Spenden unternehmerisch sinnvoll vergeben

„Warum in die Ferne schweifen, sieh das Gute liegt so nah!“, dieses geflügelte Wort ist angelehnt an den Anfangsvers aus „Erinnerung“ von Goethe. Während damit meist auf Reisen in entferntere Destinationen Bezug genommen wird, möchte ich diesen Ausspruch auf die Vergabepraxis von Spenden beziehen.

Nicht nur zu Weihnachten oder bei grossen Naturkatastrophen überzieht ein wahrer Spendenhype das Land. Über das gesamte Jahr hinweg spenden die Schweizer als Privatpersonen oder Firmen Tag für Tag durchschnittlich über 4,5 Millionen Franken. In der Jahresbilanz stehen dann laut ZEWO für 2012 über 1,644 Milliarden Franken, die die Schweizer in unterschiedlichste Projekte im In- und Ausland gespendet haben. Oftmals sind die Spenden steuerlich abzugsfähig, was förderlich auf das Spendenverhalten wirkt.

Unternehmen spenden gern und häufig

Neben der grossen Zahl an Privatleuten sind es auch viele Schweizer Unternehmen, die gern und häufig Gelder oder Sachspenden uneigennützig in unterschiedlichste Projekte investieren. Investieren ist hier der genau treffende Begriff, wenn Spenden auch unternehmerisch sinnvoll vergeben werden.

Spätestens wenn es einem Unternehmen richtig gut geht und regelmässig deutliche Überschüsse erwirtschaftet werden, rücken Überlegungen für Spendeninvestments zunehmend in den Fokus des Interesses. Kluge Unternehmer spenden dabei nicht für Gott und die Welt, sondern ganz gezielt in Projekte, die irgendwie mit der inhaltlichen Arbeit eines Unternehmens zu tun haben. Hier verbinden sich bei ehrlicher Betrachtung soziales Engagement mit wirtschaftlicher Weitsicht. Diese Weitsicht wird klugerweise nicht ungesteuert in Form von Franken und Sachgütern in die Breite gestreut, sondern ganz gezielt eingesetzt.

Warum in die Ferne schweifen?

Grosse Hilfsorganisationen wie UNICEF oder Terres des Hommes bedienen mit den von ihnen gesammelten Spenden vor allem Projekte im Ausland, bevorzugt auf dem afrikanischen Kontinent. Auch Staaten rufen immer wieder und immer häufiger zu Spenden in die wirtschaftlichen und sozialen Krisengebiete dieser Welt auf. Damit verschieben Regierungen ihre internationale Verantwortung auf die private Seite der Spendengeber. Ohne Frage sind solche Hilfsprojekte beispielsweise für die Dritte Welt durchaus hilfreich, langfristig gesehen für die betreffenden Regionen weniger sinnvoll.

Hier wäre Hilfe zur Selbsthilfe langfristig gesehen intelligenter, als die willkürliche Vergabe bedingungsloser Spenden in breit gestreute Projekte. Die Wirkungen solcher Spenden verpuffen schnell, es entsteht eine Sichtweise in den betroffenen Regionen, dass Europa und die Schweiz genug Geld übrig haben und es dementsprechend lohnend sei, dort zu leben. In der Folge verlassen immer mehr von Hunger, Armut und Naturkatastrophen betroffene Menschen ihr Land und suchen ohne Qualifikation, Sprachbeherrschung und Aussicht auf Arbeit ihr Heil in der Ferne. In der Endkonsequenz werden die Sozialsysteme der Geberländer überlaufen, willkürlich ins Ausland gegebene Spenden schaden letztlich dem eigenen Land selbst. Eine Logik, von der viele Spendensammler nichts wissen wollen, die dennoch durchaus nachvollziehbar erscheint.

Demgegenüber ist es sinnvoller, in soziale Projekte des eigenen Landes und noch besser des sozialen Umfeldes zu spenden. Überall im sozialen Umfeld der Unternehmen gibt es Projekte und Institutionen, die dringend auf finanzielle Unterstützung oder Sachhilfen angewiesen sind, um ihre gesellschaftlich wertvolle Arbeit leisten zu können. Kinderhospize, Alten- und Pflegeheime, Betreuungseinrichtungen, Vereine und nicht selten auch Privatpersonen bedürfen finanzieller oder anderweitig materieller Hilfen, um richtig arbeiten zu können und ein menschenwürdiges Leben gestalten zu dürfen. Aus eigener Kraft und mit den teils knapp zur Verfügung stehenden Mitteln können regionale Helfer und Privatpersonen in unverschuldeten Notlagen kaum überleben. Allein dieser Umstand macht das Spenden im näheren Umfeld sinnvoll und nachhaltig nützlich.


Es klingt nicht unbedingt sozial, wenn Spenden und unternehmerischer Nutzen in einem Atemzug genannt werden.
Es klingt nicht unbedingt sozial, wenn Spenden und unternehmerischer Nutzen in einem Atemzug genannt werden.


Unternehmerischer Nutzen von regional vergebenen Spenden

Es klingt nicht unbedingt sozial, wenn Spenden und unternehmerischer Nutzen in einem Atemzug genannt werden. Sinnvoll ist das aber allemal. Zum einen weiss der Geber genau, wohin seine Spenden fliessen, andererseits können die Empfänger die Hilfen konkret zuordnen. Das schafft Verbindungen, die mit überwiegend anonymen Spenden nach irgendwo ins Ausland nicht zu machen sind. Spendet ein Unternehmen beispielsweise in eine Kindereinrichtung in unmittelbarer Umgebung, so entsteht ein direkter Bezug zwischen Unternehmen und Projekt. Mit den Nehmern können direkte Gespräche geführt und Kontakte geknüpft werden. Damit entsteht für die Unternehmen die Chance, sich sichtbar zu präsentieren und mit konkreten Spendenerfolgen auch öffentlich aufzutreten.

Für die Bevölkerung im Umkreis des Unternehmens schafft das Identifikationsmöglichkeiten mit dem Unternehmen und der Region. Nicht selten wird damit das Interesse am Unternehmen deutlich gesteigert und auch die Mitarbeit in einem solchen Unternehmen wird aus sozialer Sicht attraktiv. Damit verbinden die Firmen ihre hilfreichen Spenden mit einer gekonnten Öffentlichkeitsarbeit, die genau dort wirkt, wo das Unternehmen arbeitet. Das ist deutlich sinnvoller als ein finanzielles Engagement in Regionen, in denen den Empfängern das Unternehmen völlig unbekannt ist und dort auch keinen direkten Bezug zu den Menschen hat. Das schliesst nicht aus, dass auch ein Teil des Spendenaufkommens in internationale Projekte einfliessen kann.

„Lerne nur das Glück ergreifen, denn das Glück ist immer da.“

So endet der eingangs erwähnte Goethe-Vers aus dem Vierzeiler „Erinnerung“. Bezogen auf das unternehmerisch sinnvolle Geben von Spenden bedeutet das, dass eine glückliche Wahl der Spendenprojekte auch glückliche Aspekte für das Unternehmen selbst bringt. Solche glücklichen Momente sind in der Verknüpfung von unterstützungswürdigen Projekten in der Region mit dem Unternehmenserfolg zu finden. Die Verbindung von Hilfsprojekt und Unternehmen dient damit zwei klar definierbaren Partnern, die auch für langfristige Kontakte nicht nur die Hände, sondern vor allem auch die Augen, Ohren und Herzen offen haben.

 

Oberstes Bild: © Santhosh Kumar / Shutterstock.com

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Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

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