Verlockende Erlebniswelten für den Start in die Berufswelt
Zürich (ots) –
An der Eröffnung der 19. Berufsmesse Zürich war viel von der Vorbildfunktion von Lehrbetrieben, aber auch dem Kampf um Aufmerksamkeit die Rede. Coop-CEO Philipp Wyss sprach über die vielfältigen Karrieremöglichkeiten im Detailhandel, Jeremie Levy über die moderne, jugendgerechte und interaktive Umsetzung von Lehrstellenmarketings anhand der Aussteller der Elektroberufe. Und mit Michael Ryter wurde der beste Gipser der Welt geehrt.
Thomas Hess, Geschäftsführer des KMU- und Gewerbeverbands Kanton Zürich, begrüsste rund 100 Gäste aus Berufsbildung, Branchenverbänden und Politik am heutigen Dienstag, 19. November zur 19. Berufsmesse. Künstliche Intelligenz, das Makrothema, werde nicht mehr von der Bildfläche verschwinden, meinte Hess. Die Angst, dass KI Jobs wegrationalisiert, sei real, gerade bei Routinearbeiten. Doch Berufe in vielen KMU, in denen Handwerk, Kreativität Flexibilität, praktische Erfahrung gefragt sei, wären nicht so schnell ersetzt. Ein Praktiker könne nicht von künstlicher Intelligenz ersetzt werden, auch wenn viele Berufe – auch Handwerksberufe – bereits KI oder digitale Hilfsmittel nutzten. Und die Berufsprofis würden von den vielen Ausbildungsbetrieben, Berufsverbänden und Berufsfachschulen ausgebildet. So dankte er seitens des KGV für alle, die sich Tag für Tag für den Berufsnachwuchs einsetzten. Und die Berufsmesse Zürich, die grösste Berufsschau der Schweiz, sei ein wichtiger Mosaikstein im Berufswahlprozess der Zürcher Sekundarschüler.
Inca Dellai, Messeleiterin Berufsmesse Zürich, meinte, sie habe die Berufsmesse erlebt, wie sie zu einem pulsierenden Event entwickelte. Hier eröffne sich für über 24 000 junge Menschen die Türe zu einer Welt neuer Möglichkeiten mit über 240 Lehrberufen. 110 engagierte Aussteller brächten mit Herzblut und Expertise die Berufswelt an die Ausstellung. Was die Messe speziell mache, sei die Interaktivität, die direkte Begegnung mit den Berufen, die Möglichkeit, auszuprobieren. Hier erlebten die Jugendlichen hautnah, was sie in der Berufswelt erwarte. „Ein echtes Sprungbrett in die Berufswahl und in den Start ins Erwachsenenleben“.
Bildungsdirektorin lobt Vorbilder in Lehrbetrieben
Die Zürcher BildungsdirektorinSilvia Steiner meinte, es gebe keinen besseren Ort als die Berufsmesse Zürich, um den Puls der Berufsausbildung zu spüren. Wer einen passenden Berufsweg finden wolle, müsse auch einen passenden Betrieb finden – und umgekehrt. Mit dem Projekt Zukunft.Zürich unterstütze das Mittelschul- und Berufsbildungsamt die Betriebe, die passenden Lernenden zu finden. Das Projekt sei ein wichtiger Pfeiler der mittel- und langfristigen Planung auf dieser Schulstufe, da in den nächsten 10 Jahren rund 10 000 neue Ausbildungsplätze geschaffen werden müssten. „Darauf müssen wir uns vorbereiten.“ Der Kanton Zürich beteilige sich auch finanziell an Ausbildungsbildungsplätzen.
Die wichtigsten Partner seien aber die Zürcher Lehrbetriebe und Branchenverbände. Das zeigten sie täglich mit ihrem starken Engagement für die Lernenden. „Sie sagen sich: Jugendliche sind das grösste Kapital, das ein Unternehmen haben kann“, so Steiner. Die Ausbildung von Fachkräften stärke die Betriebe, aber auch für die jeweilige Branche.
Lernende-Verkaufsstellen bei Coop
Philipp Wyss, seit 2021 CEO der Coop Gruppe, gab als Gastreferent Einblick in seinen „Laden“, sprich: Coop als Ausbildungsstätte. „Vom Lehrling zum CEO – mit dem dualen Ausbildungssystem ist alles möglich“ – das Motto seines Referats passte zu seiner eigenen Biografie: Wyss selber startete seine Berufskarriere mit einer kaufmännischen Ausbildung und liess eine Metzgerlehre folgen. Für ihn ist eine Lehre „der Anfang des Lebens, der Anfang von etwas Grossem“.
Wenn er Junge frage, was ihnen wichtig sei, sagten viele (nebst dem Lohn): „Dass wir ihnen eine Zukunft bieten.“ Der Detailhandel sei – auch dank dem dualen Bildungssystem – dafür geeignet, später in unterschiedlichsten Positionen und Funktionen Verantwortung zu übernehmen. So verwundere es nicht, dass bei Coop 70 Prozent der Lernenden nach der Lehre weiter beschäftigt würden und dass 75 Prozent der Kaderstellen intern besetzt werden.
Der Detailhandel sei allgemein der zweitgrösste private Arbeitgeber (nach der Baubranche) und biete 10 Prozent aller Lehrstellen. „Der Detailhandel ist der Kitt der Gesellschaft“, meinte Wyss bezugnehmend auf die Vielfalt der Ausbildungen. Coop, eine der grössten Arbeitgeberinnen in der Schweiz mit knapp 60 000 Angestellten, ist Ausbildungsbetrieb für 2791 Lernende. Es brauche aber auch Innovationen als Anreiz für Lernende. So würden in allen Regionen nach einem Pilot Schritt für Schritt neu Lernenden-Verkaufsstellen angeboten, deren Rayonleiter jeweils monatlich wechsle. „Sie sind wirklich verantwortlich bis zur Kassenabrechnung.“ So würden 2044 der knapp 2800 Lernenden in diesen zum Einsatz kommen. Vermehrt würden in Läden selber, also quasi an der Verkaufsfront, auch Bäckerinnen und Konditoren ausgebildet.
Erlebniswelten rund um die Elektroberufe
Dass einzelne Branchen und Betriebe um den Berufsnachwuchs – und somit um dessen Aufmerksamkeit – kämpfen müssen, zeigte die aufwendige Gestaltung der Elektroberufe EIT.zürich. Deren Stand macht die Lehrberufe in der Elektrobranche auf interaktive Weise erlebbar. Jeremie Levy, Mediamatiker und Gründer der Baker Street GmbH, präsentierte die Entstehung und Konzipierung des Stands „Neue Erlebniswelten für die Zürcher Elektrobranche“. So nahmen sich die Profis von der digitalen Kreativagentur als Leitgedanken das „DNA der Lehrberufe“ zu Herzen, etwa: Wie bringt ein Gebäudeinformatiker ein Gebäude zum Leben?
Zuerst das Herz, dann der Kopf. Die Kerntätigkeit eines Berufes sollte digital oder manuell in Erlebnisse übersetzt werden nach dem Motto: Erlebe es und entscheide, ob es Dir liegt. Der Netzelektriker findet sich via VR-Brille im Sommer an einer Tramhaltestelle wieder, um eine Wartung zu erleben. Die Gebäudeinformatik wird über eine 3D-Achterbahnfahrt durch den Beruf simuliert. An einer Station werden in einer Montagewerkstatt Kabel für den Heimgebrauch zusammengesetzt. Eine weitere Erlebniswelt, der E-Scape-Room (Elektroinstallateur/-in), stellt den Jugendlichen interaktiv Aufgaben, um die Energiekrise in 120 Sekunden abzuwenden. „Wir hatten extrem viel Spass am Projekt, weil wir alle die Sinnhaftigkeit spürten“, fasste Levy zusammen.
Berufsweltmeister Michael Ryter (Gipser-Trockenbauer) aus Grüt (Gossau ZH) wurde von KGV-Präsident Werner Scherrer als Botschafter seines Berufs und des dualen Berufsbildungssystems vorgestellt. Er habe sich rund drei Monate, meist nach der Arbeit oder an Wochenenden, auf die WorldSkills vorbereitet, schilderte Ryter. Er habe im Gegensatz zu asiatischen, jahrelang gedrillten Hoffnungsträgern weniger Druck verspürt, abzuliefern, sondern einfach mit Stolz seinen Beruf ausgeübt, erzählte Ryter authentisch. Sein Motto: „Aus Freude die Schweiz vertreten.“ Die regelmässigen Spitzenränge an Berufsmeisterschaften trotz dieser kurzen Vorbereitungszeit seien der Beweis dafür, „dass wir die Besten sind“, meinte Scherrer abschliessend.
Die Fiddle Jammers, junge Musikerinnen und Musiker aus Winterthur, eröffneten und schlossen den Anlass ab mit einigen Volksmusikstücken aus Rumänien, Bulgarien und Mazedonien sowie einem eigenen Medley-Stück, inspiriert von drei Kulturen.
Starke Partner
Organisiert wird die Berufsmesse Zürich vom KMU- und Gewerbeverband Kanton Zürich (KGV) und der Messe Zürich. Als grösster Arbeitgeberverband des Kantons Zürich ist dem KGV die Berufslehre ein besonderes Anliegen, um die Bedingungen für die KMU-Lehrbetriebe, die 80 Prozent der Lernenden ausbilden, permanent zu verbessern. Zu den Sponsoren der Berufsmesse Zürich zählen die Zürcher Kantonalbank, der Berufsbildungsfonds des Kantons Zürich sowie das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation. Medienpartner der Berufsmesse Zürich sind SRF, Energy Zürich und der Tages-Anzeiger.
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