Gestresst aus dem Wochenende?

Wie oft gehen Sie am Feierabend leicht genervt nach Hause? Was bedeutet freitags für Sie das bevorstehende Wochenende? Wie sehr freuen Sie sich nach einem Kurzurlaub auf die Arbeit? Und warum sind manche Zeitgenossen lieber auf Arbeit, statt zu Hause?

Die Antwort auf diese Fragen erscheint auf den ersten Blick unwahrscheinlich, entbehrt jedoch bei genauerer Betrachtung weder eines realen Hintergrundes noch einer fundierten Grundlage. Viele Arbeitnehmer sind zu Hause mehr gestresst als auf Arbeit und entsprechend wenig ausgeruht.

Klare Regeln oder heilloses Durcheinander

Betroffen vom Stressfaktor Freizeit sind vor allem Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, auf die zu Hause Kinder oder pflegebedürftige Angehörige warten. Hier geht die Arbeit nach der Arbeit weiter und für wirkliche Freizeit und ganz individuelle Bedürfnisse bleibt nur wenig Zeit.

Während auf Arbeit klare Regeln dominieren und fast jeder ganz genau weiss, was er wann zu tun hat, herrscht in den eigenen vier Wänden oftmals ein mehr oder minder unorganisiertes Durcheinander. Die Bedürfnisse der Kinder lassen sich nicht planen, der Partner hat ganz eigene Wünsche und auch der Haushalt fordert neben dem persönlichen Einsatz auch ein gutes Stück an Zeit. Besonders belastend wird die Situation, wenn pflegebedürftige Angehörige im Haushalt leben und nach Feierabend noch einmal die ganze Aufmerksamkeit einfordern.

In einer solchen Lebenssituation fühlen sich viele Beschäftigte oftmals mehr gestresst als auf der Arbeit. Dort ist alles überschaubar, die Abläufe stehen im Wesentlichen fest und klare Aufgaben lassen sich im Rahmen einer ausgeprägten Struktur gut und zielgerichtet erledigen. Eine solche organisierte Arbeit kommt uns mehr entgegen, als das vermeintliche Chaos zu Hause. Nur Singles und ausserordentlich gut organisierte Familien empfinden das Zuhause weniger als stressend als der durchschnittliche Familienmensch.

Kurzurlaub mit Krisenpotential

Noch höher steigt der Stresspegel im Kurzurlaub. Verlängerte Wochenenden und Kurzferien von etwa einer Woche offenbaren ein unentdecktes Krisenpotential, das sich unter Umständen dann erst einmal so richtig entlädt, wenn man nicht auf Arbeit flüchten kann. Die Erwartungen an Erholung, gemeinsame Erlebnisse und das unbeschwerte Zusammensein werden schnell enttäuscht.

Der weniger organisierte Stressraum Familie bleibt nämlich auch im Kurzurlaub bestehen. Das Umfeld stellt auch in den arbeitsfreien Zeiten seine Anforderungen und Bedürfnisse in ganzer Intensität und über den gesamten Tag hinweg und fordert den ganz persönlichen Einsatz. Eine Flucht in die Arbeit ist aussichtslos und nicht selten entdecken sich sogar Partner in solchen Zeiten neu. Allerdings von der eher ungewohnten, fordernden Seite.

Für eine echte Klärung der Situation bleibt im Kurzurlaub oder an den knappen Wochenenden kaum Zeit. Immerhin bestand die Absicht, sich zu erholen und die Zeit irgendwie angenehm im Kreise der Familie zu verbringen. Stattdessen warten wieder Haushalt und die Bedürfnisse der anderen auf den ganz persönlichen Einsatz. Da bleibt nicht viel Zeit für wahre Entspannung. In einer solchen Situation wird die Freizeit zur echten Krisenzeit und viele sind froh, schon bald wieder auf Arbeit gehen zu können.


Koffer packen nimmt dem Urlaubsspass manchmal ganz schnell wieder die entspannende Wirkung. (Bild: Monika Wisniewska / Shutterstock.com)
Koffer packen nimmt dem Urlaubsspass manchmal ganz schnell wieder die entspannende Wirkung. (Bild: Monika Wisniewska / Shutterstock.com)


Langurlaub bringt nur wenig Lösung

Kein Wunder, wenn sich dann viele auf den langen, mehrwöchigen Jahresurlaub freuen. Endlich einmal richtig ausspannen und nicht an die Probleme auf Arbeit denken. In der Sonne liegen, im Winter den Spass auf Skiern geniessen und ganz entspannt die Seele baumeln lassen und dabei neue Eindrücke sammeln ist das, was sich viele jetzt wünschen. Aber auch ein Langurlaub hat seine Tücken. Die ersten Tage sind vom Reisestress geprägt, in der Ausnahmesituation Urlaub kommen einem Kinder und Partner plötzlich irgendwie fremd vor und erst nach einigen Tagen stellt sich dann das ersehnte Urlaubsfeeling ein. Das ist aber schon wieder zu Ende, wenn die Heimreise ansteht. Koffer packen, noch schnell das eine oder andere Highlight aufsammeln und dann schon wieder an zu Hause denken, nehmen dem Urlaubsspass manchmal ganz schnell wieder die entspannende Wirkung. So kann der Langurlaub nicht immer die passende Lösung sein.

Frauen sind häufiger betroffen

Betroffen vom häuslichen Stress sind Frauen meist mehr als Männer. Die immer noch dominierende geschlechterbezogene Aufgabentrennung im Haushalt und zunehmend mehr alleinerziehende Mütter sind der Grund dafür, dass weibliche Arbeitnehmer zu Hause gestresster sind als ihre männlichen Kollegen.

Viel Hausarbeit und auch so manche organisatorische Herausforderung wird allein von den Frauen bewältigt, während sich nicht wenige arbeitende Männer lieber länger im Büro aufhalten und dort mit Überstunden punkten, weil sie lieber in der organisierten Arbeitswelt sind als im heillosen und anspruchsvollen Umfeld des Zuhauses.

Wo ist die Lösung?

Die Lösung für den Stress zu Hause liegt ganz klar in der Organisation und Aufgabenverteilung. Nur dann, wenn in den eigenen vier Wänden klare Strukturen und gerechte Aufgabenverteilungen dominieren, lässt sich die Stressfalle Freizeit sinnvoll bekämpfen. Dann nähert sich die häusliche Arbeit dichter an die Gepflogenheiten der Lohnarbeit an und wird damit auch überschaubarer und weniger mit Überraschungen gespickt. Die lassen sich zwar auch dann nicht völlig ausschliessen, kommen aber weniger überraschend. Und auch für zu Hause gilt: Geteiltes Leid ist halbes Leid, so dass eine klare Aufgabenteilung durchaus dazu beitragen kann, dass nach Feierabend für alle auch wirklich mehr Zeit für entspannende Erholung bleibt.

 

Oberstes Bild: © KieferPix – Shutterstock.com

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Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

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