Achtung Verdachtskündigung

Egal, ob ordentliche Kündigung oder fristlose Kündigung – die Gründe für Entlassungen einzelner Mitarbeiter sind vielschichtig. Betriebsbedingte Gründe wie etwa permanenter Auftragsmangel oder Umstrukturierungen im Unternehmen können genauso Kündigungsgründe sein wie Tatsachen, die im Bereich der Persönlichkeit des Arbeitnehmers liegen.

Im letzteren Fall tritt zunehmend die Verdachtskündigung an die Stelle einer ordentlichen Kündigung mit der Folge der fristlosen Entlassung. Eine Verdachtskündigung ist für den betroffenen Arbeitnehmer oftmals schwer hinnehmbar, erst recht dann, wenn der ausgesprochene Verdacht nicht zutrifft und sich letztlich sogar als falsch herausstellt. Auch für den Arbeitgeber kann eine missbräuchlich ausgesprochene Verdachtskündigung Folgen nach sich ziehen. Diese sind oftmals in finanziellen Entschädigungen zu finden, die nicht selten richtig teuer werden können. Vorsicht bei der Verdachtskündigung mit sofortiger Entlassung ist also in jedem Fall angezeigt.

Gekündigt ist gekündigt

Zunächst gilt: Gekündigt ist gekündigt. Ist eine Kündigung erst einmal rechtskonform ausgesprochen, ist die Entlassung kaum noch abzuwenden. Selbst eine missbräuchliche Kündigung schützt letztlich nicht vor der Entlassung. Im Streitfall schiebt der Arbeitgeber eben eine ordentliche Kündigung nach, die dann aufgrund der Form und Fristsetzung nicht mehr angegriffen werden kann.

Selbst dann, wenn der Arbeitnehmer gerichtlich erfolgreich gegen eine missbräuchliche Kündigung vorgehen kann, ist das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer danach dermassen geschädigt, dass eine sinnvolle Weiterbeschäftigung als eher unwahrscheinlich gilt. Die für den Beschäftigten schmerzhafte Kündigung lässt sich eigentlich nur noch mit einem wohlwollenden Arbeitszeugnis ausgleichen, das dem nun Arbeitssuchenden gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt eröffnen kann. Mehr aber auch nicht. Ist eine Kündigung missbräuchlich ausgesprochen worden oder widerspricht sie dem Gleichstellungsgesetz, dann wird bei erfolgreicher gerichtlicher Würdigung der Arbeitgeber um eine Entschädigungszahlung kaum herumkommen.

Achtung Verdachtskündigung

Oftmals werden Kündigungen, besonders fristlose Kündigungen, auf einen blossen Verdacht hin ausgesprochen. Hat der Beschäftigte Gelder veruntreut? Ist der Arbeitnehmer vorbestraft, auch wenn dies keine Auswirkungen auf die Erfüllung der arbeitsvertraglich vereinbarten Leistungen hat? Besteht der Verdacht auf kriminelle Aktivitäten? Befindet sich der Arbeitnehmer in einem konkurrierenden Verhältnis zum Arbeitgeber? Alles Fragen, deren Beantwortung oftmals mit einem noch nicht bewiesenen oder erhärtetem Verdacht behaftet ist. Für viele Arbeitgeber sind solche Verdachtsfälle als Begründung für eine fristlose Kündigung hinreichend. Fragwürdig ist dieses Vorgehen allemal.

In Deutschland beispielsweise ist die reine Verdachtskündigung verboten. Erst dann, wenn sich ein bestehender Verdacht als bewiesen herausstellt, kann daraufhin unter bestimmten Umständen eine Entlassung aus dem Arbeitsverhältnis erfolgen. In der Schweiz wird dieser Fakt eher nachlässig betrachtet. So werden in jedem Jahr viele Beschäftigte entlassen, weil irgendein Verdacht vorliegt, der mit der eigentlichen Arbeitsleistung nicht in einen kausalen Zusammenhang zu bringen ist. Damit ist dem Mobbing und der Denunziation unter Beschäftigten quasi jeder Weg offen gehalten. Ein gefährlicher Mix, der besonders die Arbeitgeber oftmals in eine prekäre Situation bringt.

Respekt vor der Persönlichkeit der Betroffenen

Wird eine Verdachtskündigung mit der Folge einer fristlosen Entlassung in Erwägung gezogen, gilt es, grössten Respekt vor den Betroffenen zu wahren. Eine Blossstellung der von der Verdachtskündigung bedrohten Arbeitnehmer ist nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch rechtlich bedenklich. Solange ein Verdacht nicht bewiesen ist, gilt der Betroffene zunächst als untadelig. So wird es zumindest bei der Rechtsprechung erfolgreich ausgeübt.

Im Arbeitsalltag hingegen reicht ein blosser Verdacht oftmals schon aus, um das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig zu beeinträchtigen. Dann wird schnell zur fristlosen Kündigung gegriffen, um den Betriebsfrieden zu wahren oder um ein deutliches Zeichen in Form eines Exempels zu setzen. Dabei werden zu entlassende Mitarbeiter oftmals in ihrer Persönlichkeit öffentlich vor Kollegen oder sogar Kunden angegriffen. Das geht so nicht! Auch das Heranziehen bislang unbekannter Vorstrafen, die allerdings keinen Bezug zur Tätigkeit haben, ist nicht statthaft. Dies bedeutet einen nicht hinnehmbaren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, die auch nach einer verbüssten Strafe nicht hingenommen werden müssen.

Besonders schwierig stellt sich die Situation einer Verdachtskündigung dann dar, wenn sich im Nachgang der im Raum stehende Verdacht etwa einer Veruntreuung als nicht haltbar erweist. Dann wurde der Arbeitnehmer unter Umständen zu Unrecht entlassen. Viele Gerichte neigen dann dazu, dem ehemaligen Arbeitnehmer eine finanzielle Entschädigung zuzusprechen. Dennoch kann der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung auch ohne Angabe von Gründen aussprechen und diese Gründe beispielsweise nach erwiesener Schuld des Arbeitnehmers nachschieben. Gelingt das nicht, ist die Kündigung zwar dennoch wirksam, wirft aber ein schlechtes Leicht auf den Arbeitgeber und sorgt für Unsicherheiten bei den anderen Beschäftigten im Unternehmen. Letztlich kann es hier jeden treffen.


Königsweg ordentliche Kündigung. (Bild: Photographee.eu / Shutterstock.com)


Königsweg ordentliche Kündigung

Eine Verdachtskündigung wird in vielen Fällen auch ohne begründeten Verdacht ausgesprochen – von Beweisen ganz zu schweigen. Beeinträchtigt ein solcher Verdacht die Arbeit im Unternehmen nicht oder werden die Rechte anderer dadurch nicht unverhältnismässig beschnitten, gibt es eigentlichen keinen wirklichen Grund für eine fristlose Entlassung. Will sich der Arbeitnehmer des unter Verdacht geratenen Beschäftigten dennoch entledigen, so bietet hier die ordentliche Kündigung einen Königsweg.

In der ordentlichen Kündigung kann Bezug genommen werden auf das erheblich gestörte Vertrauensverhältnis, das auch ohne weitere Beweise als Kündigungsgrund akzeptiert werden wird. Damit ist auch dem zu Recht oder zu Unrecht betroffenen Arbeitnehmer Genüge getan, der jetzt die Kündigungsfrist für die Stellensuche nutzen kann. Arbeitsgerichtlich lässt sich ein solches Vorgehen nur selten angreifen. Eine weitere probate Möglichkeit ist der Aufhebungsvertrag, der die sofortige einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses, gegebenenfalls bei Zahlung einer Abfindung, regeln kann. So wird arbeitsrechtlichen oder zivilrechtlichen Auseinandersetzungen und eventuellen Entschädigungszahlungen aus dem Weg gegangen.

 

Oberstes Bild: © baranq – Shutterstock.com

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Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

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