Die bunte Vielfalt der Kunststoffe
Kunststoffe begegnen uns auf Schritt und Tritt. In nahezu jedem Produkt werden sie mitverarbeitet. Obwohl sie alle im allgemeinen Sprachgebrauch als „Plastik“ bezeichnet werden, besteht doch eine grosse Vielfalt an unterschiedlichen Kunststoffen.
Die gleichartige Bezeichnung dieser Materialien rührt daher, dass sie sich ähnlich anfühlen und auch im weitesten Sinne ähnliche Eigenschaften haben. Die Bezeichnung „Kunststoff“ für den Werkstoff eines Produktes ist jedoch ebenso allgemein wie „Metall“ oder „Stein“.
Kunststoffe sind vergleichsweise leichte Materialien. Sie sind nicht magnetisch und wirken isolierend gegen elektrischen Strom. Kunststoffe werden aus organischen Materialien gewonnen. Bis heute wird bei vielen Kunststoffen dazu hauptsächlich Erdöl verwendet. Es gibt aber einen starken Trend, für die Produktion von Kunststoffen vermehrt Alternativen wie nachwachsende Rohstoffe zu verwenden.
Kunststoff ist preiswert herzustellen und kann in jede beliebige Form gebracht werden. In vielen Punkten sind Kunststoffe anderen Werkstoffen weit überlegen. Moderne Materialien dieser Art machen vor allem den Metallen eine scharfe Konkurrenz. Pipelinerohre, Flugzeuge oder Gehäuse müssen schon lange nicht mehr aus Aluminium oder Stahl sein. Die leichten Kunststoffe haben inzwischen Festigkeiten erreicht, die sie problemlos auch für anspruchsvolle Aufgaben qualifizieren. Kunststoffe können wesentlich besser als andere Werkstoffe auf einen bestimmten Zweck hin entworfen werden. Man findet Kunststoff in Formteilen, als Folie, als Dämmstoff oder als Verpackungsmaterial.
Darüber hinaus werden Kunststoffe aufgrund bestimmter technischer Eigenschaften gezielt anderen Materialien beigemengt. In Asphalten verlängern Kunststoffe die Haltbarkeit von Strassenbelag. Als Mikrokugeln geformt, geben sie Mörtel und Beton eine wärmedämmende Wirkung. Zuletzt wurden Kunststoffe in Form von Mikroplastik sogar Zahnpasta beigemengt. Ziel war es, die Zähne schonender von färbenden Belägen wie Nikotin oder Rückständen von Kaffee oder schwarzem Tee zu befreien, ohne dabei den Zahnschmelz zu beeinträchtigen. Vorher wurden zu diesem Zweck mineralische Schleifmittel verwendet. Die Mikroplastik-Schleifkörper sind jedoch aufgrund ihrer ungeklärten Wirkungen auf die Gesundheit in Verruf geraten und die Hersteller nehmen sie schrittweise wieder vom Markt.
Der in enormen Mengen hergestellte Kunststoff stellt mittlerweile ein riesiges Problem dar. Kunststoffe gelten als inert. Das bedeutet, dass sie sich nicht organisch zersetzen lassen. Um alte Produkte aus Kunststoff wirklich wieder dem Werkstoffkreislauf zuzuführen, müssen viele von ihnen mit sehr energieintensiven Prozessen rezykliert werden. Dies ist heute noch kaum lohnenswert, so dass der Kunststoff mittlerweile für ein enormes Müllproblem steht. Vor allem in den Ozeanen haben sich riesige Mengen an schwimmendem Kunststoff angesammelt. Diese Massen sind eine grosse Bedrohung für die in den Meeren lebende Fauna.
Kunststoffe werden in Thermoplaste, Duroplaste und Elastomere unterschieden. Sie bestehen aus langkettigen Molekülen, welche wie kalt werdende Nudeln aneinander haften. Diese Moleküle werden auch als „Ketten“ bezeichnet. Thermoplaste sind Kunststoffe, welche sich unter dem Einfluss von Wärme (thermos, lateinisch für Wärme) verformen lassen. Duroplaste (lateinisch duros: hart) bleiben nach dem Erkalten in der gewünschten Form. Elastomere sind dauerelastisch. Thermoplaste stellen im täglichen Gebrauch die meisten Kunststoffwerkstoffe, ob als Verpackung, Küchenschüssel oder als Plastikspielzeug.
Duroplaste findet man beispielsweise an Griffen von Töpfen und Pfannen. Dadurch, dass sie auch bei hohen Temperaturen ihre Form behalten, werden sie gerne für isolierende Zwecke eingesetzt. Der früher für Gehäuse verwendete Kunststoff „Bakelit“ zählt ebenfalls zu den Duroplasten.
Elastomere sind schliesslich alle Arten von Gummis. Vom Autoreifen bis zum Haargummi werden alle elastischen Kunststoffe mit oder ganz aus Elastomeren gefertigt.
Kunststoffe werden im chemischen Zusammenhang als „Polymer“ bezeichnet. Dazu zählen sogar natürliche Harze und die daraus gewandelten Materialien. Ein natürliches Polymer ist beispielsweise der Bernstein, welcher aus erstarrtem Baumharz besteht. Die Herstellung von Polymeren, also langkettigen Kunststoffen, geht sogar auf die Steinzeit zurück. Die gezielte Herstellung von Birkenpech durch Trockendestillation beherrschten bereits die Urmenschen. Dieser Klebstoff ermöglichte erst das dauerfeste Verbinden von einem Wurfstock mit einer geschliffenen Steinspitze, um einen Speer oder einen Pfeil zu fertigen.
In der modernen Zeit hatten zunächst die Elastomere ihren Durchbruch, als Charles Goodyear das Verfahren der Vulkanisation aus Schwefel und Kautschuk zu Gummi entdeckte. Anschliessend folgte die Erfindung von Plexiglas, welche vor allem im Zweiten Weltkrieg eine grosse Bedeutung für die Herstellung von Sichthauben von Jagdflugzeugen hatte. In den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die Kunststoffe schliesslich für die Herstellung preiswerter Massengüter eingesetzt.
Neben den Polyamiden haben vor allem die Verbundwerkstoffe eine immer weiter steigende Bedeutung. Verbundwerkstoffe bestehen aus einem mineralischen, organischen oder keramischen Kern und einer Umhüllung aus Kunststoffen. Besonders bekannt sind die Glasfaser-Verbundwerkstoffe und die Kohlefaserstoffe, welche in einer Vielzahl von Ausführungen verfügbar sind. Ob als Rohr aus einer gerollten Matte, schichtweise verklebte Faserplatten oder extrudiertes Langmaterial, die Vielfalt an Verbundwerkstoffen kennt keine Grenzen. Eine besonders grosse Bedeutung haben GfK-Materialien für die regenerativen Energien. Die Rotorblätter von Windkraftanlagen werden standardmässig aus diesem Material hergestellt.
Die Entsorgungsproblematik ist bei GfK-Materialien aber ebenfalls akut. Hier müssen dringend Lösungen entwickelt werden. Aber im Finden idealer Lösungen haben sich die Ingenieure weltweit in den letzten 200 Jahren als sehr fähig erwiesen.
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