die 4 CHF, für ein Glas Spezialbier muss man da schon tiefer in die Tasche greifen und rund das Doppelte bezahlen. Und trotzdem nimmt der Trend zu diesen Bieren mit den eher bieruntypischen Geschmacksnoten noch zu. Die Preise sollten sich allerdings nicht weiter erhöhen, da die Bierbrauer die Hoffnung hegen, dass die Preise auf einem stabilen Niveau angekommen sind. Wenn die Hopfenernte gut ausfällt und die Anbaugebiete vergrössert werden, ist sogar mit einer Entspannung bei den Kosten zu rechnen.



Hopfenanbau in der Schweiz

Erst seit drei Jahren wird Spezialhopfen im grossen Massstab angebaut. Deshalb ist auch erst jetzt mit einem vollen Ertrag der Pflanzen zu rechnen. Hauptlieferanten für die Schweizer Bierbrauer sind die Hopfenbauern in Deutschland und in den Vereinigten Staaten von Amerika. Allerdings ist zumindest in Deutschland das Anbaugebiet für Aromahopfen ziemlich begrenzt und beträgt trotz ständiger Erweiterung mit 290 Hektar nur etwa 2 Prozent der gesamten Anbaufläche für Hopfen.

Schweizer Bauern würden auch gern an dem Boom bei den neuen Hopfensorten partizipieren. Neue Züchtungen sind allerdings geschützt. In Deutschland beträgt der Sortenschutz, der auf Antrag erteilt wird, bei Hopfen 30 Jahre. Um vorher schon die Freigabe der begehrten Sorten zu erreichen, haben interessierte Schweizer Bauern Kontakt mit den deutschen Hopfenzüchtern aufgenommen.

Der Mangel an Aromahopfen würde sich durch einen Anbau in der Schweiz auch nur wenig abschwächen, da die Produktionsflächen sehr begrenzt sind und den Bedarf auch bei einer Erweiterung in keiner Weise decken könnten. Die Schweizer Bauern können gerade einmal ein Zehntel des Bedarfs im Land decken. So werden die Schweizer Brauereien, sowohl die Traditions- als auch die Spezialitätenbrauereien, auch in Zukunft auf Lieferungen aus dem Ausland angewiesen sein.

 

Oberstes Bild: Spezialitätenbiere sind der neue Trend. (© nanka / Shutterstock.com)

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