Vermieter streben mehr Gewinne an

Nach den Vorstellungen des Hauseigentümerverbandes soll sich die Rendite an den Mieten, die orts- oder quartierüblich sind, ausrichten. Bisher wird dafür der Referenzzinssatz zur Orientierung genommen. So strebt der Haueigentümerverband eine Revision des bestehenden Gesetzes an, dagegen fürchtet der Mieterverband eine drastische Erhöhung der Mietpreise.

Die Wohnungsmieten sind in der Schweiz bekanntermassen überdurchschnittlich hoch. Obwohl die Einkommen in der Schweiz höher als beispielsweise in Deutschland sind, wenden Mieter in der Schweiz häufig mehr als die Hälfte des Haushaltseinkommens für die Miete auf. Die Angebote an bezahlbaren Wohnungen sind knapp. Besonders betroffen sind davon Städte wie Zürich, Bern und Basel. Selbst bei dem gegenwärtig sehr niedrigen Leitzinsperiode, der im Normalfall meist niedrigere Mietpreise nach sich zieht, wird jetzt ein Ansteigen der Mieten befürchtet.

Marktmiete verdrängt Kostenmiete

Können Mieter in der Schweiz die Mietpreise bald nicht mehr aufbringen? Die ursprüngliche Zielsetzung, dass höchstens ein Drittel des Einkommens eines Haushaltes für die Miete ausgegeben werden soll, ist in der Realität nicht zu erreichen. Bereits jetzt wenden kleinere und mittlere Einkommensbezieher die Hälfte ihrer Einkünfte für Wohnkosten auf. Auch diese magische Grenze könnte bald überschritten werden, wenn sich die Vermieter mit der von ihnen angestrebten „Marktmiete“ durchsetzen und der Mietzins an die Orts-und Quartiermieten gekoppelt wird.

Kritiker dieses Ansinnens argumentieren, dass mit dem Begriff Ortsüblichkeit die eigentlichen Ziele der Vermieter verschleiert werden. Erhöhungen der Miete sollen per Gesetz abgesichert werden. Die Bezeichnung Rendite ist ohnehin nur eine weitere verschämte Wortwahl für Gier. Der Hauseigentümerverband begründet sein Anliegen, dass sich die Mieten mit der Zeit anpassen würden und auf einem bestimmten Niveau „einpegeln“. „Man darf sich nicht an der heutigen Situation orientieren“, so wird Hans Egloff, Präsident des Deutschschweizer Hauseigentümerverbandes (HEV), zitiert. Er selbst rechne mittelfristig mit einer Entspannung auf dem Wohnungs- bzw. Mietmarkt.


Die Mieter in der Schweiz wenden häufig mehr als die Hälfte des Haushaltseinkommens für die Miete auf. (Bild: thieury / Shutterstock.com)


Antrag auf Mietminderung stellen

Mieter können bei ihrem Vermieter jetzt eine Absenkung des Mietpreises beantragen und dies mit dem gegenwärtig niedrigen Referenzzinssatz von 2 % begründen. Dies geht aber nur, wenn der Mietzins auf einem höheren Zinssatz basiert und der Gewinn 0,5 Prozentpunkte höher liegt. Für viele nicht nachvollziehbar ist, dass die Mieten angehoben werden, um dann per Antrag wieder sinken sollen. Diese Hürde ist für viele Mieter nicht zu nehmen, denn kein Vermieter verzichtet freiwillig auf zusätzliche Verdienste.

Trotz immer niedrigeren Zinsen haben sich die Mietpreise in den letzten Jahren immer weiter erhöht. Im Mietpreisindex des Bundesamtes für Statistik kann man diese Entwicklung genau nachvollziehen. Es findet also keine Anpassung nach unten statt. Begründet wird dies mit der angewachsen Nachfrage in den Städten und städtischen Grossräumen. Das geringere Angebot an Wohnraum auf dem Markt im Vergleich zur erhöhten Nachfrage begründet nach Meinung der Vermieter die „Marktmiete“ und sich danach richtende „ortsübliche“ Mieten, mit denen sie auf dem Immobilienmarkt konkurrieren müssten. Rückendeckung bekommen sie vom Gesetzgeber.

Marktmiete vom Gesetzgeber befürwortet

In der Basler Zeitung wurde indes über weitere Pläne des Hauseigentümerverbandes berichtet und Forderungen des Generalsekretärs des Westschweizer Hauseigentümerverbandes Olivier Feller berichtet: „Mit einer parlamentarischen Initiative fordert der Waadtländer FDP-Nationalrat Olivier Feller, dass sich die zulässige Rendite nicht mehr am Referenzzinssatz orientiert. Heute gilt eine Rendite als übersetzt, wenn der Ertrag 0,5 Prozentpunkte oder mehr über dem Referenzzins liegt.“

Dies bedeutet nichts anderes, als dass Herr Feller, diejenigen unterstützt, die ihre Rendite nicht mehr öffentlich machen wollen und somit den höchstzulässigen Mietzins nach dem von ihnen bestimmten „Markt“ festsetzen wollen. Denn ebendiesen Markt dominieren nicht die Mieter als die von Mietpreiserhöhungen Betroffenen, sondern die Vermieter. Dieses Ansinnen soll nun noch mittels eines Gesetzes für den Wohnungsmarkt legitimiert werden, um die rechte der Mieter einzuschränken.

Den Mietern wird unterstellt, sie würden keine Marktkenntnisse haben. Dabei hat Herr Feller nicht das Interesse der Mieter im Blick, sondern die Renditen, die wegen des sinkenden Leitzinses sinken. Investitionen bringen dann nicht mehr die geplanten Erträge, das investierte Kapital gilt als überzogen. Die Einbussen würden in die Milliarden gehen.

Argumentiert wird nun auch mit der Gefährdung der Pensionskassen, deren Anlagemodelle nicht mehr rentabel arbeiten würden, wenn der Wohnungsmarkt nicht anders geregelt würde. Der referenzzins, den das Bundesamt für Wohnungswesen angebe, wäre eine „künstliche Grösse, die nicht die sozioökonomische Realität“ widergebe, so meint Olivier Feller. Die Sprache der Politiker ist selten allgemeinverständlich und wenn sie mit Begriffen des Kapitalmarktes verwoben wird, leidet das Verständnis des Normalbürgers. Wenn wie hier eine Gesetzesänderung künftige Mietpreiserhöhungen über eine sogenannte „Orts- und Quartiersüblichkeit“ durchgesetzt werden soll, will man nicht, dass die künftigen Betroffenen das Spiel durchschauen.



Der Widerstand der Mieter wächst

Der Generalsekretär des Schweizerischen Mieterverbandes, Michael Töngi, warnt davor, dass „mit der geplanten Gesetzesrevision die heute geltende Kostenmiete weiter durchlöchert würde“. Sein Verband will die Umsetzung der Gesetzesänderung, auch über eine Volksabstimmung, noch verhindern, weil in neun von zehn Fällen eine Mietpreiserhöhung zu befürchten ist, wohnen aber bezahlbar bleiben muss.

 

Oberstes Bild: Schweizer Vermieter streben mehr Gewinne an. (© Ismagilov / Shutterstock.com)

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