Facebook schränkt organische Reichweite für Unternehmen ein: Was bedeutet dies fürs Content- Marketing?

Grosse Social-Media-Plattformen setzen immer mehr auf kostenpflichtige Werbeoptionen und schränken gleichzeitig die kostenfreie, organische Reichweite von Beiträgen zunehmend ein. Die Vorstellung einer engen Kooperation zwischen Content-Anbietern und sozialen Plattformen, die das Web nachhaltig verändert hätte, wird damit immer unwahrscheinlicher.

Darüber hinaus sollten sich Unternehmen überlegen, in wieweit ihre Content-Marketing-Bemühungen auf kostengünstiger Social-Media-Reichweite fusst. Wird in Zukunft nicht mehr Budget für dieselbe Reichweite zur Verfügung stehen, können Reichweiteneinbrüche die Folge sein.

Firmenwebseiten auf Social-Media-Plattformen auslagern – ein Abhängigkeitsproblem

Die grossen Verlage betreiben bald keine eigenen Webseiten mehr und verlagern ihre Inhalte vollständig auf die populärsten sozialen Plattformen. Vor ein paar Monaten hat der Verlagsgründer und Blogger Johnny Haeusler eine solche Zukunft prognostiziert – und das nicht unbegründet. Da sich laut Haeusler die Menschen aktuell und in Zukunft noch viel mehr auf einigen wenigen sozialen Plattformen bewegen würden, seien für das Geschäft der Informationsanbieter bald nur noch diese Orte interessant. Und wenn sich alles auf diesen Plattformen abspiele, wozu die Kosten und den Arbeitsaufwand zur Wartung und regelmässigen Überarbeitung der eigenen Webseite auf sich nehmen?

Um sich nicht in zu sehr von Fremdanbietern abhängig zu machen, könnte eine Antwort lauten. Aufgrund der aktuellen Veränderungen auf Facebook, drängt sich dieser Aspekt wohl am stärksten auf – aber auch die generelle Entwicklung der sozialen Plattformen lässt aufhorchen. Ein über die letzten fünf bis zehn Jahre konstantes, teils massives Wachstum der Reichweite durch private Nutzer liess die Plattformen für die Werbeindustrie und die Marketingabteilungen zahlreicher Unternehmen interessant werden. Und nun, wo viele Marketingstrategien auf Facebook und Co. als festen Bestandteil setzen, wird die organische Reichweite für Unternehmen eingeschränkt und parallel tauchen immer neue kostenpflichtige Werbemöglichkeiten auf.



Facebook will die Interessen privater Nutzer berücksichtigen

Facebook begründete die letzte Einschränkung der organischen Reichweite vor ein paar Wochen – die sich vor allem auf die Beiträge von Unternehmen auswirken wird – mit den Interessen der privaten Nutzer begründet. Diese wollten mehr Inhalte von befreundeten Personen sehen, was nun offenbar auf Kosten der Reichweite von Unternehmensinhalten umgesetzt wurde. Natürlich drängt sich die Frage auf, weshalb Facebook überhaupt die Möglichkeit zur Werbung anbietet, wenn es seinen Ruf als soziale Plattform wahren möchte, die den privaten Austausch im Fokus hat. Die Umsatzzahlen über Facebooks Werbeeinnahmen lassen es erahnen: Die Plattform lebt fast ausschliesslich von Werbeeinnahmen.


Die Grafik zeigt den Umsatz von Facebook nach Segmenten. (Quelle: © Statista)

Laut den offiziellen Zahlen von Facebook belief sich der Gesamtumsatz im Q4 2014 auf 3,85 Mrd. US-Dollar, von denen 3,59 Mrd. US-Dollar auf Werbeeinnahmen entfielen. Für das Q1 2015 ist der Gesamtumsatz mit 3,54 Mrd. US-Dollar beziffert, von dem 3,32 Mrd. US-Dollar durch Werbung eingespielt wurde. In den letzten 15 Monaten (und davor sicherlich in ähnlichem Masse) entstammten damit gute 93 Prozent der Einnahmen aus Werbeerlösen.

Die umgesetzten Massnahmen sollen diesen Status vermutlich konsolidieren oder weiteres Potential ausschöpfen. Der Verteilung zufolge ist mobile Werbung auf Facebook sehr gefragt – es ist gut möglich, dass Facebook insbesondere dieses Potential verstärkt ausschöpfen möchte.

Content-Anbieter sind von sozialen Plattformen abhängig

Aus wirtschaftlicher Sicht und dem berechtigten Eigeninteresse des Unternehmens ist das durchaus nachvollziehbar. Die Art und Weise, wie diese Interessen verfolgt werden, sollte aber eins klar gemacht haben: Am Ende des Tages bestimmen die Inhaber von grossen sozialen Plattformen über deren Funktionsumfang und Funktionsweise.

Eine Kooperation zwischen Content-Anbietern und sozialen Plattformen, wie Johnny Haeussler sie beschrieben hat, ist sehr fraglich. Wer seine eigene Firmenwebseite aufgibt, um seinen Content günstiger über eine externe Plattform ausspielen zu können, begibt sich in eine sehr starke Abhängigkeit. Ohne echte Alternative zum Ausspielen des Contents, erhält die soziale Plattform mehr oder weniger das Alleinbestimmungsrecht darüber, ob der Content an die Zielgruppe gelangt oder nicht. Interessenkonflikte in einer Kooperation, bei der Verlage die Inhalte liefern und soziale Plattformen das Hosting übernehmen und die Reichweite zur Verfügung stellen, werden vermutlich immer zu Ungunsten der Verlage ausgehen – zumindest nach der aktuellen Konstellation.

Einen echten Wettbewerb unter den sozialen Plattformen, die den Verlagen einen Stück des Hebels zurückgeben könnte, gibt es nicht wirklich, wie die Statistik über die Marktverteilung der Top 10 sozialen Plattformen zeigt.


Die vorliegende Statistik zeigt die führenden Social Media Seiten weltweit nach ihren Marktanteilen. (Quelle: © Statista)

Neben der Erkenntnis, dass (Verlags-)Webseiten vermutlich nicht von sozialen Plattformen abgelöst werden, bleibt auch der Eindruck, dass die Zeit für kostengünstiges Social Media Marketing für viele (aber nicht alle) Unternehmen vorbei ist. Vor allem unbekannte Neueinsteiger, die naturgemässs über eine kleine Fangemeinde verfügen, werden wenig organische Reichweite erzielen und für eine solide Grundlage Geld in die Hand nehmen müssen.

Pauschal lässt sich das natürlich nicht so genau sagen – weder für alle sozialen Plattformen, noch für eine einzelne. Daher wird sich der nächste Artikel näher um den Facebook-Algorithmus drehen. Wir erklären, welche Art von Unternehmens-Inhalten wahrscheinlich an Reichweite einbüssen und welche nur wenig von den aktuellen Änderungen spüren.

 

Oberstes Bild: © Northfoto / Shuttersstock.com

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Mehr zu Markus Haller

Diplomphysiker im technischen Vertrieb mit Leidenschaft fürs Schreiben.
Die Themen dürfen ruhig weit gesteckt sein: Von Archäologie und Kulturanalyse über Naturwissenschaft und Technik hin zum eCommerce und Content-Marketing.

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