Internationales Steuerrecht – eine Auslegeordnung

Seit längerer Zeit wird die Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug, welche in der Schweiz vorgenommen wird, vom Ausland kritisiert und im Zuge der Steuerabkommen aktuell vermehrt in den Medien darüber berichtet. Es zeigt sich immer mehr, dass diese Unterscheidung, die in ausländischen Rechtssystemen nicht existiert, im Ausland nicht verstanden wird.

Aus diesem Anlass möchten wir an dieser Stelle kurz das Schweizer System im Bezug auf Steuerhinterziehung und Steuerbetrug erläutern.

Zu unterscheiden gibt es vier Begriffe:

  • Steuervermeidung

Eine legale Steuervermeidung wird erreicht, indem z.B. durch die Einzahlung von Geldern in die Säule 3a das steuerbare Einkommen reduziert wird. Dieses Vorgehen ist unbedenklich, da die damit verbundenen Vorteile vom Gesetzgeber gewollt sind.

  • Steuerumgehung

Unter Steuerumgehung versteht man Massnahmen, die einzig in der Absicht ergriffen werden, um Steuern zu sparen, indem statt einer steuerpflichtigen Transaktion ein Umweg über mehrere steuerfreie Transaktionen gewählt wird. Ein Beispiel hierfür ist der Kauf eines Unternehmens durch eine Holding mit Finanzierung des Kaufpreises aus der gekauften Gesellschaft selbst durch eine nun scheinbar steuerfreien Dividendenausschüttung. Solche Massnahmen sind zwar nicht verboten, die Steuerbehörden besteuern diese Fälle aber trotzdem, wie wenn diese Massnahmen nicht getroffen worden wären.

  • Steuerhinterziehung

Nach Art. 175 Abs. 1 DBG gilt „Wer als Steuerpflichtiger vorsätzlich oder fahrlässig bewirkt, dass eine Veranlagung zu Unrecht unterbleibt oder dass eine rechtskräftige Veranlagung unvollständig ist, wer als zum Steuerabzug an der Quelle Verpflichteter vorsätzlich oder fahrlässig einen Steuerabzug nicht oder nicht vollständig vornimmt, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine unrechtmässige Rückerstattung oder einen ungerechtfertigten Erlass erwirkt.“

Es geht also um eine Nicht-Deklaration von steuerbaren Transaktionen, ohne dass Belege gefälscht werden. Gemäss Schweizer Recht stellt die Steuerhinterziehung nur eine (administrative) Übertretung dar und wird direkt durch die Steuerbehörde mit Busse geahndet.

  • Steuerbetrug

Art 186 Abs. 1 DBG besagt: „Wer zum Zwecke einer Steuerhinterziehung […] gefälschte, verfälschte oder inhaltlich unwahre Urkunden wie Geschäftsbücher, Bilanzen, Erfolgsrechnungen oder Lohnausweise und andere Bescheinigungen Dritter zur Täuschung gebraucht.“ Die Strafdrohung lautet hier Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.


Strafe für Steuerbetrug – Freiheits- oder Geldstrafe (Bild: Initiative Echte Soziale Marktwirtschaft (IESM) / pixelio.de)


Im Gegensatz zur Steuerhinterziehung stützt sich die falsche Deklaration auf falsche bzw. gefälschte Belege. Ein Steuerbetrug geht meist mit einer Steuerhinterziehung einher. Sofern beide Tatbestände erfüllt sind, finden beide Anwendung.

  • Straflose Selbstanzeige

Seit dem 01.01.2010 gibt es die Möglichkeit der straflosen Selbstanzeige. Sofern die Voraussetzungen für eine straflose Selbstanzeige gegeben sind, wird auf eine Verfolgung und Bestrafung der Delikte verzichtet und nur die Nachsteuer inkl. Zins erhoben.

Zeigt die steuerpflichtige Person erstmals eine Steuerhinterziehung selbst an, so wird von einer Strafverfolgung abgesehen, wenn die Hinterziehung keiner Steuerbehörde bekannt ist, sie die Verwaltung bei der Festsetzung der Nachsteuer vorbehaltlos unterstützt und sie sich ernstlich um die Bezahlung der geschuldeten Nachsteuer bemüht.

  • Ausblick

Aktuell gibt es viele Veränderungen im Bereich der Amts- und Rechtshilfe, vor allem im internationalen Kontext. Die Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland, Österreich und Grossbritannien sind hier als Beispiele zu nennen.

Die Entwicklung lässt sich in drei Stufen einteilen: Die erste Erweiterung orientierte sich an den OECD-Standards und sah somit die Gewährung von Rechtshilfe nicht nur bei Steuerbetrug, sondern auch bei Steuerhinterziehung vor. Die zweite Stufe umfasste die Möglichkeit, unter gewissen Umständen Gruppenanfragen an die Schweiz zu stellen.

Die neuste Entwicklung sieht die Einführung von Abgeltungssteuern vor. Vor allem im Bezug auf das Abkommen mit Deutschland, welches eine solche Abgeltungssteuer vorsieht und per 2013 in Kraft treten sollte.

Im nationalen Steuerrecht gilt die Unterscheidung vorerst unverändert weiter. Es gibt aber Bestrebungen, hier gleich lange Spiesse mit dem Ausland zu fordern und auch innerhalb der Schweiz die Unterscheidung aufzuheben und gegebenenfalls durch eine Abstufung nach Höhe der entgangenen Steuern zu schaffen.

Da momentan viel Bewegung bezüglich der internationalen Steuerabkommen herrscht, ist es nicht immer einfach, den Überblick zu behalten. Wir bleiben für Sie am Ball und beobachten weiterhin die Entwicklung auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene.

Artikel von: artax Fide Consult AG / Mitglied von Morison International / www.artax.ch

 

Oberstes Bild: Die in der Schweiz übliche Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug wird vom Ausland kritisiert (Bild: © beermedia – Fotolia.com)

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