Organische Reichweite auf Facebook: Was bedeutet deren Einschränkung für Content-Marketer? (Teil 2)

Facebook hat Ende April den Newsfeed-Algorithmus verändert. Nicht zum ersten Mal, aber jetzt nimmt die Kritik an diesen Massnahmen Fahrt auf. Vermutlich auch deshalb, weil sich langsam ein Trend abzeichnet, der Unternehmen den angenehmen Status Quo entzieht.

In diesem Artikel gehen wir auf die Diskussion um die organische Reichweite auf Facebook ein, die sich an den jüngsten Änderungen am Newsfeed-Algorithmus entzündet hat.



Im ersten Teil des Berichts wurden bereits die drei aktuellen Änderungen am Newsfeed-Algorithmus genannt:

  • Interaktionen und Freundschaftsstatus mit einem Account treiben dessen Beiträge im Newsfeed nach oben.
  • Aktivitäten („Like“ vergeben, Beitrag kommentiert, Profil verändert) werden weiter unten bzw. gar nicht mehr angezeigt.
  • Mehrere Beiträge desselben abonnierten Accounts können jetzt im Newsfeed direkt hintereinander auftauchen.

Facebooks Standpunkt

Die offizielle Begründung klingt zunächst einmal sehr schlüssig: Facebook hat seine Nutzer über ihre Meinung zum Newsfeed befragt, und diese drei Änderungen sind das Resultat des Nutzerwunsches. Betrachtet man jede einzelne Änderung genauer, erscheinen sie durchaus sinnvoll: Eine soziale Plattform hat den zwischenmenschlichen Austausch im Fokus, und wenn Beiträge von Facebook-Freunden jetzt die höchste Priorität geniessen, unterstützt diese Massnahme nur den sozialen Gedanken. Inhalte von Freunden gehen vor.

Auch die zweite Änderung macht intuitiv Sinn, denn mit dem inflationären Gebrauch des „Like“-Buttons und der wachsenden Anzahl an Facebook-Freunden ist die Anzahl der Benachrichtigungen zu hoch und deren Relevanz zu gering. Auch Änderung drei macht für Nutzer, die wenige Accounts abonniert haben, viel Sinn. Vorher konnten sie sich nicht voll auf einige wenige Accounts konzentrieren und jetzt gibt es diese Option.

Soziale Plattform und Werbung: Wie passt das zusammen?

So weit, so nachvollziehbar, aber eben nur im Rahmen der rein sozialen Plattform. Und da Facebook beinahe ausschliesslich von Werbung lebt, kann man nicht mehr von einer rein sozialen Plattform sprechen. Der heikle Punkt ist, dass Facebook nicht nur private Nutzer hat, sondern auch viele Firmen dort aktiv sind und teils sehr grosse Fangemeinden aufgebaut haben, die sie über diesen Kanal mit Content erreichen wollen. Die Verlierer der neuesten Änderungen können anhand der groben Informationen zu den Änderungen am Algorithmus natürlich nicht genau benannt werden, aber es erscheint recht sicher, dass die Beiträge der Firmenkunden stark an Reichweite verlieren werden. Und Facebook soll ca. 40 Mio. Seiten von kleinen und mittelständischen Unternehmen beheimaten.

Wenn Firmen künftig mit einem Nutzer direkt interagieren müssen, um in deren Newsfeed an einer sichtbaren Stelle aufzutauchen, ist die hohe Reichweite durch Facebook nicht mehr ressourcenschonend. Alternativ können die Beiträge aber gegen Bezahlung an die Zielgruppe ausgespielt werden.

Spätestens an dieser Stelle ist natürlich ein Anlaufpunkt für Kritik an Facebook gegeben. Möchte man den Nutzern wirklich mehr relevante Inhalte liefern, müsste konsequenterweise auch das Ausspielen von bezahlten Beiträgen in Newsfeeds unterbunden werden bzw. hätte niemals aufgesetzte werden dürfen. Was also im ersten Moment so klingt, als würde Facebook die Interessen seiner Nutzer gegen Informationsüberfrachtung schützen wollen, ist vermutlich eher vom Interesse an erhöhten Werbeeinnahmen getrieben.


Facebook hat sich längst als Ort etabliert, an dem viele Millionen Menschen regelmäßig Content konsumieren.
Facebook hat sich längst als Ort etabliert, an dem viele Millionen Menschen regelmäßig Content konsumieren. (Bild: © GongTo – shutterstock.com)

Content-Anbieter müssen Erwartungen an Facebook-Massnahmen zurückschrauben

Prinzipiell kann man dem Unternehmen das Aufsetzen eines Geschäftsmodells auch nicht vorwerfen, und hochgradig wertvolle Reichweite umsonst anbieten, muss Facebook auch nicht. Neben der fadenscheinigen Begründung stösst aber die Vorgehensweise negativ auf. Das Eindampfen der Unternehmensreichweite geschah erst dann, als viele Content-Marketing-Strategien bereits auf Facebook setzten. Und da diese Entwicklung nicht erst mit den aktuellsten Änderungen begonnen hat, sollte von einem Fortgang dieses Trends ausgegangen werden. Das bedeutet für Content-Marketer, dass sie ihre Facebook-Strategie überarbeiten sollten.

Die Erwartungshaltung an Aufwand und Nutzen der Facebook-Massnahmen muss vermutlich neu definiert werden, denn der Aufwand pro Reichweite wird tendenziell steigen. Entweder muss mehr Arbeit in die Interaktion mit der Zielgruppe investiert werden – ein Aufwand, den manche als den eigentlichen Sinn hinter Content-Marketing sehen – oder der Verlust an organischer Reichweite wird mit bezahlten Beiträgen ausgeglichen. Alternativ kann man natürlich auch Reichweitenrückgänge in Kauf nehmen oder die Art und Weise des Facebook-Marketings anpassen.

Welche Auswirkungen hat die Newsfeed-Änderung?

Anhand der drei genannten Änderungen kann sehr grob abgeschätzt werden, in wie weit die eigene Reichweite betroffen sein wird und in welche Richtung eine Anpassung einschlagen muss:
Hat die eigene Zielgruppe nur sehr wenige Accounts abonniert, hält sich der Reichweitenverlust vermutlich in Grenzen. Wer Fachinformationen auf B2B-Ebene über Facebook bewirbt, könnte gute Chancen haben, relativ verlustarm zu bleiben.

Auch wenn zur relevanten Zielgruppe bereits eine enge Verbindung besteht, stehen die Chancen auf gute Sichtbarkeit der Beiträge weiterhin gut.

Wo die eigene Fangemeinde aber viele Accounts abonniert und vornehmlich konsumiert und wenig interagiert, gehen die Beiträge vermutlich unter den Freundesmitteilungen im Newsfeed unter. Vor allem im B2C-Bereich wird dies vermutlich seine Spuren hinterlassen. Gegensteuern ist vermutlich gar nicht so einfach. Wer bis jetzt noch nicht im Gespräch bei seinen Fans ist und nun ganz aus dem Sichtbereich seiner Zielgruppe verschwindet, ist eigentlich aussen vor. Der einfachste Weg ist natürlich mit bezahlten Facebook-Beiträgen wieder an Sichtbarkeit zu gewinnen – aber wenn Facebook die eigenen Beiträge schon als irrelevant für die Nutzer eingestuft hat, sollte der erste Schritt sein, relevantere Inhalte zu produzieren. Dazu kann man einfach die bestehende Fangemeinde fragen, was sie interessiert, z.B. über eine Online-Umfrage. Den Link zur Umfrage postet man am besten in Facebook; wer klickt, der steht schon einmal in Facebook-Interaktion.

 

Oberstes Bild: © TechCrunch – Flickr.com – CC BY 2.0

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Diplomphysiker im technischen Vertrieb mit Leidenschaft fürs Schreiben.
Die Themen dürfen ruhig weit gesteckt sein: Von Archäologie und Kulturanalyse über Naturwissenschaft und Technik hin zum eCommerce und Content-Marketing.

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