Der Warenausgang als Prozess – so optimieren Sie Ihre Versandlogistik

Für die pünktliche, korrekte und vollständige Belieferung von Kunden stellt der Warenausgang eine besonders wichtige Funktion dar; hier werden die Aufträge letztmalig überprüft und versandbereit gemacht, bevor sie an den Kunden geliefert werden.

Damit sind die Mitarbeiter im Warenausgang die letzte Prüfinstanz und besonders verantwortlich für die Kundenzufriedenheit.

Neben den qualitativen Zielen wird der Warenausgang und die dort erbrachte Leistung auch quantitativ bewertet, denn die hier angesiedelten Prozesse sind oft sehr personal- und damit kostenintensiv, trotz zunehmender Technisierung. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Prozesse im Warenausgang regelmässig zu hinterfragen, zu überprüfen und – sofern notwendig und sinnvoll – zu überarbeiten.

Prozesse und Abläufe im Warenausgang

Der Warenausgang ist das letzte Glied der internen logistischen Kette und damit in besonderem Masse dafür verantwortlich, dass Fehler in den Vorprozessen aufgefangen und korrigiert werden. Gleichzeitig gilt es in diesem produktiven Bereich, eine schnelle Durchlaufzeit sicherzustellen und die Versandeinheiten sinnvoll zu konsolidieren, um einen reibungslosen und sicheren Versand zum Kunden zu gewährleisten.

1. Konsolidierung von Einheiten

Aus den Bereichen Kommissionierung und Wareneingang werden einzelne Verpackungseinheiten in den Warenausgangsbereich verbracht, die in einem ersten Schritt vom Mitarbeiter konsolidiert werden. Besonders bei grösseren Lägern mit unterschiedlichen Lagerbereichen kommt es häufig vor, dass ein Artikel auf mehreren Lagerplätzen gelagert wird, so dass die gesamte Auftragsposition nicht von einem Platz entnommen werden kann, sondern aus zwei oder mehr Lagerplätzen kommissioniert wird.

Die Konsolidierung kann auch durch eine fördertechnische Lösung vereinfacht werden, etwa indem die Positionen aus der Kommissionierung in KLT gefüllt und dann in einen Puffer eingeschleust und dort gesammelt werden, bis alle Positionen kommissioniert wurden und der Auftrag versandbereit gemacht werden kann. Sollen jedoch KLT und Paletten konsolidiert werden, stösst die Automatisierung an ihre Grenzen und muss durch eine manuelle Auftragszusammenführung ergänzt werden.


Aus den Bereichen Kommissionierung und Wareneingang werden einzelne Verpackungseinheiten in den Warenausgangsbereich gerbracht. (Bild: © industrieblick – fotolia.com)

Um die Konsolidierung zu vereinfachen, müssen ausreichend Sammel- und Bearbeitungsflächen vorhanden sein, die eindeutig gekennzeichnet und im besten Fall auch im Lagerverwaltungssystem als bestandsgeführte Lagerplätze geführt sind. Das ermöglicht die personenunabhängige und schichtübergreifende Bearbeitung, da die notwendigen Informationen direkt in der IT abgerufen und verarbeitet werden können. Grosspöstige Aufträge (> 50 Auftragspositionen) sollten separat ausgeschleust werden, da bei diesen die Wahrscheinlichkeit für eine oder mehrere Fehlkommissionen steigt und dementsprechend die Verweildauer im Warenausgang deutlich höher ist.

Wenn eine Bypass-Lösung genutzt wird (Waren gelangen unter Umgehung des Lagers direkt vom Wareneingang in den Versand), muss für diese ein klarer Informations- und Warenfluss definiert werden, um die Waren möglichst synchron mit kommissionierter Ware anzudienen und versandbereit zu machen. Denkbar ist auch eine teilweise Rücklagerung, bei der nur ein Teil der Bypass-Ware für den Kundenauftrag entnommen und die Palette oder der KLT dann in das Lager zur Einlagerung verbracht wird. Solche Lösungen sind jedoch nur sinnvoll umzusetzen, wenn diese Prozesse vom eingesetzten Lagerverwaltungssystem unterstützt und abgebildet werden, da sie dem regulären Warenfluss entgegenlaufen und daher sehr exakt eingetaktet werden müssen, um die Operativkräfte nicht unnötig (und unproduktiv) mit abteilungsfremden Arbeiten zu beschäftigen.


2. Kaufmännische Prüfung der Ware

Bei der kaufmännischen Prüfung stellt der Warenausgangsmitarbeiter fest, ob der richtige Artikel in der richtigen Menge kommissioniert wurde und bestätigt dieses im IT-System. Werden Abweichungen festgestellt, müssen diese unmittelbar an die Kommissionierung gemeldet werden, um fehlende Mengen zu korrigieren und die Position zu komplettieren, in der Regel erfolgt dieses durch die Mengenbestätigung in der IT.

Wichtig für die korrekte Durchführung der Prüfung ist eine klare und eindeutige Etikettierung der Ware, was insbesondere bei angebrochenen Paketen nicht immer gewährleistet ist. Artikel, Menge und ggf. weitere Informationen wie Charge, Mindesthaltbarkeitsdatum oder Produktionsdatum müssen klar erkennbar und unmissverständlich sein, sowohl auf den Paketen wie auch in der IT oder den ausgedruckten Versanddokumenten. Es kann in dieser Abteilung kaum das gleiche technische Verständnis wie im Wareneingang vorausgesetzt werden, wo neben der kaufmännischen auch technische Prüfungen absolviert werden, um die Qualität und die Übereinstimmung mit den technischen Zeichnungen zu checken. Aus diesem Grund sind die Warenausgangsmitarbeiter auf eindeutige Informationen angewiesen, um die wichtige letzte Überprüfung der Positionen durchzuführen.


Wichtig für die korrekte Durchführung der Prüfung ist eine klare und eindeutige Etikettierung der Ware. (Bild: © industrieblick – fotolia.com)

Anbrüche verursachen im Lager und im gesamten logistischen Durchlauf oft Probleme, daher entscheiden sich viele Unternehmen dafür, ihre Kunden nur komplette Verpackungseinheiten bestellen zu lassen. Proben und Muster werden als interner Kommissionierauftrag einer vollständigen Verpackungseinheit erfasst und aus dieser bedient, so dass auch hierdurch keine Anbrüche entstehen. Lassen sich Anbrüche aufgrund der Unternehmenspolitik nicht vermeiden, kann die Problematik durch die Nutzung von (mobilen) Etikettendruckern entspannt werden. Diese erzeugen, im Idealfall aus den vorhandenen Artikelstammdaten, Etiketten mit neuer Stückzahl und beschleunigen so die notwendige Neuetikettierung deutlich.

Um die kaufmännische Prüfung abzusichern und zu beschleunigen, können Scanner eingesetzt werden, mit denen beispielsweise die EAN auf der Verpackungseinheit oder die Lieferpapiere gescannt werden. Hierdurch werden Fehlinterpretationen und Zahlendreher effizient ausgeschlossen, Voraussetzung ist jedoch, dass die notwendigen Informationen entsprechend codiert vorliegen.


3. Ein oder mehrere Packstücke anlegen

Je nach Menge und Anzahl der kommissionierten Artikel müssen ein oder mehrere Packstücke angelegt werden. Diese dienen zum einen dem sicheren Versand an den Kunden, stellen jedoch auch den spätesten Meldezeitpunkt an Beschaffung und Einkauf dar, indem mit diesem Prozessschritt der Bestand aus dem eigenen System gebucht und die Bestandsänderung gemeldet wird.

Für den Versand sind die Vorgaben des Kunden und die eigenen logistischen Anbindungen zu berücksichtigen. Wenn von Kundenseite keine spezifischen Vorgaben gemacht werden, erfolgt der Versand in der Regel in Umkartonagen, in denen die einzelnen Positionen versandsicher verpackt werden mit Übergabe an einen KEP-Dienstleister (Kurier, Express, Paket) oder auf Paletten oder anderen Grossladungsträgern, die an eine Spedition übergeben werden.

Der Warenausgangsmitarbeiter muss bereits bei der ersten Position erkennen können, welches Gewicht die Gesamtsendung haben wird, um entscheiden zu können, wie viele Packstücke anzulegen sind. Bei KEP-Dienstleistern sind die maximalen Gewichtsgrenzen für ein Packstück und dessen maximale Masse zu berücksichtigen, so dass besonders bei schweren Artikeln auch bei kleineren Sendungen mehrere Packstücke angelegt werden müssen.

Handelt es sich um Artikel mit eindeutig festgelegten Verpackungsgrössen, kann nicht nur das Gewicht, sondern auch das Volumen genau bestimmt werden, das vereinfacht die Auswahl des passenden Versandkartons durch den Mitarbeiter, erfordert jedoch qualitativ hochwertige und korrekte Stammdaten.

Um den Arbeitsablauf möglichst störungsfrei zu organisieren, sollten sich alle benötigten Pack- und Hilfsmittel am Arbeitsplatz in Greifweite befinden und die Versorgung mit Nachschub, etwa für Kartonagen oder Füllmaterial, organisiert werden. Regale oder andere Pufferplätze für noch nicht abgeschlossene Packstücke müssen auch dann vorhanden sein, wenn die Konsolidierung der Aufträge sichergestellt ist, denn Abweichungen bei der kaufmännischen Prüfung können dazu führen, dass ein eigentlich kompletter Auftrag noch nicht versandbereit gemacht werden kann – eine Pufferung und ein Zurückstellen des Auftrags muss daher möglich sein.

Neben dem Verpacken der Ware erzeugt der Warenausgangsmitarbeiter mit der Endquittierung der letzten Position die Packstückinhaltsliste, die alle Positionen auflistet. Diese bietet im Vergleich zum Lieferschein den Vorteil, dass sie sich nur auf den Paketinhalt bezieht, was bei Sendungen relevant ist, die sich auf mehrere Packstücke verteilen. Dazu sollte bereits auf dem Paket zu erkennen sein, dass es sich um eine Sendung mit mehreren Packstücken handelt, etwa durch einen Stempel oder Aufkleber mit der Information „Paket 1 von 3“.


Regale oder andere Pufferplätze für noch nicht abgeschlossene Packstücke müssen vorhanden sein. (Bild: © Eisenhans – fotolia.com)

Werden hingegen immer nur Sendungen verschickt, die sich nicht auf mehrere Pakete verteilen, kann auf eine Packstückinhaltsliste verzichtet werden, da die notwendigen Informationen zu den Artikeln auf Lieferschein und Rechnung zu finden sind.


4. Versanddokumente erstellen

Ist die letzte Position eines Kundenauftrags verpackt, können die Versanddokumente erzeugt werden. Diese sollten wie auch die Packstückinhaltslisten und ggf. Etiketten für die Ware direkt am Arbeitsplatz erzeugt werden, um unnötige Wege zu vermeiden. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Lieferdokumente im Lagerverwaltungssystem zu hinterlegen und auch aus diesem zu erzeugen. Werden Kopien benötigt, beispielsweise in Form von Durchschlägen, lassen sich diese durch den automatisch gesteuerten Nachdruck direkt am Arbeitsplatz erzeugen.


Ist die letzte Position eines Kundenauftrags verpackt, können die Versanddokumente erzeugt werden. (Bild: © Monkey Business – fotolia.com)

Während für den nationalen Versand in der Regel nur der Lieferschein als Versanddokument benötigt wird, sind im Export meist mehr Dokumente auszufüllen, etwa für die Zollanmeldung. Da diese Sendungen aufgrund der zu erledigenden Formalitäten meist eine deutlich längere Fertigstellungs- und Verweildauer aufweisen, sollte diese Abwicklung räumlich separiert werden, um das reguläre Tagesgeschäft nicht zu beeinträchtigen.


5. Packstücke konsolidieren

Die einzelnen Packstücke müssen anschliessend zu sinnvollen Versandeinheiten konsolidiert werden. In der Regel erfolgt das auf Paletten, in Gitterboxen oder Container und erfordert Kenntnisse und Erfahrung in der Ladungssicherung. Auch das Routing, also die Ausschleusung nach Touren, gehört in diesen Prozessschritt.


Die einzelnen Packstücke müssen anschliessend zu sinnvollen Versandeinheiten konsolidiert werden. (Bild: © ArtWell – shutterstock.com)

Die Konsolidierung gestaltet sich umso schwieriger, je inhomogener die verwendeten Umkartons und die daraus gebildeten Packstücke sind. Werden hingegen nur wenige Kartonagengrössen verwendet und sind deren Masse aufeinander und auf das verwendete Ladungsträgermass abgestimmt, lassen sie sich deutlich einfacher und schneller zu einer versandbereiten Sendung vorbereiten. Durch Palettenrahmen oder die Nutzung von Rollcontainern oder Gitterboxen wird die Konsolidierung erleichtert, da die stabile Statik nicht alleine durch die Kartonagen erreicht werden muss. Jedoch dürfen diese nicht dazu verleiten, die Pakete instabil einzustapeln, da damit keine ausreichende Ladungssicherung erreicht wird und eine Beschädigung der Waren beim Transport nicht ausgeschlossen werden kann.


6. Vorbereiten der Versendung

Bei der Versandvorbereitung werden die gebildeten Packstücke im Versandsystem angemeldet, um die Nachverfolgung der Sendung auf dem Versandweg zu ermöglichen. Ist eine Schnittstelle zwischen Lagerverwaltungs- und Versandsystem vorhanden, können die notwendigen Daten automatisch transferiert werden, was die Prozesssicherheit und Geschwindigkeit in der Bearbeitung erhöht. Auch hier können die relevanten Informationen zu Sendungen und Packstücken als Barcodes ausgedruckt und auf den Pakten und Paletten angebracht werden, um eine elektronische Datenverarbeitung mit Scannern zu ermöglichen.


7. Packstücke an Spedition oder Parceldienst übergeben

Die fertigen Versandpackstücke werden anschliessend an den Transporteur übergeben, also entweder als Pakete an einen KEP-Dienstleister oder als Paletten an den Spediteur. Dieser übernimmt die Packstücke und quittiert sie, um sie dann auf den Weg zum Kunden zu bringen.

Diese sieben Prozessschritte finden sich so oder ähnlich in jedem Warenausgang wieder und werden auch von ERP- oder Lagerverwaltungssystemen abgebildet. Entscheidende Kriterien für den erfolgreichen und reibungslosen Betrieb sind dabei vor allem eine gute Datenqualität und eine Arbeitsplatzgestaltung, die es den Mitarbeitern ermöglicht, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren.


Die fertigen Versandpackstücke werden anschliessend an die Spedition übergeben (Bild: © TTstudio – fotolia.com)

Fehlerhafte Stammdaten bereiten vielen Betrieben Probleme

Die Auswirkungen von fehlerhaften Stammdaten werden in vielen Unternehmen unterschätzt, dabei verursachen sie an vielen Stellen im logistischen Durchlauf Probleme. So können etwa falsch hinterlegte Artikelgewichte nicht nur im Warenausgang die Bearbeitung erschweren, auch im Wareneingang, in der Kommissionierung und selbst in der Beschaffung können die falschen Gewichte zu Fehlern führen. Abhilfe schafft ein definiertes Fehlermanagement, bei dem Stammdatenfehler dezentral gemeldet und zentral korrigiert werden.

Besonders kritisch sind die Volumen von Verpackungseinheiten, da diese – zumindest bei Kaufteilen – höchstens mittelbar beeinflusst werden können. Viele Lagerverwaltungsprogramme bieten die Nutzung von Volumendaten an, jedoch setzt dieser Automatisierungsgrad voraus, dass die Verpackungsgrössen regelmässig überprüft und ggf. korrigiert werden. Ist dieses nicht möglich, kann auch erwogen werden, Kleinteile nicht kartoniert, sondern in KLT zu lagern und zu versenden, dieses ist beispielsweise bei Zulieferern im Bereich Automotive üblich und erprobt.

Der wichtigste Faktor: der Mitarbeiter

Auch wenn eine moderne IT-Landschaft im Warenausgang den Informationsfluss vereinfacht und absichert, ist auch dieser logistische Bereich auf kompetente und routinierte Mitarbeiter angewiesen. Gerade bei einem hohen Automatisierungsgrad ist es wichtig, die Mitarbeiter regelmässig zu schulen, insbesondere im Fehlerhandling. Das gilt im besonderen Masse bei einer Systemumstellung, aber auch im laufenden Betrieb.



Neben den Fachkenntnissen ist auch die Ergonomie am Arbeitsplatz im Warenausgang ein wichtiges Thema, denn oftmals müssen die Mitarbeiter hier mit hohen Gewichten arbeiten, richtige Hebe- und Tragetechniken sind hier ebenso gefragt wie technische Unterstützung durch Stapler, Handhubwagen, Deckenkrane oder Hebehilfen.

Fazit

Der Warenausgang stellt das letzte Glied in der intralogistischen Kette dar, daher kommt dieser Abteilung eine besondere Bedeutung für die Kundenbelieferung und -Zufriedenheit zu. Die Prozessschritte im Warenausgang lassen sich teilweise arbeitsteilig absolvieren und durch die IT gut unterstützen. Dennoch sind auch bei einer hohen Automatisierung gut ausgebildete und erfahrene Mitarbeiter unverzichtbar, etwa, um fehlerhafte Stammdaten zu identifizieren und zu korrigieren.

 

Oberstes Bild: © Kadmy – fotolia.com

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Mehr zu Christian Praetorius

Christian Praetorius, Jahrgang 1969, gelernter Controller und Logistiker mit jahrelanger Berufserfahrung. Seit 2012 gemeinsam mit seiner Frau Christine als freier Texter und Autor selbständig, erfolgreich und glücklich. Seine Kunden schätzen ihn für klare Worte, originelle Slogans und kreative Wortspiele ebenso wie für seine absolute Zuverlässigkeit und Kundenorientierung. Schreibt aus Berufung und mit Leidenschaft für die Sprache, die Botschaft und den Leser.

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