Die neue Generationenvielfalt am Arbeitsplatz: Chance oder zu grosse Herausforderung?

Aktuell prallen in der Arbeitswelt Generationen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten, in ihrer Auffassung vom Arbeitsleben, Work-Life-Balance und Verdienstmöglichkeiten.

Eine Zusammenarbeit unter den Generationen stellt sich im Arbeitsalltag als oft sehr schwierig heraus.

Sicher haben Sie es auch schon erlebt: Beim Behördengang sehen Sie wie die blutjunge Beamtin der gestandenen Kollegin die digitalen Arbeitsvorgänge erklärt und blitzschnell alles erledigt. Die Digitalisierung schreitet so rasant voran, dass sich ältere Personen ganz automatisch an ihrem Arbeitsplatz regelrecht überflüssig vorkommen und von den Jungen überrannt werden.

Aber auch wenn die Älteren noch genug Skills und Kenntnisse haben um mitzuhalten, so gibt es doch dauernd Verständnisprobleme unter den Generationen und auch Konflikte. Man kann sagen, noch nie hatten ältere Generationen so wenig Dominanz wie heute. Es gibt nicht mehr das Gefälle, die Hierarchie von Alt zu Jung, sondern es ist alles anders.

Junge Menschen wachsen mit Smartphone und co. auf, während die Älteren oft Jahrzehnte vollkommen ohne digitale Hilfen gelebt und gearbeitet haben. Es ist aber nicht nur so, dass dies zu unterschiedlichen Kenntnissen führt, sondern auch die Lebenseinstellung und Arbeitsbereitschaft ist ganz anders geworden. Es ist tatsächlich hilfreich, die einzelnen Generationen zu typisieren.


Generationskonflikte sind ganz normal, privat und im Beruf. (Bild: Just Dance – shutterstock.com)

Vom Baby Boomer zur Generation Z

Während der Baby Boomer nach einem anstrengenden Arbeitsleben jetzt kurz vor seiner Pensionierung steht, sucht die pragmatische Generation X noch nach Stabilität in einer sich stets wandelnden Welt.

Die Generation Z strebt in erster Linie nach Selbstverwirklichung und priorisiert Freizeit viel höher als Karriere. Alle Generationen pflegen unterschiedliche Kommunikationsstile und Erwartungen an den Arbeitsalltag. In einer Zeit des Fachkräftemangels und des rasanten Wandels rückt diese Vielfalt zunehmend in den Fokus von Führungskräften und HR-Abteilungen.

Aus dem Alltag: Notar-Praxen klagen, dass der Nachwuchs fehlt, der die Bürotätigkeiten übernimmt. So brauchen alle Vorgänge Wochen länger als früher. Junge Menschen haben heute oft keine Lust mehr auf streng reglementierte Jobs, sondern wollen etwa den Freitag ganz frei haben und keine so fest gelegten Arbeitszeiten.

Im Handwerksbereich sieht es ähnlich aus: Harte Arbeit ist nicht mehr so gefragt wie früher. Instagram macht es den jungen Generationen vor, dass sich viel leichter sehr viel mehr Geld verdienen lässt. Das Internet, die sozialen Medien und die sich ständig weiter entwickelnde Digitalisierung macht wichtige, alte Berufe unattraktiv.


In vielen Branchen, wie im Handwerk, fehlt der Nachwuchs, weil die Work-Life-Balance nicht attraktiv ist. (Bild: Grustock – shutterstock.com)

Die Baby Boomer, geboren zwischen 1946 und 1964, gelten als pflichtbewusst, loyal und arbeitsfreudig. Arbeit war für sie lange Zeit identitätsstiftend – sie „leben, um zu arbeiten“ und schätzen Stabilität und Hierarchien.

Mit der Generation X (ca. 1965–1980) kamen die ersten Zweifel an starren Strukturen auf. Sie wuchsen in wirtschaftlich unsicheren Zeiten auf, erlebten den digitalen Wandel als Erwachsene mit, sind eigenständig, pragmatisch – und oft die Mittlerrolle zwischen Jung und Alt. Sie wollen arbeiten, aber eben auch leben.

Ganz anders die Millennials (Generation Y, ca. 1981–1996): Sie suchen Sinn und Entwicklung im Job, möchten sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren und hinterfragen den klassischen Karriereweg. Statt des sicheren Arbeitsplatzes sind Weiterbildung, Flexibilität und Feedbackkultur entscheidend. Als Digital Natives bewegen sie sich selbstverständlich zwischen Präsenzbüro und Homeoffice, fordern flache Hierarchien und offene Kommunikation.

Noch kompromissloser tritt die Generation Z (ca. 1997–2012) auf den Arbeitsmarkt. Sie trennt klar zwischen Berufs- und Privatleben, stellt mentale Gesundheit und Freizeit über beruflichen Aufstieg und erwartet Sinn, Diversität und Nachhaltigkeit. Gleichzeitig wächst diese Generation in einer Welt auf, in der Influencer mit wenig sichtbarem Aufwand viel Geld verdienen – das wirft Fragen auf: Was ist noch ein realistisches Arbeitsmodell? Was ist blosse Inszenierung? Zwischen dem Wunsch nach Work-Life-Balance und dem Drang, sich selbst zu vermarkten, entsteht ein spannungsreicher Spagat.


Ein selten gewordenes Bild: Ältere Mitarbeiter erklären Jungen digitale Vorgänge. (Bild: goodluz – shutterstock.com)

Während ältere Generationen von der jungen Belegschaft oft mehr Ernsthaftigkeit erwarten, empfinden Jüngere viele Strukturen als veraltet und hinderlich. Hier stossen oft mehrere Welten aufeinander – was in Unternehmen nicht selten zu Missverständnissen führt, aber auch enormes Potenzial birgt. Wer generationenübergreifendes Arbeiten klug gestaltet, kann voneinander lernen: etwa wenn Boomer ihre Erfahrung weitergeben und dafür von der digitalen Kompetenz der Gen Z profitieren.

Viele Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, all diese Gruppen mitzunehmen: Die einen wollen Sicherheit, die anderen Veränderung. Die einen leben für den Job, die anderen arbeiten, um zu leben.



Die verschiedenen Generationen & ihre Typisierungen in der Arbeitswelt im Überblick:

Baby Boomer

Geburtsjahrgänge: ca. 1946–1964
Merkmale:

  • Starke Arbeitsmoral, Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber
  • Karriere- und statusorientiert
  • „Leben, um zu arbeiten“
  • Häufig in Führungspositionen
  • Werte: Stabilität, Disziplin, langfristige Planung

Arbeitswelt:

  • Oft geprägt von Hierarchien und klassischen 9-to-5-Modellen
  • Digital Natives? Eher nicht, aber viele haben sich im Laufe der Zeit angepasst

Generation X

Geburtsjahrgänge: ca. 1965–1980
Merkmale:

  • Zwischen Tradition & Moderne
  • Selbstständigkeit, Pragmatismus, Work-Life-Balance interessant
  • Skepsis gegenüber Autoritäten
  • Werte: Flexibilität, Effizienz, berufliche Sicherheit

Arbeitswelt:

  • Wandel von analog zu digital miterlebt
  • Häufig die „Sandwich-Generation“ zwischen Boomer-Führungskräften & jüngeren Kollegen
  • „Arbeiten, um zu leben“ rückt stärker in den Fokus

Generation Y (Millennials)

Geburtsjahrgänge: ca. 1981–1996
Merkmale:

  • Sinnsuche & Purpose im Job
  • Work-Life-Balance/Work-Life-Integration wichtig
  • Digital Natives
  • Werte: Flexibilität, Entwicklungsmöglichkeiten, Feedback-Kultur

Arbeitswelt:

  • Aufgewachsen mit Globalisierung & Digitalisierung
  • Remote Work, flache Hierarchien, agile Arbeitsmethoden
  • Arbeitgeber müssen oft „mehr“ bieten als nur Gehalt (Weiterbildung, Sinnhaftigkeit)

Generation Z

Geburtsjahrgänge: ca. 1997–2012
Merkmale:

  • Stark digital geprägt (Social Media, Influencer-Kultur)
  • Freizeit & Selbstverwirklichung wichtiger als Statussymbole
  • Sicherheitsorientiert, aber gleichzeitig experimentierfreudig
  • Werte: Nachhaltigkeit, Diversity, klare Grenzen zwischen Arbeit & Freizeit

Arbeitswelt:

  • Keine Angst vor Jobwechsel, wenn Werte nicht passen
  • Remote Work selbstverständlich, aber gleichzeitig Wunsch nach klaren Strukturen
  • Influencer-Kultur sorgt für neue Idealvorstellungen von „Arbeit“ (Stichwort: „Hustle vs. Balance“)

Jüngere Arbeitnehmer sind mehr sozial interessiert. (Bild: NDAB – shutterstock.com)

Generation Alpha

Geburtsjahrgänge: ca. ab 2013
Merkmale:

  • Noch jung, aber werden die ersten „voll digitalen“ Arbeitnehmer sein
  • Werte & Arbeitsmoral noch im Entstehen, stark beeinflusst durch Technologie & aktuelle gesellschaftliche Trends

Die Welt der Influencer hat ihren Teil dazu beigetragen, dass normale Jobs für viele junge Menschen unattraktiv geworden sind. (Bild: PeopleImages.com – Yuri A)

Tipps für ein gelungenes Zusammenarbeiten der verschiedenen Generationen

Als Führungskraft hat man heute die Aufgabe, diese verschiedenen Generationen an einen Tisch zu bringen und Konflikte aus dem Weg zu räumen. Das bedeutet zu aller erst das gegenseitige Verständnis zu fördern. Schulungen und Workshops zu Kommunikation und moderner Team-Work sind hilfreich.

Führungskräfte sollten heute eher situativ führen. Die älteren Mitarbeiter mögen weiter klare Vorgaben und die Jüngeren wünschen sich mehr Coaching und Beteiligung. Das bedeutet aber auch, dass die Älteren mehr in Ruhe gelassen werden wollen. Mehr Feedback und regelmässigere Gespräche sind heute förderlich.

Damit ältere Mitarbeiter von den jungen mit ihren digitalen Skills nicht überrannt und nicht ernst genommen werden, helfen sogenannte Tandem-Modelle und Mentoring-Programme. Hier sehen beide Seiten, welches Wissen und Know how die anderen haben, was im Alltag oft nicht so klar wird.

Jüngere Generationen prüfen kritischer ob ein Unternehmen bestimmte Werte wie Nachhaltigkeit und Diversität auch lebt. Sie wollen für ein Unternehmen arbeiten, hinter dem sie auch stehen können.

In der Zusammenarbeit sollte man die gemeinsamen Ziele herausstellen und das Verbindende über das Trennende stellen. Es ist sicher eine Herausforderung, das hohe Bedürfnis der jüngeren Generation nach Wertschätzung, Sinn, Zugehörigkeit und Weiterentwicklung in die Arbeitswelt zu integrieren, aber es ist eben auch eine Veränderung, die für alle bereichernd ist.

Diskriminierungen aufgrund des Alters, egal ob von den Jungen oder den Alten sollte vermieden werden.

 

Titelbild: Rawpixel.com – shutterstock.com

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