Fusion von Online- und Offline-Welt: Erfolgreiches Multichannel-Shopping

Der stationäre Handel wird in den letzten Jahren zunehmend durch preisaggressive Konkurrenz aus dem Onlinehandel unter Druck gesetzt. Anstatt sich auf einen eher aussichtslosen Preiskampf einzulassen, gehen kreative Vordenker einen anderen Weg. Sie verbinden die Vorteile einer Onlinepräsenz mit ihren eigenen Stärken als stationärer Händler. Wir portraitieren in diesem Artikel zwei Beispiele einer erfolgreichen Online/Offline–Kombination.

Das Konsumerverhalten hat sich innerhalb der letzten 15 Jahre deutlich verändert. Mit den erfolgreichen Auftritten von Amazon – das jetzt auch Smartphones vertreibt – und eBay wurden in grossem Stil Teile des stationären Handels ins Internet verlagert. Konsumer bekamen die Möglichkeit Produkte online zu erwerben, die sie sonst nur in einem örtlichen Geschäft hätte kaufen können.

In den folgenden Jahren haben immer mehr Menschen die Vorteile von Online-Bestellmöglichkeiten zu jeder Uhrzeit und bequemer Warenlieferungen schätzen gelernt. Mit dem Aufkommen effizienter Suchmaschinen wurde das Internet zur sekundenschnell zugänglichen Quelle für beinahe jede Produktinformation.

Allgemein entsteht der Eindruck, dass Internet läuft dem stationären Handel immer mehr den Rang ab und wer den Wechsel nicht rechtzeitig schafft, wird bald sein Geschäft aufgeben müssen.

Online- und Offline-Welt haben jeweils eigene Stärken

Für einige Branchen mag dies stimmen, jedoch gibt es auch zahlreiche Bereiche, die mittel- und langfristig nicht aus dem stationären Handel wegzudenken sind, wie z.B. grosse Teile der Lebensmittelindustrie. Und selbst Industriezweige, die starken Druck von reinen Onlineanbietern spüren, besinnen sich auf eigene Stärken, die in der Online-Welt nicht geboten werden können. Vor allem die Qualität von Beratungs- und Serviceleistungen wird deutlich von einem freundlichen Ansprechpartner getragen und kommt am stärksten im persönlichen Gespräch zur Geltung. Hier können die Online-Chats und auch Service-Hotlines nicht mithalten.

Wie sich die Stärken von Online- und Offline-Welt erfolgreich für den Verkauf kombinieren lassen, hat Matthias Hell anhand zahlreicher Beispiele in seinem Buch local heros demonstiert. Zwei dieser Beispiele werden im Folgenden vorgestellt.

Drive-Markt integriert die Online-Welt in einen schwierigen Bereich

Der Lebensmittelsektor lässt sich schwer mit dem klassischen System aus Online-Bestellung und Freihaus Lieferung verbinden. Dies gilt vor allem dann, wenn verderbliche Waren einen grossen Bestand des Sortiments ausmachen. Aus diesem Grund hat sich der Drive-Markt aus Südbayern für eine Variante entschieden, die vor allem in Frankreich verbreitet ist: Online Bestellen und vor Ort abholen.



Der Kunde kann über einen Online-Shop aus mehr als 5000 Artikeln wählen. Seine Order wird anschliessend zusammengestellt, fertig verpackt und ggf. gekühlt, sodass sie ab zwei Stunden nach Auftragseingang mitnahmebereit an einem extra Abholschalter bereitsteht.

Sylvester Greiter, Projektleiter des Projekts, beurteilt die Ergebnisse der ersten Monate wie folgt: „Wer einmal online bestellt, bleibt mir recht hoher Wahrscheinlich dabei“. Darüber hinaus seien vor allem Mütter und Hausfrauen dankbare Nutzer des zeitsparenden Angebots.

Im weiteren Verlauf richtet Drive-Markt das Online Portfolio anhand der Verkaufszahlen und des eingeforderten Kundenfeedbacks neu aus. Insgesamt sieht Greiter das Konzept als niederschwelligen Testlauf, der aber „durchaus auch an anderen Standorten“ angeboten werden könne.

mStore musste einen gänzlich anderen Weg gehen

Den umgekehrten Weg geht der deutsche Apple-Ableger mStore mit einer QR-Shopping Strategie. Kunden installieren eine QR-Shopping-App, in der Sie ein PayPal Konto einrichten und eine Adresse angeben. Scannen Sie mit der Handykamera nun einen im mStore hinterlegten QR-Code, gelangen Sie zu einem vereinfachten Verkaufsprozess, mit dem Sie sich das Produkt direkt nach Hause bestellen können.

Intuitiv mag man sich fragen, wo der Vorteil liegen soll, den Kunden aus dem Haus zu holen, um ihn dann in der Filiale eine Bestellung nach Hause abgeben zu lassen.

An diesem Punkt zeigt sich die Kreativität des Konzepts. Applenutzer möchten das Produkt vor Ort sehen und anfassen, weil es auf innovatives Design- und Haptik setzt. Damit ist der klassische Vorteil eines Online-Shops nutzlos, der dem Käufer in erster Linie den Gang in die Filiale erspart.

mStore hat nicht den Fehler gemacht, durch den Druck der Online-Shops seine Filialkunden zu unzufriedenen Online-Shop Nutzern zu machen, sondern hat seinen Filialkunden durch die Onlinetechnologie einen für sie attraktiven Einkaufsvorteil geboten.

Darüber hinaus bietet das Konzept einen weiteren Vorteil: Es müssen nicht mehr alle Varianten eines Produkts vorrätig sein. Der Kunde kann z.B. ein iPhone in grün vor Ort beschauen und via QR-Code-Shopping das gleiche Modell in weiss ordern.

Kein Patentrezept für erfolgreiches Multichannel-Shopping

Das Beispiel des mStores zeigt, dass die Kombination von Online und Offline im Einzelversand stark von der eigenen Zielgruppe abhängt. Manchmal muss man das Erfolgsrezept des einen Händlers ins Gegenteil verklären, um die eigene Zielgruppe zu erreichen. Erfolgreiches Multichannel-Shopping ist zur Zeit eine Frage von individuellen und kreativen Lösungen. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen können hier Marktnischen für sich nutzen.

 

Oberstes Bild: © Marek – Fotolia.com

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Mehr zu Markus Haller

Diplomphysiker im technischen Vertrieb mit Leidenschaft fürs Schreiben.
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