B24 Wochenrückblick – wirtschaftliche Folgen der Franken-Stärke und die Gefahr des „Graccidents“

Das beherrschende Wirtschaftsthema in der Schweiz war auch in der vergangenen Woche der starke Franken, der inzwischen auch im Bundesrat ein Thema ist. Am vergangenen Freitag beschäftigten sich die Parlamentarier mit insgesamt sieben dringlichen Interpellationen verschiedener Parteien zu diesem Thema. 

In der Wirtschaft und seitens der Wirtschaftsforscher spielen Rezessionsbefürchtungen aufgrund der Franken-Stärke derzeit nur eine marginale Rolle. Als Gegengewicht erhält die Schweizer Wirtschaft derzeit positive Impulse durch den ebenfalls starken US-Dollar.

Deutlich kritischer bewerten Ökonomen und Politiker die Negativzinsen der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die mittelfristig den Einstieg in eine wirtschaftliche Depression zur Folge haben könnten. Das Abkommen zum Automatischen Informationsaustausch (AIA) mit der EU ist inhaltlich unter Dach und Fach. Griechenland bleibt das ungeliebte Sorgenkind Europas, dessen EU-Mitgliedschaft inzwischen jederzeit einem „politischen Unfall“ zum Opfer fallen könnte. Schweizer und internationale Medien spekulierten über einen Inkognito-Aufenthalt des russischen Präsidenten Vladimir Putin im Tessin, der allerdings von offizieller Seite nicht bestätigt wurde.

Keine Rezessionserwartung – trotz des Franken-Hochs

Obwohl die Aufwertung des Franken in der vergangenen Woche wieder an Fahrt gewonnen hat –  der Euro-Wechselkurs liegt derzeit bei 1.05 CHF –  haben damit verbundene Rezessionsängste inzwischen deutlich abgenommen. Auch der US-Dollar zeigte in der vergangenen Woche jedoch einen klaren Aufwärtstrend, was für viele exportorientierte Schweizer Unternehmen ein günstigeres Währungsumfeld zur Folge hatte. Vor allem die Banken sowie international agierende Grosskonzerne – mit Fokus auf der Pharma-, Hightech- und Luxusgüter-Industrie – profitieren von der neuen Dollar-Stärke. Die Konjunkturforscher des BAKBASEL prognostizieren vor diesem Hintergrund für 2015 etwa ein Prozent wirtschaftliches Wachstum, unmittelbar nach der Freigabe des Wechselkurses hatten sie ein Negativwachstum von -0,2 Prozent erwartet.

Parteiengegensätze angesichts der Franken-Stärke

Am vergangenen Freitag äusserte sich auch der Bundesrat zur Franken-Stärke. Insgesamt haben die Fraktionen sieben dringliche Interpellationen eingereicht, in denen sie für die Unterstützung der Wirtschaft sehr unterschiedliche Konzepte präsentierten. Die Linke forderte „mehr Staat“ in Form von Kapitalverkehrskontrollen und besserem Arbeitnehmerschutz, die Rechte setzt dagegen auf Steuersenkungen und den freien Markt. In sei nen ausführlichen Antworten stellte der Bundesrat heraus, dass es abgesehen von den geldpolitischen Massnahmen der SNB kaum Möglichkeiten für kurzfristige Massnahmen gegen die Auswirkungen des starken Frankens gebe. Wichtig sei dagegen, der Wirtschaft auch künftig „gute Rahmenbedingungen“ zu bieten – unter anderem durch das Festhalten an den bilateralen Verträgen mit der Europäischen Union und dem Verzicht auf Regulierungen des freien Kapitalverkehrs. SVP und FDP forderten ausserdem einen Personalstopp in der Staatsverwaltung, der für 2016 jedoch bereits beschlossen ist. Die Notwendigkeit „ergänzender Massnahmen“ will der Bund anhand der aktuellen Konjunkturprognosen prüfen, die in den nächsten Tagen erscheinen werden. Ebenfalls in dieser Woche wird der Nationalrat eine dringliche Debatte zur Währungsproblematik führen.

Negativzinsen belasten die Schweizer Wirtschaft stärker als der Wechselkurs

Als problematisch für die Schweizer Wirtschaft könnten sich dagegen die Negativzinsen der SNB erweisen. Nach Spekulationen über weitere Zinssenkungen – von derzeit -0,75 auf perspektivisch -1,5 Prozent – gerät SNB-Präsident Thomas Jordan nun immer stärker unter Druck. Die negativen Zinsen sollen den Aufwertungsdruck auf die Schweizer Währung kompensieren, laut einer Studie der UBS belasten sie die Schweizer Wirtschaft jedoch stärker als der Wechselkurs.  Politiker verschiedener Parteien fordern inzwischen eine parlamentarische Überprüfung der Zinspolitik der SNB und ihrer wirtschaftlichen Folgen. Aus Sicht von SP-Ständerat Claude Janiak sind die negativen Zinsen „Ausdruck einer deflationären Konjunktureinschätzung“. Auch die UBS-Studie rechnet für das laufende Jahr mit Wachstumsschwächen und einer moderaten Deflation, bei weiteren Zinssenkungen drohe der Schweiz in den Folgejahren jedoch eine Rezession.


Inzwischen warnen Ökonomen vor einem „politischen Unfall“. (Bild: © yoeml – shutterstock.com)

Automatischer Informationsaustausch (AIA) mit der EU ist unter Dach und Fach

In der vergangenen Woche haben Bern und Brüssel ein Abkommen zur Umsetzung des automatischen Informationsaustauschs unter Dach und Fach gebracht, die offizielle Unterzeichnung soll am nächsten Donnerstag erfolgen. Ab 1. Januar 2017 wird damit das steuerliche Bankgeheimnis für EU-Kunden bei Schweizer Banken abgeschafft. Die AIA-Übernahme ab 2017/18 hatte die Schweiz bereits zuvor in globalem Massstab zugesagt, für die Umsetzung sind jedoch bilaterale Verträge nötig. Ungeklärt sind bisher der Umgang mit nicht deklarierten Altvermögen von EU-Bürgern in der Schweiz sowie der Marktzugang von Schweizer Finanzdienstleistern in der Europäischen Union.

Kommt statt dem „Grexit“ nun der „Graccident“?

Von einem „Grexit“ – dem möglichen Ausstieg der Griechen aus dem Euro – war in den vergangenen Wochen oft die Rede. Die Formulierung implizierte bisher, dass sich die griechische Regierung bewusst zu diesem Schritt entschliessen könnte. Inzwischen warnen Ökonomen eher vor einem „Graccident“ – also einem „politischen Unfall“, der zum Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone führt. Marcel Fratzscher, der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, beschrieb die Lage der Griechen am vergangenen Samstag mit den Worten, dass sich Athen mit einem brennenden Feuerzeug auf einem Pulverfass befinde. Die Syriza-Regierung habe jeden Vertrauensvorschuss verspielt, jede Fehlentscheidung könne jetzt den finalen Kollaps nach sich ziehen. Die grösste Gefahr sieht Fratzscher in der Kapitalflucht der griechischen Bürger und dem daraus resultierenden Zusammenbruch des Bankensystems des Landes. Erforderlich seien jetzt klare Signale aus Athen – für eine Fortsetzung der Reformen und gegen einen „Grexit“ ebenso wie gegen einen Schuldenschnitt.

Ein früherer Vorschlag des Wirtschaftswissenschaftlers, der auch die Regierung in Berlin berät, zielte darauf ab, den griechischen Schuldendienst an das Wirtschaftswachstum des Landes zu koppeln, wurde jedoch ebenso wie diverse andere Vorschläge zur Entlastung Griechenlands und seiner Bürger durch die „Troika“ aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds kategorisch abgelehnt. Der griechischen Regierung bleibt inzwischen nicht viel mehr, als den von den internationalen Institutionen eingeforderten harten Reformkurs fortzusetzen.

Präsident Putin – inkognito im Tessin?

Der Verbleib des russischen Präsidenten Vladimir Putin gab in der vergangenen Woche Anlass zu Gerüchten. Sein letzter Auftritt – bei einem Kurzbesuch des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi in Moskau – datierte auf den 5. März. Seitdem wurde der Kremlchef nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen, ausserdem liess er einige offizielle Termine platzen. Diverse Medien spekulierten bereits über eine Erkrankung Putins, eine andere Erklärung kam jedoch aus der Schweiz: Angeblich sind Putin und seine Freundin – die russische Spitzensportlerin Alina Kabajewa – zur Geburt ihrer gemeinsamen Tochter ins Tessin gereist. In der russischen Ausgabe des Wirtschaftsmagazins „Forbes“ dementierte Putin-Sprecher Dmitri Peskow diese Nachricht, vom Tisch sind die Gerüchte jedoch nicht. Die Beziehung des Paares wurde von offizieller Seite nie bestätigt, gilt in Russland jedoch als offenes Geheimnis. Für den seit 2014 geschiedenen Staatsmann könnte die Geburt eines unehelichen Kindes natürlich trotzdem ein diffiziles Thema sein.

 

Oberstes Bild: © Pressmaster – shutterstock.com

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