Konflikte entwicklungsfördernd lösen
VON Olaf Hoffmann Kommunikation Organisation Selbstmanagement
Konfliktpotentiale erkennen, vermeiden oder nutzen
In jedem Unternehmen, selbst in jedem einzelnen Bereich gibt es unterschiedliche Konfliktpotentiale. Diese sind teils hausgemacht, auf der anderen Seite spiegeln sie die Wesensverschiedenheiten von den dort beschäftigten Menschen wider. Generell lassen sich nicht alle Konflikte von vornherein ausschliessen.
Hier gilt es zu unterscheiden, welche Konflikte wenig förderlich und daher als vermeidbar einzustufen sind und welche Konflikte Entwicklungen vorantreiben können und damit auch gut für das Unternehmen als Ganzes sein können. Es geht also darum, Konfliktpotentiale in ihrem Vorhandensein, ihrer Ausprägung und ihrer wahrscheinlichsten Auswirkung zu erkennen und entsprechend zu vermeiden oder als Triebfeder zu nutzen.
Konfliktpotentiale lassen sich am besten erkennen, wenn Arbeitsleistungen und Verhalten der unterschiedlichen Mitarbeiter genau beobachtet und möglichst emotionsfrei sachlich bewertet werden. Lässt sich beispielsweise feststellen, dass ein Grossteil der Arbeiter die abverlangte Leistung in der vorgesehenen Zeit nicht bewältigen kann, liegt hier offensichtlich ein Konflikt zwischen Anspruch und betrieblicher Realität vor. So kann es sein, dass benötigte Teile in der Montage nicht rechtzeitig oder in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, andererseits besteht aber auch die Möglichkeit, dass die Erwartung an Stückzahlen in der Produktion nicht dem tatsächlichen Leistungsvermögen der Beschäftigten entspricht. Aus solch einem Konflikt lassen sich Ableitungen sowohl für die Zielsetzung als auch für das Leistungsverhalten bilden. Damit dient ein solcher Konflikt bei adäquater Lösung durchaus der Regulierung von Arbeitsnormen und wirkt sich bei richtiger Umsetzung positiv aus, wenngleich im ersten Moment eine negative Wirkung überwiegt.
Anders kann das bei Konflikten zwischen Mitarbeitern aussehen. So führen beispielsweise grundsätzliche Abweichungen in der ethischen und moralischen Haltung eng miteinander arbeitender Arbeitnehmer oftmals dazu, dass diese sich permanent in Auseinandersetzungen befinden. Darunter leiden oftmals auch die Arbeitsleistung und die Qualität der Arbeit. Letztlich können solche Diskrepanzen sogar negative Auswirkungen auf das gesamte Betriebsklima haben. Hier wäre es angezeigt, die Mitarbeiterkonstellation zu verändern, um das Konfliktpotential von Beginn an zu minimieren. So könnten solche Beschäftigten beispielsweise in getrennten Schichten oder an räumlich getrennten Arbeitsplätzen eingesetzt werden.
Konflikte sind Triebfedern für Entwicklungen
Egal, wie sich Konflikte auch darstellen, immer sind sie zunächst als Triebfedern der Entwicklung zu betrachten. Wohin diese Entwicklung dann geht, hängt nicht unwesentlich davon ab, wie Konflikte genutzt und gelöst werden. Selbst dann, wenn scheinbar negative Konfliktfolgen den Arbeitsalltag vergiften, können hier positive Wirkungen entstehen. Dann beispielsweise, wenn unzuverlässige Zulieferer aus dem Vertrag genommen und durch leistungsfähigere Partner ersetzt werden. Das macht kurzfristig Arbeit und Umstände, sichert aber langfristig den unternehmerischen Erfolg. Bequemer ist es vielleicht, beim unzuverlässigeren Zulieferer zu bleiben und dafür die eigenen Produktionskennzahlen nach unten anzupassen. Wirtschaftlich sinnvoll ist das hingegen nicht.
Auch Konflikte zwischen Mitarbeitern können je nach Ursache und Ausprägung durchaus entwicklungsfördernd eingesetzt werden. So lässt sich aus mancher Auseinandersetzung durchaus auch das Potential für einen neuen Stil der Mitarbeiterbegegnung ableiten. Fühlen sich zum Beispiel Beschäftigte von ihrem Vorgesetzten permanent missverstanden, so lohnt es, die Gründe dafür genauer zu erforschen. Vielleicht drückt sich der Vorgesetzte mit seinen Ansprüchen und Forderungen nur ungeschickt aus. Dann könnte hier ein Kommunikationstraining Abhilfe schaffen. Vielleicht weiss der Vorgesetzte auch gar nicht, was einzelne Mitarbeiter leisten. Dann kann der Weg in die Produktion für ihn der richtige sein. Möglicherweise ist der Leiter aber auch selbst überfordert und bedarf gezielter Hilfen, um seine Führungsrolle adäquat umsetzen zu können. Auch hier bietet der Konflikt in der sachlichen Betrachtung und entwicklungsfördernden Lösung jede Menge Potential für wünschenswerte oder wichtige Veränderungen.
Konfliktlose Zonen sind Stillstandsbereiche
Manche Unternehmer wünschen sich eine beanstandungsfreie Ruhe im Betrieb. Möglichst kein Streit, keine schwelenden oder offenen Konflikte – die heile Welt am Arbeitsplatz verspricht beste Ergebnisse. Weit gefehlt! Dort, wo unterschiedliche Ansprüche und Erwartungen nicht mehr oder weniger deutlich aufeinanderprallen, wird es zumindest mittel- und langfristig auch keine Entwicklung geben. Stellen Sie sich vor, alle Beschäftigten halten einfach nur Ruhe, dann wird auch in der Entwicklung von Produkten und Leistungen schon bald Ruhe sein. Das bedeutet, dass wichtige Entwicklungen unter Umständen regelrecht verschlafen werden, weil statt konfliktbehafteter Auseinandersetzungen um die Weiterentwicklung von Produkten einvernehmliches Schweigen bevorzugt wird.
Das schwächt letztlich die Marktpositionen von Unternehmen bis hin zum Zusammenbruch. Konflikte, die nicht gerade als unversöhnlicher Streit geführt werden, sind keine Schwachstelle in der Unternehmenskommunikation, sondern Teil einer ergebnisoffenen und schöpferischen Unternehmenskultur. Konflikte entstehen nämlich meist dort, wo individuelle Vorstellungen nicht mit realen Sachverhalten zusammenpassen. Und hier ist immer Potential für Veränderungen vorhanden, das Unternehmen in ihrer Gesamtheit nach vorn bringen kann. Vorausgesetzt, Konflikte werden nicht ausschliesslich als störend, sondern eben auch als entwicklungsfördernd betrachtet und gelöst.
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