Menschen machen Fehler, Unternehmen auch

Menschen sind schöpferische Wesen, die sich in ihrer interpersonellen Struktur deutlich voneinander unterscheiden. Diese Unterschiede, die wir allgemein als so wichtig erachten, sind im Arbeitsalltag nicht immer förderlich. Aus der Unterschiedlichkeit von Charakteren, Auffassungen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Erfahrungen und Vorkenntnissen, aber auch aus unterschiedlichen Stimmungslagen und der Einwirkung äusserer Faktoren entstehen Fehler.

So betrachtet sind Fehler immer nur eine Form der Auseinandersetzung von Menschen mit ihrer Lebenswirklichkeit in der entsprechenden Situation. Eine Maschine macht von sich aus keine Fehler, ist aber nicht in der Lage, wahrhaft schöpferisch zu arbeiten. Das unterscheidet Maschinen und Menschen grundsätzlich voneinander.

Fehler bergen Entwicklungspotenzial

Oftmals werden Fehler nur als etwas Schlechtes und unbedingt Vermeidbares wahrgenommen. An Fehlern zeigt sich die Unvollkommenheit von Menschen, und wer will schon gerade im Job als unvollkommen gelten? So kommt es, dass wir Fehler vertuschen, verleugnen, auf andere abwälzen oder einfach abwarten, ob überhaupt jemand etwas davon bemerkt. Nur selten ist der selbstkritische Blick der einzelnen Menschen so weit ausgeprägt, dass sie von sich aus Fehler zugeben, als ihre eigenen erkennen und darstellen und entsprechende Schlussfolgerungen ziehen.

„Aus Fehlern wird man klug“, meint man. Ganz so einfach geht das allerdings nicht. Dazu bedarf es einer Kultur im Umgang mit Fehlern, die das Erkennen ebenso einschliesst wie das Bekennen und entsprechende Veränderungen. Wer Fehler als solche nicht erkennt, kann sich dazu nicht bekennen. Wer sich zu eigenen Fehlern nicht bekennt, wird keine Kraft für Veränderungen aufbringen. So einfach und eben auch so kompliziert ist das.

Dabei darf nicht vergessen werden, dass jeder Fehler auch ein gewisses Entwicklungspotenzial mit sich bringt. Läuft immer alles nur reibungslos, gibt es keine Herausforderungen für künftige Entwicklungen. Insofern können Fehler wirklich klug machen, wenn eine adäquate Fehlerkultur besteht. Eine solche ist vor allem davon geprägt, dass korrigierbare Fehler gemacht und angstfrei reguliert werden können.

Irreparable Folgen schwerwiegender Fehler sind hingegen viel seltener, aber auch nachhaltiger in der Wirkung. Der Flugzeugabsturz oder die Schiffshavarie aufgrund eines Pilotenfehlers oder eines Fehlers des Kapitäns gehören zu den tragischen Fehlern ebenso wie vielleicht der folgenschwere Fahrfehler im Strassenverkehr mit folgendem Unfall und Verletzten oder sogar Toten.

Wesentlich leichter wiegen da kleinere Fehler beispielsweise in der Preisauszeichnung von Produkten, in der Produktion oder in der Verwaltung. Hier ist es gut, wenn der Fehler schnell erkannt wird und Verbesserungen vorgenommen werden. Zum Lernprozess gehört dann auch die Entschuldigung bei jenen, die wegen des Fehlers besonderen Umständen ausgesetzt sind.


Fehlerhafte Entscheidungen können Unternehmen in den Ruin treiben. (Bild: wavebreakmedia / Shutterstock.com)
Fehlerhafte Entscheidungen können Unternehmen in den Ruin treiben. (Bild: wavebreakmedia / Shutterstock.com)


Fehlerhafte Entscheidungen können Unternehmen in den Ruin treiben

Wer an den Schnittstellen der Entscheidungen in Unternehmen sitzt, kann mit nur einem Fehler weitgehende Folgen auslösen. Diese reichen von Umsatzeinbussen über den Vertrauensverlust bis hin zum Totaluntergang des Unternehmens mitsamt der Arbeitsplätze und Kompetenzen. Daraus lässt sich schliessen, dass es besonders an den Schnittpunkten der Entscheidungen in den Unternehmen auf ein ausgeklügeltes Fehlererkennungssystem und Fehlermanagement ankommt. So sollten wichtige Entscheidungen niemals übereilt und nach Möglichkeit auch nicht allein getroffen werden. Auf diese Weise lassen sich Fehleinschätzungen und damit auch Folgefehler minimieren und im günstigsten Fall auch weitgehend ausschliessen.

Fehler müssen erlaubt sein

Wer in der Produktion oder in anderen Bereichen eine Null-Toleranz gegenüber Fehlern einfordert, der degradiert Menschen zu Maschinen, die automatisch, emotionslos und immer nur sachbezogen eine bestimmte Tätigkeit verrichten. Dass das nicht geht, zeigt der Alltag in jedem Unternehmen mit seinen vielfältigen Aufgaben, Entscheidungen und Veränderungen. Überall, wo Menschen aktiv sind, werden Fehler gemacht.

Es kommt lediglich darauf an, aus solchen Fehlern die richtigen Schlüsse zu ziehen und jene in Zukunft zu vermeiden. „Wer zweimal über denselben Stein stolpert, ist selber schuld!“, in diesem Spruch ist eine Menge Weisheit enthalten, die zeigt, dass Fehler als solche erkannt werden müssen, damit sie in Zukunft ausgeräumt werden können. Dazu lohnt es sich, den Stein des Anstosses klar zu benennen und aus dem Weg zu räumen. Nur so können Fehler auch zur Entwicklung beitragen.

Dort, wo Fehler grundsätzlich nicht toleriert werden, herrscht eine Atmosphäre der Angst. Gerade diese Angst wird aber neue Fehler provozieren. Oder es kommt dazu, dass keine eigenständige Arbeit mehr ausgeführt wird, dass zu langsam gearbeitet wird oder dass nur noch auf klare Anweisung mit Rückversicherung Aktivitäten erfolgen. Das ist wahrlich kein gutes Klima für ein produktives und schöpferisches Arbeiten, wie es die moderne Wirtschaft in den meisten Bereichen verlangt.

Dort, wo Fehler als menschliche Normalität betrachtet werden, zeigt sich auch die Fehlerkultur von ihrer besten Seite. In solchen Bereichen wird nicht mehr der Zeigefinger ausgestreckt, Fehler werden eingestanden und Wege für Lösungen gesucht. Nicht selten kann auch eine Top Ten der meistgemachten Fehler dafür sorgen, dass besonders häufig auftretende effektiv ausgemerzt werden können. Dort, wo einzelne Fehler gehäuft und immer wieder auftreten, muss auch darüber nachgedacht werden, ob vielleicht im System selbst der Grund für die Fehlerquote liegt. Aber auch das gelingt nur dann, wenn angstfrei über Fehler gesprochen werden kann und nicht gleich der Verlust des Arbeitsplatzes droht.

 

Oberstes Bild: © Sukiyaki – Shutterstock.com

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Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

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