Quereinsteiger: Berufswechsel als neue Chance und wie profitieren Unternehmen?

Die Arbeitswelt verändert sich rasant: Digitalisierung, Fachkräftemangel und der Wunsch vieler Menschen nach beruflicher Erfüllung sorgen dafür, dass immer mehr den Schritt wagen, beruflich noch einmal ganz neu anzufangen und umzusatteln.

Doch in welchen Branchen ist das realistisch? Und wie profitieren Unternehmen von diesem wachsenden Trend?

Was ist ein Quereinsteiger eigentlich genau?

Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind Menschen, die ohne formale Ausbildung oder ohne klassischen Berufsweg in ein Tätigkeitsfeld einsteigen – oft in ein komplett anderes, als sie zuvor ausgeübt haben. Sie kommen also nicht aus dem „System“ der jeweiligen Branche, bringen aber oft Berufserfahrung aus anderen Bereichen mit – und damit auch frischen Wind, neue Sichtweisen und Skills, die im Idealfall das bestehende Team bereichern.

Abzugrenzen sind Quereinsteiger von sogenannten Umsteigern, die sich innerhalb ihres Berufsbereichs weiterentwickeln – etwa vom Techniker zum Projektleiter. Quereinsteiger hingegen wechseln komplett die Branche.

Quereinsteiger haben heute allgemein gute Chancen, weil die Arbeitswelt in einem ständigen Umbruch ist. Das Internet ändert vieles und die jungen Menschen wählen andere Berufe als früher, ihnen wird ein ganz anderes Mindset, eine andere Work-Life-Balance, vorgelebt, als ihre Eltern es kannten und so fehlen junge Menschen in vielen Berufen.

Dieser Mangel in herkömmlichen Berufen macht es  Quereinsteigern ab ca. 30 Jahren leichter, beruflich umzuswitchen, als dies früher einmal war.

Wer sind die Quereinsteiger? Alle möglichen Personen und Altersklassen, aber es gibt natürlich Personenkreise, bei denen ein Quereinstieg eher in Frage kommt als bei anderen. Mütter, die zunächst kleine Kinder gross gezogen haben und gar nicht oder nur reduziert gearbeitet haben, wollen meist, wenn die Kinder im Teenageralter sind, gerne noch mal richtig ins Berufsleben einsteigen. Oft haben sie qualifizierte Ausbildungen und das Potential neu durchzustarten.

Alle Personen, die mit ihrem Beruf unzufrieden sind – und das sind heute sehr viele – können heute über einen Quereinstieg in ein anderes Berufsfeld nachdenken.


Ein Quereinsteiger kommt mit anderen Voraussetzungen in den Betrieb. (Bild: Kenishirotie – shutterstock.com)

In welchen Berufen sind Quereinsteiger besonders willkommen?

Nicht in allen Branchen ist der Quereinstieg gleich leicht möglich. Dennoch gibt es viele Bereiche, in denen gezielt Quereinsteiger gesucht und aktiv gefördert werden. Besonders offen sind in der Schweiz und anderen Ländern:

  • Gesundheits- und Pflegeberufe: Der Bedarf an Pflegepersonal ist enorm. In der Schweiz gibt es gezielte Programme für Quereinsteiger, etwa den Einstieg als Pflegehelfer/in SRK. Auch mit 50+ ist dieser Weg noch möglich.
  • IT und Tech: Der IT-Bereich ist besonders offen, da hier Kompetenz oft wichtiger ist als ein formaler Abschluss. Bootcamps, Umschulungsprogramme oder Initiativen wie Powercoders (für Migrant:innen) eröffnen neue Chancen.
  • Bildungswesen: In einigen Kantonen ist ein Seiteneinstieg ins Lehramt möglich, etwa auf Sekundarstufe I und II. Pädagogische Hochschulen bieten gezielte Weiterbildungsprogramme an, auch berufsbegleitend.
  • Handwerk und Baugewerbe: Praktische Begabung zählt hier oft mehr als Theorie. Viele Unternehmen sind bereit, intern auszubilden – insbesondere, wenn Motivation und Lernbereitschaft stimmen.
  • Detailhandel und Verkauf: Viele Handelsunternehmen schulen intern, sodass ein Einstieg auch ohne einschlägige Ausbildung möglich ist.
  • Logistik und Transport: Umschulungen zum/zur Chauffeur/in oder Lagerlogistiker/in sind häufig gefragt und relativ rasch umsetzbar.
  • Soziale Arbeit und Betreuung: Auch in Heimen, Kindertagesstätten oder Institutionen für Menschen mit Beeinträchtigung sind Quereinsteiger oft willkommen – etwa für Betreuungsaufgaben oder Alltagsbegleitung.
  • Gastronomie und Tourismus: In vielen Regionen der Schweiz fehlt Personal. Wer freundlich, belastbar und lernbereit ist, findet hier oft unkompliziert Einstiegsmöglichkeiten – auch ohne formalen Abschluss.

Quereinsteiger sind oft Leute, die sich in ihrem alten Job sehr langweilen. (Bild: DesignRage – shutterstock.com)

Ist man irgendwann zu alt für einen Neuanfang?

Eine häufige Sorge ist das Alter. Viele fragen sich: Lohnt sich ein Berufswechsel mit 40, 50 oder gar 60 noch? Die gute Nachricht: Es gibt keine formale Altersgrenze – weder in der Schweiz noch in den meisten westlichen Ländern. Die schlechte: Altersdiskriminierung ist zwar verboten, existiert aber leider trotzdem in manchen Köpfen.

Realistisch betrachtet bieten sich für Menschen unter 45 meist die besten Voraussetzungen, da noch viele Berufsjahre vor ihnen liegen. Doch auch über 50 ist ein Quereinstieg durchaus möglich – besonders in Bereichen mit starkem Fachkräftemangel wie Pflege, Bildung oder Betreuung. Wichtig ist dabei, realistisch einzuschätzen, wie viel Zeit, Energie und ggf. finanzielle Ressourcen man in eine Umschulung investieren kann.

Die Idee der lebenslangen Lernbiografie setzt sich zunehmend durch – auch, weil die klassische „eine Karriere fürs Leben“-Vita kaum noch existiert. Menschen wechseln heute häufiger den Job oder Beruf, sei es aus Notwendigkeit oder Überzeugung.

Der Vorteil, wenn man spät wechselt, können die intensiven Berufserfahrungen und Skills aus dem vorherigen Beruf sein. Durch die Überalterung der Gesellschaft gibt es im Bereich Pflege und Betreuung alter oder hilfsbedürftiger Menschen viel mehr Bedarf. Auch das Thema Migration schafft neue Jobs.


Das Zusammenarbeiten verschiedener Generationen in einem Unternehmen wird immer normaler und als bereichernd empfunden. (Bild: Ground Picture – shutterstock.com)

Wie und Warum Unternehmen von Quereinsteigern profitieren

Viele Firmen zögern noch, wenn es um Quereinsteiger geht – aus Angst vor längerer Einarbeitung oder fehlender branchenspezifischer Erfahrung. Doch wer sich auf Quereinsteiger einlässt, kann langfristig profitieren:

  • Neuer Blickwinkel: Menschen, die von aussen kommen, hinterfragen Prozesse oft konstruktiv und bringen frische Ideen mit.
  • Starke Motivation: Quereinsteiger entscheiden sich meist ganz bewusst für das neue Berufsfeld. Ihre Lern- und Leistungsbereitschaft ist daher oft überdurchschnittlich hoch.
  • Wertvolle Transfer-Skills: Wer zum Beispiel aus der Hotellerie in die Pflege wechselt, bringt Erfahrung im Umgang mit Menschen, in Stressbewältigung und Organisation mit – alles hochrelevante Kompetenzen.
  • Erweiterte Personalauswahl: Gerade im Fachkräftemangel bietet der Fokus auf Quereinsteiger eine willkommene Personalreserve.
  • Diversität im Team: Unterschiedliche Lebenswege und Perspektiven fördern Innovation, Kreativität und ein offeneres Arbeitsklima.
  • Andere Persönlichkeiten: Quereinsteiger haben nicht von jungen Jahren einen Beruf gewählt und dessen Image, Identität. Branchenfremde Personen können enorm bereichernd sein, für die Kollegen und die Geschäftsprozesse.
  • Vielfältigere Einsatzmöglichkeiten: Da Quereinsteiger meist schon in anderen Berufen gearbeitet haben, kann man sie oft in verschiedenen Bereichen einsetzen. Sie können an einer Stelle vielleicht drei Aufgaben erledigen, weil sie Erfahrung haben, statt nur einer.

Viele Schweizer Unternehmen beginnen gerade erst, das Potenzial dieser Zielgruppe zu entdecken – mit Erfolg. Programme zur internen Umschulung, Patensysteme und Weiterbildungsbudgets zahlen sich dabei besonders aus.


Der Fachkräftemangel in mehreren Branchen macht es Quereinsteigern heute leicht, neu durchzustarten. (Bild: FrankHH – shutterstock.com)

Ein Blick ins Ausland – wie machen es andere Länder?

In einigen Ländern ist der Quereinstieg viel selbstverständlicher als im deutschsprachigen Raum. In den USA etwa zählt nicht der Abschluss, sondern die Fähigkeit. Der Satz „Hire for attitude, train for skill“ ist dort nicht nur ein Spruch, sondern gelebte Praxis.

Auch in den Niederlanden oder Skandinavien ist die berufliche Durchlässigkeit hoch. Weiterbildung wird stark staatlich unterstützt, und Karrieren verlaufen oft deutlich flexibler als in der Schweiz oder Deutschland.

Grossbritannien fördert gezielt mid-career changes, etwa durch Programme für Quereinsteiger ins Lehramt oder in den Pflegebereich. Und in Kanada oder Australien wird der Quereinstieg sogar zur gezielten Integration von Einwanderern genutzt – inklusive offizieller Förderprogramme.

Im Vergleich dazu gelten Deutschland und die Schweiz eher als „diplom-orientierte“ Länder, in denen formale Abschlüsse und geradlinige Karrierewege noch hoch gewichtet werden. Doch auch hier findet ein Wandel statt – getrieben durch Personalmangel, technologischen Wandel und gesellschaftliche Umbrüche.

Der Wandel bietet Chancen – für Menschen wie für Unternehmen

Die Berufswelt von heute verlangt mehr Flexibilität – und bietet im Gegenzug auch mehr Chancen. Ein Quereinstieg kann ein mutiger, aber lohnender Schritt sein. Für Unternehmen lohnt es sich, Potenziale jenseits des klassischen Karrierepfads zu erkennen und zu fördern.

Wer umdenkt, öffnet Türen – nicht nur für Einzelpersonen, sondern auch für wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit. Die Arbeitswelt verlangt immer mehr Flexibilität und Umdenken.


Es lohnt sich meist im Leben etwas zu verändern und sich zu erneuern. (Bild: eamesBot – shutterstock.com)

Top-Weiterbildungsanbieter für Quereinsteiger in der Schweiz

Allgemeine und praxisnahe Anbieter

  • Migros Klubschule
    www.klubschule.ch
    Breites Kursangebot in Sprachen, digitalen Kompetenzen, Kreativ- und Sozialberufen.
    Zielgruppe: Erwachsene aller Altersstufen, Wiedereinsteiger, Umsteiger.
  • EB Zürich
    www.eb-zuerich.ch
    Öffentliche Bildungsinstitution mit Fokus auf berufliche Neuorientierung und Integration.
    Zielgruppe: Erwachsene, auch ohne formalen Abschluss.
  • Feusi Bildungszentrum
    www.feusi.ch
    Bildungsangebote von Grundbildung bis zur höheren Berufsbildung.
    Zielgruppe: Berufsumsteiger, Wiedereinsteiger, Jugendliche und Erwachsene.
  • Benedict-Schulen
    www.benedict.ch
    Breites Angebot in Wirtschaft, Gesundheit, IT, Sprachen.
    Zielgruppe: Quereinsteiger, Berufstätige, Maturanden.

Für Pflege, Betreuung und soziale Berufe

  • SRK (Schweizerisches Rotes Kreuz)
    www.redcross.ch
    Kurse wie „Pflegehelfer/in SRK“, Einstieg in Pflegeberufe ohne Vorkenntnisse.
    Zielgruppe: Erwachsene mit Interesse an Pflege und Betreuung.
  • Careum Weiterbildung
    www.careum.ch
    Spezialisierte Bildungsangebote im Gesundheits- und Sozialwesen.
    Zielgruppe: Berufserfahrene sowie Quereinsteiger in Pflege, Sozialarbeit, Betreuung.

Für IT-Quereinsteiger

  • Powercoders
    www.powercoders.org
    Intensiv-Bootcamp für den Einstieg in die Tech- und IT-Branche.
    Zielgruppe: Migrantinnen und Migranten, aber auch generell IT-Interessierte.

 

Titelbild: Olivier Le Moal – shutterstock.com

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