Inhaberaktionäre aufgepasst – Jetzt kommt GAFI!
VON lic. rer. pol. Urs Fischer + Michael Hasler News
Die Schweiz hat kürzlich auf Empfehlung der Groupe d’Action Financière (GAFI, einer Arbeitsgruppe der OECD zur Geldwäschereibekämpfung) und dem in solchen Fällen üblichen internationalen Druck ihre Transparenzvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäscherei weiter verschärft. Diese Gesetzesrevision wurde in den Medien vor allem wegen dem ursprünglich vorgesehenen Bargeldverbot ab CHF 100‘000 bekannt.
Auch wenn das Bargeldverbot in der geplanten Form gestrichen wurde und das Parlament weitere Entschärfungen vorgenommen hat, hat es die Gesetzesänderung für private Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien, und etwas reduziert auch für alle anderen privaten Aktiengesellschaften und GmbH, in sich.
Unterdessen wurde bekannt, dass die hier geltenden Neuerungen bereits auf 1. Juli 2015 mit teilweise geltenden Übergangsfristen von 6 Monaten in Kraft treten. Damit besteht nun für alle privaten (bzw. nicht börsenkotierten) Gesellschaften dringender Handlungsbedarf, um rechtzeitig die nötigen Strukturen zu schaffen.
Im Folgenden möchten wir Ihnen einen Überblick über die Thematik verschaffen.
Was ist das Problem mit Inhaberaktien?
Während die Gesellschaften bei Namenaktien ein sogenanntes Aktienbuch führen, die Aktionäre sich bei jedem Aktienerwerb bei der Gesellschaft melden müssen und erst mit der Eintragung ins Aktienbuch überhaupt Aktionäre werden, gibt es bei den Inhaberaktien keine vergleichbaren Strukturen. Da alle Aktionärsrechte in einem anonymen Stück Papier verkörpert sind, und die Aktionäre dieses Papier beliebig weitergeben können, kennt die Gesellschaft die Inhaberaktionäre nicht.
Aus Sicht der Geldwäschereibekämpfung ist diese Anonymität ein Problem. Falls in einer Gesellschaft unsaubere Gelder auftauchen, können die Strafverfolgungsbehörden wohl den Verwaltungsrat fassen, aber nicht mal dieser kann abschliessend sagen, wem die AG gehört und wer damit potenziell von den kriminellen Geldern profitiert.
Ebenso könnten grosse Vermögenswerte in einer AG parkiert und völlig unkontrolliert durch Übergabe der Aktien übertragen werden.
Welche neuen Pflichten gelten bei Inhaberaktien?
Zwar hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, die Inhaberaktien gleich ganz abzuschaffen, aber faktisch werden sie den Namenaktien gleichgestellt. Neu muss die Gesellschaft auch über alle ihre Inhaberaktien Buch führen.
Die Aktionäre müssen innerhalb eines Monats nach jedem Erwerb von Inhaberaktien der Gesellschaft ihren vollen Namen und ihre Adresse melden, den Besitz der Inhaberaktie nachweisen (z.B. durch Vorzeigen der Aktie im Original) und sich identifizieren (bei Privatpersonen zum Beispiel mit Ausweiskopie wie bei der Eröffnung einer Bankbeziehung).
Die Gesellschaft zeichnet alle diese Angaben lückenlos auf, und muss die so entstandenen Dokumente bis mindestens 10 Jahre nach dem Ausscheiden eines Aktionärs in der Schweiz zugänglich aufbewahren.
Der Aktionär wiederum ist verpflichtet, der Gesellschaft jede Änderung von Name und Adresse innert eines Monats mitzuteilen.
Da es für Namenaktionäre weiterhin keine Identifikationspflicht mittels Ausweiskopie oder ähnlichem gibt, sind die Transparenzvorschriften bei Inhaberaktien neu sogar noch strenger als bei Namenaktien!
Grundsätzlich ist der Verwaltungsrat in der Pflicht, die Aktienbücher korrekt zu führen. Falls die Gesellschaft aus welchen Gründen auch immer nicht wissen will, wer ihre Aktionäre sind, kann diese Pflicht per Generalversammlungsbeschluss an einen der Geldwäschereigesetzgebung unterstellten Finanzintermediär übertragen werden.
Welche weiteren Pflichten gelten für alle AG und GmbH?
Bei allen Aktienarten, aber auch bei den Stammanteilen der GmbH, gibt es neu die Pflicht, bei Beteiligungen ab 25% den wirtschaftlich Berechtigten festzustellen und zu dokumentieren.
Die wirtschaftlich Berechtigten sind die natürlichen Personen (eine oder auch mehrere), die hinter allen Holdings, Zwischengesellschaften, Treuhandkonstrukten usw. stehen und tatsächlich wirtschaftliche Eigentümer der Vermögenswerte sind.
Vereinfacht gesagt: Ein Privatanleger, der mit seinem eigenen Geld investiert, gibt sich selber als wirtschaftlich Berechtigten an, der Treuhänder muss seinen dahinter stehenden Kunden und Geldgeber melden, und die Beteiligungsholding ihre eigenen Privataktionäre oder, falls sie einer anderen Holding gehört, deren Privataktionäre usw.
Der Aktionär oder Gesellschafter muss, sofern die Schwelle von 25% erreicht wird, jeweils den oder die vollen Namen und die Adressen der wirtschaftlich Berechtigten melden, ebenso müssen alle späteren Änderungen gemeldet werden. Die Gesellschaft führt wiederum ein Verzeichnis über diese Meldungen und bewahrt alle dabei erhaltenen Belege bis mindestens 10 Jahre nach Ausscheiden eines Aktionärs oder Gesellschafters in der Schweiz zugänglich auf.
Welche Sanktionen drohen?
Das Gesetz sieht vor, dass eine unterbliebene Meldung zu einer Sistierung der Mitgliedschaftsrechte und sogar zu einer Verwirkung der Vermögensrechte führt. Ein Aktionär, der seine Meldung nicht rechtzeitig vorgenommen hat, darf damit weder sein Stimmrecht an der Generalversammlung ausüben noch Dividende beziehen, um hier nur die wichtigsten Rechte zu nennen. Er wird also faktisch wie ein Nicht-Aktionär behandelt.
Bei einer zu späten, aber an sich korrekten Meldung werden diese Rechte auf den Tag der Meldung wiederhergestellt und der Aktionär wieder als solcher behandelt.
Besonders streng ist die Verwirkung der Dividende: Zwar kann der Aktionär ab seiner verspäteten Meldung entstandene Dividenden wieder beziehen, allfällig vorher entstandene Dividendenansprüche sind aber endgültig verwirkt und deren Auszahlung illegal.
In der endgültigen Fassung des Gesetzes sind keine strafrechtlichen Sanktionen für Verstösse gegen die Meldepflicht mehr vorgesehen, und zwar weder für die Aktionäre noch für den Verwaltungsrat, der die Aktienbücher und Verzeichnisse führen muss. Dennoch trägt der Verwaltungsrat die Verantwortung, dass nur berechtigte Aktionäre ihre Rechte ausüben können.
Führt er seine Bücher nicht richtig und nehmen deshalb Aktionäre illegal an der Generalversammlung teil, oder beziehen gar verwirkte Dividenden, muss er mit Zivilklagen zur Anfechtung der GV-Beschlüsse oder Verantwortlichkeitsklagen wegen Schädigung der Gesellschaft rechnen.
Welche Übergangsfristen gelten?
Die Gesetzesänderung tritt per 1. Juli 2015 in Kraft, und ab diesem Zeitpunkt gelten die neuen Regeln bei jedem Neuerwerb von Aktien oder Anteilen. Für bestehende Aktionäre und Gesellschafter, die keine neuen Titel erwerben, gilt für die Verwirkung der Vermögensrechte (also nur für den passiven Bezug einer Dividende, ohne an der GV teilzunehmen) eine Übergangsfrist von sechs Monaten bis 1. Januar 2016. Allerspätestens bis dann müssen alle Aktionäre und Gesellschafter ihre Meldungen gemacht und die Aktienbücher und Verzeichnisse vollständig aktuell und dokumentiert sein.
Wie gehen wir am besten vor?
Da neu Inhaberaktien noch strenger behandelt werden als Namenaktien, sind auch ihre letzten Vorteile beseitigt, und Sie sollten sich ernsthaft überlegen, ob Sie Ihr Kapital besser gleich in Namenaktien umwandeln. Das Gesetz sieht hierfür sogar gewisse Erleichterungen vor. Falls Sie diesen Schritt gehen möchten, müssen Sie Ihre Statuten beim Notar ändern.
Dann sollten Sie Strukturen für die Führung der Aktienbücher und Verzeichnisse der wirtschaftlich Berechtigten schaffen. Für die neuen Inhaberaktienbücher können Ihnen die bisherigen Aktienbücher für Namenaktien als Vorlage dienen, sie müssen jedoch unter Umständen für die zusätzlich vorgeschriebenen Angaben erweitert werden. Ebenso müssen Sie definieren, wie Sie die Identifikation der Aktionäre vornehmen, und wo und wie Sie die daraus entstehenden Belege sicher verwahren.
Nun sollten Sie Ihre Aktionäre und Gesellschafter darüber informieren, was Sie von ihnen benötigen, und sie bei den entsprechenden Meldungen unterstützen. Als KMU-Unternehmer sind Sie in der Regel Mehrheits- oder grosser Minderheitsaktionär, und damit von der 25%-Regel betroffen. Denken Sie deshalb auch daran, Ihre eigenen Meldungen korrekt vorzunehmen und in den Akten der Gesellschaft zu dokumentieren.
Denken Sie für die Zukunft daran, bei jeder Änderung im Aktionariat die nötigen Meldungen und Identifikationen einzufordern, und auch Adressänderungen und Namenswechsel korrekt abzubilden.
Schliesslich wird es noch wichtiger als bisher sicherzustellen, dass an Ihrer Generalversammlung die korrekten (gemeldeten) Aktionäre teilnehmen und die korrekten Aktionäre Dividende erhalten. Lassen Sie sich im Zweifelsfall immer die Original-Inhaberaktien zeigen. Wenn Ihnen das zu mühsam wird, ist das noch ein Grund mehr, um auf papierlose Namenaktien umzustellen.
Fazit
Compliance gehört kaum zu den Lieblingsthemen eines Unternehmers. Dennoch sollten Sie diese neuen Vorschriften von Anfang an ernst nehmen und proaktiv die nötigen Strukturen schaffen. So lange Sie keine Wechsel im Aktionariat haben, ist das ein einmaliger überschaubarer Aufwand, der Ihnen spätestens dann viel Ärger und Haftungsansprüche erspart, wenn Sie diese Dokumente – aus welchen Gründen auch immer – jemandem zeigen müssen.
Artikel von: artax Fide Consult AG / Mitglied von Morison International / www.artax.ch
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