b24-Wochenrückblick: Gebremste Konjunkturaussichten für die Schweiz

Die OECD hat ihre Konjunkturprognose für die Schweiz deutlich nach unten korrigiert – der Grund dafür ist der starke Franken. Die privaten Konsumausgaben sowie staatliche Investitionen könnten jedoch zu Wachstumstreibern werden.

Das Franken-Hoch war auch auf dem Swiss Economic Forum Thema. Viele Firmen leiden unter Auftragseinbrüchen und sinkenden Margen – ihre Situation dürfte sich in den kommenden Monaten weiterhin verschärfen.

Die Zuwanderung in die Schweiz hat im ersten Quartal 2015 zugenommen, den Hauptanteil der Migranten stellen Erwerbstätige und nachziehende Familien. Der EZB-Rat bestätigte auf seiner aktuellen Tagung den geldpolitischen Kurs des Hauses. In den USA steht nach wie vor die Zinswende zur Debatte. IWF-Chefin Christine Lagarde plädiert allerdings dafür, damit bis zum nächsten Jahr zu warten. Die FIFA-Hauptsponsoren mahnen schnelle Veränderungen des Verbandes an – jedoch stellt ein Teil der Adidas-Aktionäre das FIFA-Sponsoring insgesamt infrage.

Die OECD senkt ihre Konjunkturprognose für die Schweiz

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlicht zweimal jährlich eine Wirtschaftsprognose für ihre 34 Mitgliedsländer sowie die Weltwirtschaft. Für die Schweiz gehen die OECD-Experten davon aus, dass der starke Franken die exportfokussierte Wirtschaftsdynamik der Eidgenossenschaft vorerst in stärkerem Masse bremsen wird. Die Schweizer Wirtschaft wird aus ihrer Sicht in diesem Jahr nur noch um 0,8 % wachsen, für 2016 sagen sie ein Wirtschaftswachstum von 1,7 % voraus. Im November 2014 lagen ihre Prognosen für 2015 und 2016 noch bei einem BIP-Wachstum von 1,5 und 2,5 %. Unter dem starken Franken leiden vor allem die Exporte sowie die Investitionen Schweizer Unternehmen.

Auch die Arbeitslosenzahlen könnten deshalb künftig steigen. Im laufenden Jahr rechnet die OECD – jeweils auf Grundlage des Standards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) – mit einer Arbeitslosenquote von 4,5 %, im kommenden Jahr werden 4,6 % anvisiert. Mögliche Konjunkturimpulse für die Schweiz sehen die Wirtschaftsforscher im privaten Konsum sowie – angesichts gesunder öffentlicher Haushalte – in fiskalischen Massnahmen zur Beschäftigungsförderung. Die Ausgaben der privaten Haushalte werden bisher unter anderem durch steigende Reallöhne, niedrige Energiepreise sowie die extrem niedrigen Zinsen gestützt.

Ihre Prognose für die Weltwirtschaft hat die OECD angesichts der Konjunkturschwächen in den USA und China ebenfalls leicht nach unten korrigiert. Das globale Wirtschaftswachstum wird in diesem Jahr demnach 3,1 % betragen, 2016 könnte es dann auf 3,8 % steigen. Günstig sind die wirtschaftlichen Aussichten auch für die Eurozone, deren Wirtschaft im laufenden Jahr voraussichtlich um 1,4 % und im nächsten Jahr um 2,1 % wächst, was an der Arbeitslosenquote von über 10 % vorerst jedoch nichts ändern wird.



Swissmem-Firmen leiden unter dem starken Franken

Der Präsident des Schweizer Verbandes der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (Swissmem), Hans Hess, illustrierte in einem „NZZ“-Interview im Umfeld des Swiss Economic Forum, welche Folgen sich für diese Branchen aus der Frankenaufwertung ergeben. Ein Drittel der Mitgliederfirmen des Verbandes fährt Verluste ein. In der Maschinenindustrie sind die Auftragseingänge im ersten Quartal um 17 % zurückgegangen. Hess rechnet damit, dass die Auslastung der Unternehmen im weiteren Jahresverlauf deutlich sinken wird, was die Ausweitung von Kurzarbeit unvermeidlich werden lasse.

Bereits einige Tage zuvor hatte er scharfe Kritik daran geübt, dass der Bund die Auswirkungen des Franken-Hochs auf die Swissmem-Firmen ignoriere. Auch bei der Innovationsförderung der Schweiz durch die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) liege einiges im Argen – Hess forderte in diesem Kontext von der Bundesregierung, die KTI in diesem und im nächsten Jahr mit zusätzlichen Mitteln von jeweils 50 Millionen Franken zu unterstützen.

Im selben Interview sagte UBS-Schweiz-Chef Lukas Gähwiler der „NZZ“, dass sein Haus damit rechne, dass die vollen Auswirkungen der Mindestkurs-Aufgabe erst in den nächsten ein bis zwei Jahren sichtbar werden. Besonders problematisch sei die Situation vieler kleiner Zulieferbetriebe, die keine Möglichkeiten haben, ins Ausland auszuweichen. Ihre Kunden fordern Preisnachlässe von 15 % – oder kaufen in anderen Ländern ein.



Eurokurs steigt auf den höchsten Wert seit Ende März

Am vergangenen Donnerstag war der Eurokurs auf 1,0566 Franken gestiegen und lag damit so hoch wie seit dem 24. März nicht mehr. Auch gegenüber dem US-Dollar wurde der Euro in der letzten Woche deutlich teurer. Die Ursachen dafür sind vermutlich in den USA zu finden, die derzeit nur ein gebremstes Wirtschaftswachstum zeigen. Weitere Einflussfaktoren auf den Eurokurs sind die Hoffnungen auf eine Lösung der Griechenland-Krise sowie aktuelle Äusserungen von EZB-Präsident Mario Draghi zu ersten Erfolgen des europäischen Anleihenkaufprogramms.


Die Statistik zeigt eine Zeitreihe zur monatlichen Entwicklung des Wechselkurses des Euro gegenüber dem Schweizer Franken von Mai 2014 bis Mai 2015. (Quelle: © Statista)

Wachsende Zuwanderung in die Schweiz

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) veröffentlichte am Freitag seinen Bericht für das erste Quartal 2015, aus dem hervorgeht, dass die Zuwanderung in die Schweiz deutlich zugenommen hat. In den ersten drei Monaten dieses Jahres kamen 22´942 Ausländerinnen und Ausländer in die Schweiz. Im Vergleich zum Vorjahr sind der Wanderungssaldo um 14,4 % und die Einwanderung damit um 2,6 % gewachsen. Insgesamt lebten Ende März 2015 in der Eidgenossenschaft knapp zwei Millionen Menschen ohne Schweizer Pass – 3,4 % mehr als im vergangenen Jahr. Über zwei Drittel der Zuwanderer kommen aus den EU- und EFTA-Staaten.

Bei den Gründen für die Zuwanderung in die Schweiz steht mit knapp 50 % die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit an erster Stelle, weitere 30 % macht der Familiennachzug aus. Anerkannte Flüchtlinge sowie Ausländer ohne Erwerbstätigkeit spielen mit einem Anteil von 4,8 respektive 4,5 % eine vergleichsweise geringe Rolle. Gesunken ist dagegen die Zahl der Einbürgerungen. Im ersten Quartal 2015 erhielten rund 6200 Zuwanderer einen Schweizer Pass, im vergangenen Jahr war es noch ein Sechstel mehr gewesen.


Die Zuwanderung hat in der Schweiz im ersten Quartal 2015 deutlich zugenommen. (Bild: nui7711 – shutterstock.com)

Die Zinsen in der Eurozone bleiben niedrig

Auf einer Tagung in Frankfurt/Main hat der EZB-Rat den geldpolitischen Kurs der europäischen Notenbank bestätigt. Der Leitzins in der Eurozone liegt demnach unverändert bei 0,05 %, für Einlagen anderer Banken bei der EZB gilt ein negativer Zinssatz von –0,2 %. Eine Änderung der ultralockeren Geldpolitik der EZB wird es auf absehbare Zeit nicht geben. Das Anleihenkaufprogramm der europäischen Notenbank habe bereits zu Erleichterungen der Finanzierungsbedingungen in der Eurozone beigetragen. Auch die Befürchtungen einer Deflation treten derzeit etwas in den Hintergrund. Im Mai waren die Preise in der Eurozone erstmals seit dem Jahreswechsel wieder um 0,3 % gestiegen.

Widersprüchliche wirtschaftliche Signale aus den USA

Die US-amerikanische Notenbank hat ihre Geldspritzen für die Wirtschaft dagegen längst zurückgefahren. Die Möglichkeit einer Zinswende steht dort bereits seit Monaten im Raum, wird aus Sicht führender Fed-Vertreter wahrscheinlich jedoch erst im Herbst erfolgen, sofern die Konjunktur in den USA wieder anzieht und das Inflationsziel von 2 % zumindest annähernd erreicht wird. Die Arbeitsmarktdaten für die Vereinigten Staaten – traditionell ein wichtiger Indikator für die Konjunkturentwicklung – senden widersprüchliche Signale. Einerseits sind im Mai 2015 in den USA 280´000 neue Jobs entstanden, was die ursprüngliche Prognose deutlich übertrifft. Dagegen entwickeln sich die Löhne kaum dynamisch, die Arbeitsproduktivität ist im Vergleich zum ersten Quartal 2014 sogar um 3 % zurückgegangen.

IWF-Präsidentin Lagarde warnt vor einer verfrühten Zinswende in den USA

In die Debatte um die Zinswende hat sich inzwischen auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, eingeschaltet. Fed-Präsidentin Janet Yellen hält bisher daran fest, dass die Zinsanhebung noch in diesem Jahr erfolgen könnte, sofern die Wirtschaftsdaten stimmen. Lagarde warnte anlässlich der Vorstellung des IWF-Jahresberichts zur Wirtschaftsentwicklung in den USA am vergangenen Donnerstag vor einer vorschnellen Entscheidung und riet dazu, die Zinswende auf den Jahresbeginn 2016 zu verschieben.

Für diese Empfehlung führte sie vor allem zwei Argumente an: Zum einen könnte eine zu starke Straffung der Geldpolitik zu einem Wachstumshemmnis für die US-amerikanische Wirtschaft werden. Zum anderen könnten die Folgen der Leitzinserhöhung auch in anderen Volkswirtschaften zu Problemen führen. Beispielsweise befürchten die Schwellenländer in Asien und Lateinamerika danach grössere Kapitalabflüsse in die USA. Die daraus resultierende Aufwertung des US-Dollar könnte sich nicht nur für die US-Wirtschaft als Hypothek erweisen, sondern durch internationale Dollar-Kredite zu einer Konkurswelle in den Schwellenländern und zu regionalen Wirtschaftskrisen führen.



FIFA-Sponsoren begrüssen Blatters Rücktritt

Der Rücktritt des FIFA-Chefs Sepp Blatter war eine der Top-Meldungen der vergangenen Woche. Begrüsst wurde dieser Schritt auch von den Hauptsponsoren des Verbandes. Adidas und Coca-Cola mahnten jedoch auch, dass jetzt rasch Reformen folgen müssten. Von einem Teil der Adidas-Aktionäre könnte der FIFA allerdings weiterer Ärger drohen.



Der Vorsitzende der Vereinigung institutioneller Privatanleger, Hans-Martin Buhlmann, forderte am Wochenende, dass Adidas die Kündigung des FIFA-Vertrages prüfen müsse. Buhlmann hält ein Adidas-Aktienvolumen im Wert von 230 Millionen Euro. Aus seiner Sicht würde die Kündigung Druck aufbauen, um die FIFA grundlegend zu reformiere;, Adidas-Chef Herbert Hainer könne bei der Neugestaltung des Verbandes eine Schlüsselrolle übernehmen.

 

Oberstes Bild: © Valeri Potapova – shutterstock.com

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