Ausländischen Arbeitgeber in der Schweiz beibehalten – geht das?

Bei unserer täglichen Arbeit betreuen wir oftmals Kunden, welche aus beruflichen Gründen in die Schweiz umgezogen sind. Dabei kommt es vor, dass deren Partner mit in die Schweiz zieht und für den „alten“ Arbeitgeber im Heimatland tätig bleiben möchte.

Mit der heutigen Technik von Remote Work und vielen Berufsfeldern, bei welchen ein vor Ort sein nicht mehr notwendig ist, kann dies relativ leicht umgesetzt werden und die Arbeitgeber sind allenfalls froh, keinen Mitarbeiter zu verlieren. Doch aus der Sicht eines Steuerberaters, können möglicherweise Komplikationen auftreten, die wir Ihnen gerne mit möglichen Lösungen aufzeigen möchten:

Grundsätzlich entsteht mit dem Umzug und der Arbeitsaufnahme in der Schweiz der gleiche Anspruch wie bei allen Angestellten, die den Schweizer Sozialversicherungen unterstellt sind. Dies bedeutet, dass auf dem Einkommen die Beiträge für sämtliche Sozialversicherungen zu leisten sind:

  • Alters- und Hinterlassenenversicherung, Invalidenversicherung (AHV/IV), Arbeitslosenversicherung (alles zur ersten Säule gehörend)
  • beruflichen Vorsorge (zweite Säule)
  • Unfallversicherung nach Schweizerischem Recht

Bei einem Schweizer Arbeitgeber muss sich der Arbeitnehmer nicht um die Unterstellung kümmern, da der Arbeitgeber sich bei den Versicherungen anmelden und die entsprechenden Abzüge vornehmen muss.

Hat jedoch der Arbeitnehmer, wie hier anzunehmen, einen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, wird die Situation komplizierter, da der ausländische Arbeitgeber das Schweizerische Recht anwenden sollte. Dies ist oft nicht leicht umzusetzen und kann dazu führen, dass das Arbeitsverhältnis aus diesem Grund beendet wird.

Glücklicherweise hat jedoch der Schweizer Gesetzgeber eine Möglichkeit geschaffen,  die Unterstellungs-pflicht wie auch die Abrechnung der Beiträge an den Arbeitnehmer zu delegieren.

Diese Möglichkeit wird unter dem Begriff „Arbeitnehmer ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber“ oder kurz „ANobAG“ zusammengefasst und nachstehend detaillierter erläutert.

Da die Erläuterung zur Abklärung, ob eine Unterstellung als ANobAG wirklich möglich ist, den Rahmen einer kurzen Übersicht übersteigen würde, zeigen wir hier nur einzelne Problematiken der verschiedenen Institutionen der sozialen Sicherheit auf.

Zur Abklärung selbst verweisen wir auf die Rechtsgrundlagen nach Verordnung (EG) NR. 987/2009 bei Unternehmen mit Sitz in der EU, respektive nach Verordnung (EWG) NR. 574/72 bei Sitz in einem EFTA Staat. Die benötigen Formulare sind bei der AHV-Ausgleichskasse am Wohnort bzw. Arbeitsort zu beziehen (meist auch online) und einzureichen. Der Entscheid der Ausgleichskasse gilt für alle Sozialversicherungen.

Staatliche Sozialversicherung (1. Säule)

Für die erste Säule, welche die staatliche Altersvorsorge und Invalidenversicherung (AHV/IV), die Arbeitslosenversicherung (ALV) sowie die Familienzulagen abdeckt, ist für den Entscheid und für die Abrechnungen der Beiträge die entsprechende Ausgleichskasse zuständig.

Dieser Prozess ist relativ unkompliziert. Bei der Anmeldung wird der zu erwartende Jahreslohn in Schweizer Franken bekannt gegeben und die Ausgleichkasse stellt dafür provisorische Akontorechnungen aus, welche der Arbeitnehmer zu begleichen hat. Ändert sich der Lohn während des Kalenderjahres, wird dieser nachträglich anhand der Meldung der effektiven Jahreslohnsumme, die bis zum 30. Januar des Folgejahres eingereicht werden muss, angepasst und die Ausgleichskasse stellt anhand dieser Angaben eine Schlussabrechnung aus.

Der AHV-Beitrag liegt zur Zeit bei 10,6% des Lohns (AHV 8,7%, IV 1,4%, EO 0,5%), hinzu kommen Beiträge an die Arbeitslosenversicherung (ALV, bis zu einem Einkommen von CHF 148‘200 von 2,2%, für Löhne darüber wird auf dem überschiessenden Einkommen noch 1% als Zuschlag abgerechnet), die Verwaltungskosten (wird von der zuständigen Ausgleichskasse festgelegt) und ein von der Familienausgleichskasse abhängiger prozentualer Beitrag an die Familienzulagen (zwischen 0,67% bis 2,82%). Dies ergibt einen möglichen Maximalbeitrag von etwa 16% des Bruttolohnes des Arbeitnehmers.

Hier ist anzumerken, dass es sich dabei um den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil handelt, welcher ansonsten nur maximal zur Hälfte vom Arbeitnehmer zu übernehmen wäre (ohne FAK und Verwaltungs-kosten). Im Fall eines ANobAGs werden jedoch die beidseitig geschuldeten Beiträge gesamthaft der Einzelperson belastet. Der ausländische Arbeitgeber bleibt lediglich in einer subsidiären Haftung, dass die Beitragszahlungen auch wirklich erfolgen. Es versteht sich von selbst, dass mit dem in der Schweiz berufstätigen Arbeitnehmer einen höheren Lohn vereinbart werden muss, damit die privat zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) abgedeckt werden.

Berufliche Vorsorge / Pensionskasse (2. Säule)

Die Unterstellung bei der beruflichen Vorsorge kann sich schwieriger gestalten, da Sie hier ebenfalls gesetzlich verpflichtet sind, sich einer Sammelstiftung nach Gesetz über die Berufliche Vorsorge (BVG) anzuschliessen, oder eine eigene Vorsorgestiftung (Pensionskasse) zu gründen. Die zweite Säule ist somit staatlich vorgeschrieben, jedoch privatrechtlich organisiert.

Wie sich in unserer Arbeit herauskristallisierte, gibt es nur einige wenige Anbieter von Sammelstiftungen die ANobAGs aufnehmen beziehungsweise sich darauf spezialisiert haben. Zu beachten ist, dass die privaten Anbieter nur eine Versicherung anbieten dürfen, wenn der Sitz der Unternehmung in der EU oder im EFTA Raum ist.

Falls jedoch kein privater Anbieter gefunden werden kann (sei dies auf Grund persönlicher Risiken oder Arbeitgeber ausserhalb der EU/EFTA), muss die Stiftung Auffangeinrichtung BVG den ANobAG aufnehmen, wobei die Kosten hoch und die Versicherungsmöglichkeiten (beispielsweise maximal versicherbarer Lohn) auf die minimalen gesetzlichen Vorgaben begrenzt sind.

Wie hoch der BVG-Beitrag ist, hängt vom Lohn, dem Alter und dem gewählten Vorsorgeplan ab, der minimale Jahreslohn muss zudem mehr als CHF 21’510 (Stand 2022) betragen. Bei einem Alter zwischen 25 und 34 Jahre, beträgt der Beitrag gemäss BVG lediglich 7 % des versicherten Gehalts. Wenn Sie zwischen 55 und 64 Jahre alt sind, werden 18 % fällig. Auch hier muss der Arbeitgeber mindestens 50% der Beiträge übernehmen. Da der ANobAG wiederum als Einzelperson die Beiträge zu tragen hat, müssen auch diese Beiträge im Lohn als Zulage berücksichtigt werden.

Zusammenfassung und mögliche Alternativen

Wie Sie feststellen können, kann ein ausländischer Arbeitgeber einen Mitarbeiter in der Schweiz beschäftigen und die gesetzlichen Vorgaben zur Sicherstellung der Sozialversicherungen erfüllen, dies setzt jedoch zumindest bei Beginn einen grösseren Administrationsaufwand voraus. Zudem ist die Konstellation ANobAG darüber hinaus auch im Zusammenspiel zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer problematisch. Die Erfahrung bei einigen Fällen hat uns gezeigt, dass zwischen der Parteien nach wenigen Monaten wegen der Entschädigungen Streitigkeiten auftreten und sie sich nach 6-12 Monaten wieder getrennt haben. Die Ursache lag jedes Mal in der sehr missverständlichen Situation, dass dem Mitarbeiter im Vergleich zu lokalen Angestellten ein massiv höherer Lohn zufliessen muss, um die vollständig selbst getragenen Sozialversicherungen abzudecken. Da die Schweiz ohnehin ein Hochlohnland ist, verschärft sich diese psychologische Thematik.

Alternativ ist es in einigen Kantonen möglich, dass der ausländische Arbeitgeber dennoch direkt registriert wird und die Beiträge direkt über den Arbeitgeber abgerechnet werden können. Dies ist auch für die Pensionskasse möglich. Für die Umsetzung dieser Alternative sind immer vorgängige Abklärungen notwendig und es kann sich über Monate hinziehen. Hinzu kommt, dass der Arbeitgeber die Lohnabrechnungen (im Heimatland) korrekt zu verbuchen hat oder dafür in der Schweiz eine Schattenlohnbuchhaltung einrichten muss.

Eine weitere Alternative ist natürlich die Schaffung eigener Strukturen (Tochtergesellschaft/Zweignieder-lassung mit Handelsregistereintrag) des ausländischen Arbeitgebers, diese Lösung wird jedoch nur sinnvoll bei einer grösseren Anzahl Mitarbeiter in der Schweiz (10 oder mehr) und ist mit weiteren Kosten verbunden.

Die letzte Möglichkeit anstelle eigener Strukturen für die Anstellung in der Schweiz zu schaffen oder die ANobAG Abrechnungsweise, besteht darin, bestehende Strukturen sozusagen zu „mieten“ und den Mitarbeiter über einen Personalverleiher anstellen zu lassen. Der Personalverleiher agiert somit als lokaler Arbeitgeber, rechnet alle Sozialversicherungen ab, bezahlt mit seiner Gesellschaft Unternehmenssteuern in der Schweiz und erbringt gegenüber der ausländischen Gesellschaft eine simple Dienstleistung. Dies ist grundsätzlich ein sehr flexibles, rasch und einfach umsetzbares Modell, da alle nötigen Strukturen unabhängig vom ausländischen Arbeitgeber bereits bestehen. Logischerweise berechnet der Personal-verleiher für diese Dienstleistung einen Preis, welcher seinen Aufwand und seine Marge beinhaltet und aus finanzieller Sicht nicht die günstigste Möglichkeit sein dürfte, jedoch gut geeignet ist für einen einzelnen (oder wenige) Mitarbeiter und/oder einen limitierten Zeithorizont.

Exkurs: Risiko der Zweigniederlassung und Unternehmenssteuern

Je nach Tätigkeit des Mitarbeitenden in der Schweiz kann sich das Risiko einer steuerlichen Betriebsstätte des ausländischen Arbeitgebers in der Schweiz ergeben, dies vor allem falls der Mitarbeitende Leistungen für den Schweizer Markt (bspw. Vertragsabschlüsse) erbringt beziehweise die Tätigkeit über die Administration hinausgeht. Sollte eine Betriebsstätte begründet werden, kommen unternehmens-steuerrechtliche Problematiken hinzu.

Für einen ausländischen Mitarbeiter bei einem Schweizer Arbeitgeber ist in den meisten Fällen der Abzug der Schweizer Einkommenssteuer an der Quelle sprich dem Lohn vorzunehmen (Quellensteuerpflicht). Bei der Anstellung über einen Personalverleiher wird diese Pflicht ebenfalls über den Personalverleiher vorgenommen. Jedoch kann der ausländische Arbeitgeber bei der ANobAG-Situation nicht zu dieser Quellensteuerpflicht gezwungen werden, viel mehr muss der Mitarbeitende selbst für seine korrekte Einkommensbesteuerung in der Schweiz sorgen. Hierzu muss, wie dies bei Schweizer Bürgern (und Personen mit C-Bewilligung) sowie Selbstständigerwerbenden üblich ist, eine Steuererklärung abgegeben werden. Eine rechtzeitige Meldung beim zuständigen Steueramt (am Wohnsitz) ist dazu notwendig. Die Steuererhebung erfolgt in diesem Falle aufgrund provisorischer Rechnungen mit einer Schlussabrechnung nach Abgabe der Steuererklärung.

Fazit

Falls Sie also in die Schweiz umgezogen sind und bei Ihrem alten Arbeitgeber angestellt bleiben möchten (und dies auch seitens des ausländischen Arbeitgebers gewünscht wird), gibt es die Möglichkeit, alle rechtlichen Voraussetzungen zu erfüllen, wenn auch teilweise mit viel administrativen Aufwand und Kosten zu rechnen ist.

Sollten Sie dazu Fragen haben oder Unterstützung für sich oder einen ausländischen Arbeitgeber benötigen, beraten wir Sie sehr gerne und begleiten die einzelnen Schritte.

 

Quelle: artax Fide Consult
Titelbild: TippaPatt – shutterstock.com

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lic. iur. Dominic Suter ist Spezialist Steuern und Mobility

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