Rahmenabkommen: Verhandlungsabbruch stellt bilateralen Weg infrage - Bundesrat muss Binnenmarktzugang sichern und Reformen angehen

Zürich (ots) – Swissmem ist enttäuscht über den Entscheid des Bundesrates, die Verhandlungen über das Rahmenabkommen zu beenden. Mit dem Verhandlungsabbruch wird keines der bestehenden Probleme mit der EU gelöst. Stattdessen gefährdet dieser Schritt mittelfristig den bisher vom Volk mehrfach bestätigten und erfolgreichen bilateralen Weg der Schweiz. Die Schweizer Industrie ist zwingend auf einen möglichst hindernisfreien Zugang zum Europäischen Binnenmarkt und auf stabile Beziehungen zur EU angewiesen. Swissmem fordert den Bundesrat deshalb auf, die negative Wirkung seines Entscheids durch Reformen im Inland zu mildern und dazu auch mit der EU sowie den Mitgliedstaaten im engen Gespräch zu bleiben.

Swissmem steht dem vorliegenden Rahmenabkommen grundsätzlich positiv gegenüber. Es versprach, den bilateralen Weg zu sichern und die Beziehung zur EU zu stabilisieren. Für die Unternehmen der MEM-Industrie ist der hindernisfreie Zugang zum Europäischen Binnenmarkt essentiell, denn sie exportieren 80 Prozent ihrer Produkte ins Ausland, davon ca. 55 Prozent in die EU. Mehr noch: die Industrie ist ebenso auf Grenzgänger angewiesen wie auf die Resultate der europäischen Forschungszusammenarbeit. Vom bilateralen Weg hängen in der Schweiz tausende von hochwertigen Arbeitsplätzen ab. Zudem ist das Rahmenabkommen Voraussetzung für den Abschluss neuer Vertragswerke. Für die Versorgungssicherheit mit Strom und den steigenden Strombedarf wegen des Klimawandels wäre insbesondere ein Stromabkommen notwendig und dringlich – nicht nur für die Industrie.

Der heutige Verhandlungsabbruch des Bundesrates stellt den bilateralen Weg der Schweiz mittelfristig infrage. Dieser wurde aber mehrfach und deutlich vom Volk bestätigt. Es ist deshalb für Swissmem unverständlich, weshalb der Bundesrat nicht auf höchster Ebene eine Überbrückung der Differenzen zu verhandeln versuchte. Die schon seit Jahren bestehenden Unsicherheiten im Verhältnis zur EU drohen sich nun zu vertiefen.

Nichts tun ist keine Option – Bundesrat muss rasch handeln

Die qualitative Erosion der bilateralen Verträge schreitet derweil zügig voran. Der nächste Dominostein fiel heute, 26. Mai 2021, als die neue EU-Gesetzgebung für Medizinprodukte in Kraft trat. Weil die EU das bestehende Mutual Recognition Agreement (MRA) wegen des fehlenden Rahmenabkommens nicht aktualisiert, können Schweizer Medizinprodukte danach nicht mehr wie bisher hindernisfrei auf dem EU-Markt vertrieben werden.

Der MEM-Industrie drohen in zwei bis drei Jahren ähnliche Probleme mit der Aktualisierung der Maschinenrichtlinie. Auch beim EU-Forschungsprogramm „Horizon Europe“ kann sich die Schweiz nicht mehr im bisherigen Ausmass beteiligen. Das verringert die Attraktivität hiesiger Universitäten, womit der Zugang der Firmen zu Talenten und Forschung erschwert wird. Mittelfristig droht diese Erosion des bilateralen Wegs zu Wohlstandsverlusten für die gesamte Schweizer Bevölkerung zu führen.

Swissmem fordert den Bundesrat deshalb auf, rasch die negativen Folgen seines Entscheids durch interne Reformen und eine diplomatische Offensive gegenüber der EU und deren Mitgliedstaaten zu mildern.

Im Vordergrund stehen folgende drei Pfeiler:

-  Erstens soll die Schweiz autonom die flankierenden Massnahmen anpassen: Sie waren Ausgangspunkt für die EU-Forderung nach einem Streitschlichtungsmechanismus. Berichte des Bundes von 2016 zeigen, dass z.B. mit IT-Reformen der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbessert und die Voranmeldefrist verkürzt werden kann. Zusammen mit der Deblockierung der Kohäsionszahlungen besteht so die Chance, dass die EU im gegenseitigen Interesse bei der Forschungszusammenarbeit und der Aufdatierung der MRA pragmatische Lösungen zulässt.  -  Zweitens hat die Schweizer Diplomatie gegenüber der EU sowie den Mitgliedstaaten die Position der Schweiz zu erläutern und den Schaden zu verringern, um möglichst bald mit der EU Diskussionen über die Sicherung des bilateralen Wegs weiterzuführen.  -  Drittens hat der Bundesrat rasch ein internes Reformprogramm zur Sicherung der Arbeitsplätze am Standort Schweiz vorzuschlagen. Dazu braucht es weltweit vermehrte Freihandelsabkommen sowie administrative Entlastungen in Inland - beim "Ease of Doing Business"-Indikator der Weltbank ist die Schweiz von 2015 bis 2020 von Platz 20 auf Platz 36 zurückgefallen.  

Martin Hirzel, Präsident Swissmem, kommentiert: „Ich bin enttäuscht, dass der Bundesrat das Abkommen nicht zum Abschluss bringt. Damit wird kein einziges Problem gelöst. Viel mehr gefährdet dieser Schritt den erfolgreichen bilateralen Weg der Schweiz mit der EU. Für die Schweizer Industrie dauert die Zeit der grossen Unsicherheit im Verhältnis zum wichtigsten Absatzmarkt schon viel zu lange. Nichts tun ist keine Option. Es braucht rasche Lösungen, um Schaden für die Unternehmen der MEM-Industrie und deren 315 000 Mitarbeitende abzuwenden. Deshalb erwarte ich vom Bundesrat, dass er jetzt den Marktzugang sichert und im Inland ein mutiges Reformpaket auf den Tisch legt.“

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